MP3 ist nicht mehr lizenzpflichtig. Wie das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS (Fraunhofer IIS) und sein Lizenzpartner Technicolor mitgeteilt haben, ist das Lizenzprogramm jetzt endgültig ausgelaufen. Dem auf der Fraunhofer-Seite platzierten Hinweis zufolge endete das Programm schon am 23. April. Größere Aufmerksamkeit erfährt diese Tatsache jetzt, nachdem sie von Entwicklern bemerkt wurde, die zuvor jahrelang gezwungen waren, sich mit recht komplexen und verwirrenden Lizenzbedingungen und -strukturen herumzuschlagen.
Bereits 2016 kündigte sich das Auslaufen des Lizenzprogramms an. Im November bekam Fedora Workstation mit Version 25 bereits Unterstützung für das Decoding von MP3, das Encoding war aufgrund der problematischen Lizenzsituation damals noch nicht möglich. Die Situation wurde nicht nur durch die Vielzahl der relevanten Patente, sondern auch dadurch verkompliziert, dass die Patente in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Laufzeiten hatten. In der EU sind alle relevanten Patente schon 2012 ausgelaufen. Mit dem Ende des Patenschutzes in den USA kann MP3 jetzt tatsächlich frei genutzt werden.
Besonders Open-Source-Projekte wie Fedora litten unter der komplizierten Lizenzierung. Nicht nur, weil sie besonders transparent sind und im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit standen, sondern auch, weil eine etwaige Nutzung auch zu ihren eigenen Lizenzbedingungen passen musste – was nicht wirklich möglich war. Kleinere, privatwirtschaftliche Projekte konnten die Problematik erst einmal großzügig ignorieren und sich dann, wenn sich Patentinhaber meldeten entscheiden, ob sie aufgeben sollten oder ob das Geschäft lukrativ genug ist, um etwas abzugeben.
MP3 zählt zu den großen Erfolgsgeschichten deutscher Technologie im IT-Zeitalter. In einer Broschüre (PDF) erklärt das Fraunhofer-Institut, die Lizenzerträge aus den MP3-Patenten summierten sich „jährlich auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag“ und die „durch MP3 induzierten Steuereinnahmen summieren sich für Bund und Länder auf jährlich mindestens 300 Millionen Euro.“
2006 erhielt Karlheinz Brandenburg, einer der Väter von MP3, für seine Arbeit daran das Bundesverdienstkreuz. Er hatte bereits 2003 die Unterhaltungskonzerne aufgerufen sich die neue Technik lieber zunutze zu machen, anstatt sie zu bekämpfen. Anlass waren damals Drohungen der Musikindustrie gegen zahlreiche, neu aufgekommene Peer-to-Peer-Plattformen. Im Oktober 2000 wurde Brandenburg und seinen Kollegen Harald Popp und Bernhard Grill für die Entwicklung des MP3-Formats vom damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau der Deutsche Zukunftspreis verliehen.
Die Idee der Audiokompression wurde an der Universität Erlangen-Nürnberg entwickelt. Dort wurden auch erste grundlegende Arbeiten in diesem Bereich durchgeführt. In Zusammenarbeit mit dem ebenfalls in Erlangen ansässigen Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS wurde dann von einem großen Team ab 1987 das Verfahren entwickelt, das letztlich als MP3 zu Bekanntheit gelangte.
Vor knapp zehn Jahren, im November 2007, gründete die Fraunhofer-Gesellschaft eine Stiftung, über die die Erlöse durch MP3-Lizenzeinnahmen für den Aufbau neuer Patente und Know-how eingesetzt werden sollen. Sie wurde mit einer Einlage von „deutlich mehr als 100 Millionen Euro“ ausgestattet und soll pro Jahr circa 10 Millionen Euro für diverse Projekte bereitstellen.
Als Basis für MP3 diente das 1991 vorgestellte Audio-Codier-Verfahren ASPEC (Adaptive Spectral Perceptual Entropy Coding). Dieses entstand durch Verbesserungen am Vorgänger OCF und mit Hilfe von Beiträgen der Universität Hannover sowie der Forschungslabore von AT&T und Thomson. Kurz danach stellten Jürgen Herre, Martin Dietz, Harald Popp, Ernst Eberlein, Karlheinz Brandenburg und Heinz Gerhäuser Geräte vor, die für die zuverlässige Übertragung von Sprache und Musik mittels ASPEC via ISDN bei Rundfunksendern gedacht waren.
Bis dahin waren die Sender gezwungen, teure und fest geschaltete Standleitungen der Deutschen Post anzumieten, um Rundfunkprogramme zwischen Studios zu übertragen. Mit ASPEC wurde die Codierung von Sprache und Musik in hoher Qualität bei 64 KBit/s möglich, exakt der der Übertragungskapazität eines ISDN-Kanals. Als erster Kunde nutzte Radio FFN in Niedersachsen die Vorteile. Der Sender übertrug damit das jeweils 20-minütige Programm aus sechs Lokalstudios in das Zentralstudio. Mit der Umstellung konnte er die Betriebskosten um 90 Prozent senken und reduzierte die Rechnung für Übertragungsgebühren bei der Post um rund 500.000 DM pro Jahr.
Bis zum Weg in den Massenmarkt dauerte es für MP3 dann aber noch einige Jahre, einfach weil das Potenzial von der Industrie nicht erkannt wurde, nicht genutzt werden konnte oder die es nicht nutzen wollte, weil sie eigene Wege gehen wollte. So berichteten die Entwickler von einem Auftritt bei einer Technologiemesse in den USA, auf der sie ihren Audiocodec präsentierten, aber wegen der Exponate an den Nachbarständen – einem Schachcomputer und einem Bierkühler – vom Publikum weitgehend ignoriert wurden. Die meisten der damaligen Messebesucher werden heute weder einen Schachcomputer noch einen Bierkühler besitzen, aber sehr wohl MP3 nutzen.
Der Durchbruch kam dann mit einem vermeintlichen Rückschlag: Eigentlich wollte das Fraunhofer-Institut die von ihm entwickelte Kompressionssoftware per Download über das Internet verkaufen. Als ein Australier jedoch die Software mit einer gestohlenen Kreditkartennummer kaufte und sie dann kostenlos zum Download anbot, hatte sich das Thema erledigt. Dafür war die Software auf einmal allgegenwärtig.
So kam es, dass zum Weihnachtsgeschäft 1998 mit dem „Rio Diamond PMP300“ der weltweit erste für Verbraucher geeignete MP3-Spieler angeboten wurde. In Deutschland kam 2000 mit dem „Philips Rush!“ der erste tragbare MP3-Player auf den Markt. Er wog 50 Gramm, war 7 mal 7 Zentimeter groß und 1,7 Zentimeter dick. Mit der vorinstallierten Software RealJukebox von RealNetworks konnten Nutzer Musik erstellen, verwalten und abspielen. UNd das tun sie mit MP3 heute immer noch.
Ziel dieses Ratgebers ist es, SAP-Nutzern, die sich mit SAP S/4HANA auseinandersetzen, Denkanstöße zu liefern, wie sie Projektrisiken bei der Planung Ihres SAP S/4HANA-Projektes vermeiden können.
[Mit Material von Peter Marwan, silicon.de]
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