Categories: Regulierung

Bundeskartellamt prüft Missbrauchsverfahren gegen Facebook

Das Bundeskartellamt beschäftigt sich offenbar intensiv mit den AGB von Facebook und untersucht, ob das US-Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung zum Nachteil der Verbraucher missbraucht. Gegenüber RBB Inforadio sagte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: “Wir prüfen, ob Facebook eine marktbeherrschende Stellung hat und sie missbraucht – zum Beispiel indem gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen wird und Daten verwendet werden, die nicht verwertet werden dürften.” Falls die Behörde feststellt, dass Facebook marktbeherrschend ist, sollen dem Internetkonzern im Interesse der Verbraucher “bestimmte Dinge” untersagt werden.

In seinem Bericht zu dem Sachverhalt zitiert Bloomberg den Hamburger Rechtsanwalt Frederik Wiemer von der Kanzlei Heuking Kuehn Lueer Wojtek. Ihm zufolge nötigt Facebook Nutzern Daten ab. “Wer der Nutzung seiner Daten nicht zustimmt, wird aus der Gemeinschaft des Sozialen Netzwerkes ausgesperrt. Die Angst vor sozialer Isolation wird ausgenutzt, um Zugriff auf das gesamte Surfverhalten der Nutzer zu bekommen.”

Alec Burnside, Anwalt bei der Kanzlei Dechert in Brüssel erklärt gegenüber Bloomberg, die nun offenbar anlaufende Untersuchung gegen Facebook sei “radikaler” als die soeben abgeschlossene gegen Google, weil sie erstmals davon ausgehe, dass Sorgen um die Privatsphäre auch wettbewerbsrechtlich relevant sein können und Verbrauchern in der Wirtschaft eine vielschichtiger Rolle zufällt als nur zahlende Nutzer eines Dienstes zu sein.

Laut Kartellamtspräsident Mundt sollen erste Ergebnisse noch diese Jahr vorgelegt werden. Ebenso wie das Verfahren wegen Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung bei der Websuche behandle auch die Untersuchung gegen Facebook zentrale Fragen rund um die Sicherung gesunden Wettbewerbs in der digitalen Welt der Zukunft.

Facebooks langes Sündenregister

Facebook wollte gegenüber Bloomberg keine Stellungnahme abgeben. Das Unternehmen betonte, es agiere im Rahmen der geltenden Gesetze und arbeite mit den zuständigen Regulierungsbehörden zusammen.

Die können diese Aussage so wahrscheinlich nicht vorbehaltlos bestätigen. So hatte Facebook zum Beispiel die Zustimmung der EU zur Übernahme von WhatsApp auch deshalb erhalten, weil es zugesagt hatte, die Nutzerdaten nicht zusammenzuführen. An diese Zusage hat sich das Unternehmen nicht gehalten. Für den Schwindel kam es mit der vergleichsweise geringen Strafe von 110 Millionen Euro davon.

Außerdem rufen der verantwortungslose Umgang mit den von den Nutzern erstellten Inhalten, schwammig und daher nicht gesetzeskonform formulierte AGB, die allzu großzügige Auslegung von Datenschutzrichtlinien oder die heimliche Erfassung zusätzlicher Daten der Nutzer regelmäßig Behörden und Verbraucherschützer auf den Plan. Facebooks Strategie, in Details und Einzelfällen nachzugeben, grundsätzlich aber nichts zu ändern und je nach eigenem Vorteil mit den Zuständigkeiten und rechtlichen Verantwortlichkeiten der einzelnen Standorte zu jonglieren, dürften Regulierungsbehörden ebenfalls nicht als gedeihliche Zusammenarbeit empfinden.

Erst vergangene Woche meldete Facebook zwei Milliarden monatlich aktive Nutzer. Facebook hat damit die Zahl seiner Nutzer in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt. Im Oktober 2012 waren es rund Milliarde. Laut Facebook-CEO Mark Zuckerberg nutzen mehr als eine Milliarde Mitglieder des Social Network die Gruppen-Funktion mindesten einmal im Monat. Und im Durchschnitt markieren pro Tag 800 Millionen Nutzer einen Beitrag mit “Gefällt mir”.

Facebooks Vorsprung vor der Konkurrenz ist deutlich, zumal es mit WhatsApp und Facebook Messenger über zwei weitere Dienste mit jeweils mehr als einer Milliarde Nutzern verfügt. Das auch anmeldefrei nutzbare YouTube kommt auf 1,5 Milliarden Nutzer. Twitter hatte im April eigenen Angaben zufolge 328 Millionen monatlich aktive Nutzer.

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Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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