Das Oberverwaltungsgericht Münster hat die ab 1. Juli geltende Regelung zur Vorratsdatenspeicherung bestimmter Verkehrs- und Standortdaten von Nutzern von Internet- und Telefondiensten gekippt. Die im Dezember 2015 eingeführte Pflicht ist nach Ansicht der Richter nicht mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar. Einer Pressemitteilung zufolge ist der Beschluss „unanfechtbar“.
Ein erster Anlauf, europaweit eine Vorratsdatenspeicherung einzuführen, war im April 2014 am Veto des Europäischen Gerichtshofs gescheitert. Die damalige EU-Richtlinie ging den Richtern zu weit. Die Vorratsdatenspeicherung sei ein besonders schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und Schutz personenbezogener Daten. Deswegen müsse die Vorratsdatenspeicherung auf das absolut Notwendige beschränkt werden.
Knapp ein Jahr später dementierte Justizminister Heiko Maas Berichte, die Bundesregierung plane ein neues Gesetz zur Datenspeicherung. Einen deutschen Alleingang lehnte er zu dem Zeitpunkt ab. Stattdessen bemühe sich die Bundesregierung um eine „belastbare Aussage“ der EU-Kommission, ob sie eine neue Richtlinie zu dem Thema plane. Kurz darauf legte Maas trotzdem einen eigenen Entwurf vor, der schließlich in einer modifizierten Fassung von Bundestag und Bundesrat Ende 2015 verabschiedet wurde.
Bereits im Dezember 2016 untersagte der Europäische Gerichtshof die anlasslose Vorratsdatenspeicherung in der Europäischen Union. Er bestätigte erneut einen besonders schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte. Die Richter definierten aber auch Ausnahmen: Bei einer konkreten Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder für die Bekämpfung schwerer Straftaten dürften auch weiterhin Daten gesammelt und gespeichert werden.
Diese Entscheidung setzte das Oberverwaltungsgericht nun mit seinem gestrigen Beschluss um. Da die Speicherpflicht in Deutschland pauschal die Verkehrs- und Standortdaten nahezu aller Nutzer von Telefon- und Internetdiensten umfasse, sei sie nicht mit dem Urteil aus Luxemburg vereinbar. Die Maßgabe, dass Behörden nur zum Zweck der Verfolgung schwere Straftaten beziehungsweise zur Abwehr schwerwiegender Gefahren Zugang zu den gespeicherten Daten erhielten, sei nicht ausreichend, um das Verbot der anlasslosen Speicherung zu kompensieren.
„Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Aber jetzt ist es an der Zeit für eine Grundsatzentscheidung, um die Vorratsdatenspeicherung endgültig zu stoppen, andernfalls laufen die Unternehmen Gefahr, ein europarechts- und verfassungswidriges Gesetz umsetzen zu müssen und damit Gelder in Millionenhöhe in den Sand zu setzen“, kommentiert Oliver Süme, Vorstand für Politik und Recht beim Verband der Internetwirtschaft Eco. „Die Vorratsdatenspeicherung ist eine netzpolitische Fehlentscheidung, vor der wir in der Vergangenheit immer wieder gewarnt haben und die vermeidbar gewesen wäre, wenn sich die Bundesregierung sorgfältiger mit den Einwänden der Wirtschaft auseinandergesetzt hätte“.
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