Transistoren in Prozessoren sind vergleichbar mit dem Hubraum eines Verbrennungsmotors: Je mehr man davon hat, umso besser. Apples neueste iPhone-CPU A11 Bionic liefert dafür ein gutes Beispiel. Der Chip im neuen iPhone 8 überragt mit 4,3 Milliarden Transistoren alle anderen Smartphone-CPUs erheblich. Gegenüber dem Vorgänger A10 Fusion legt er um 1 Milliarde elektronischer „Gehirnwindungen“ zu. Und den neben dem Exynos 8895, von dem leider keine Daten bezüglich der Transistoranzahl bekannt sind, leistungsfähigsten Smartphone-Prozessor Snapdragon 835 überragt er sogar um 1,3 Milliarden Transistoren.
Beeindruckend sieht auch der Vergleich zum AMD-Desktop-Prozessor Ryzen 7 aus, der über 4,8 Milliarden Transistoren verfügt und damit gegenüber dem A11 Bionic „nur“ ein Plus von 500 Millionen aufweisen kann. Mit so viel „Hirnschmalz“ sollte der neue Apple-Prozessor der Konkurrenz weit voraus sein. Und so ist es auch. Zumindest wenn man sich die Geekbench-Resultate betrachtet. Allerdings ist der Benchmark als Vergleichsmaßstab zwischen der x86- und der ARM-Plattform weniger gut geeignet. Aber für die Unterscheidung der bisherigen Apple-Prozessoren und der ARM-CPU kann man ihn gut verwenden.
Nach Angaben von Apples Marketingchef Phil Schiller bietet der A11 Bionic zwei Performance-Kerne, die 25 Prozent schneller arbeiten als die Pendants im A10. Die vier niedriger getakteten Kerne sollen 70 Prozent mehr Performance bieten als die Vorgängermodelle im A10. Der Leistungsgewinn ist auch auf die Verdoppelung der Anzahl der Effizienzeinheiten gegenüber dem Vorgänger von zwei auf vier zurückzuführen. Den internen Scheduler, der für eine optimale Auslastung der Recheneinheiten sorgt, bietet laut Schiller eine Leistungssteigerung um 70 Prozent. Das soll sich vor allem bei Multithreaded-Workloads positiv auswirken.
Erstmals hat Apple in einem iPhone-Prozessor eine selbst entwickelte GPU integriert. Sie soll nicht nur 30 Prozent schneller arbeiten als das noch auf Basis von Imagination Technologies entwickelte Vorgängermodell im A10, sondern auch nur halb so viel Energie benötigen.
Die Verbesserungen zeigen sich natürlich auch in den Geekebench-Ergebnislisten, die sich seit der Vorstellung der neuen iPhone-8-Modell täglich mit neuen Messungen füllen. Geekbench ermittelt die Rechenleistung von CPU, FPU und GPU. Das Gesamtergebnis unterscheidet nach der Anzahl der genutzten Kerne. Geekbench Single-Core verwendet zur Ermittlung der Rechenleistung von CPU und FPU nur einen Kern, während bei Geekbench Multi-Core sämtliche Recheneinheiten genutzt werden. Der Compute-Benchmark, der die Rechenleistung der GPU ermittelt, verwendet grundsätzlich sämtliche GPU-Einheiten zur Leistungsbestimmung.
Im Geekbench-Gesamtergebnis Single und Multi Core liefert der neue A11 Bionic im iPhone 8 sogar noch eine bessere Performance als die im Sommer vorgestellte A10X-CPU im iPad Pro (2017). Beeindruckend ist auch der Abstand zur Android-Konkurrenz. Gegenüber dem Galaxy S8 arbeitet das iPhone 8 sowohl im Single-Core-Bereich als auch bei Nutzung mehrerer Kerne deutlich schneller. Wird nur ein CPU-Kern belastet arbeitet die Apple-CPU mehr als doppelt so schnell wie der Samsung-Prozessor. Bei Multithreded-Anwendungen beträgt der Leistungsvorsprung etwa 50 Prozent.
Auch bei den Einzeltests geht der A11 Bionic größtenteils als Sieger vom Platz. Bei den Speichertests und den Kryptographie-Benchmarks muss er sich allerdings dem A10X geschlagen geben.
Die Compute-Tests des Geekbench zeigen, dass der A11 Bionic auch Optimierungspotential bietet. Er übertrifft zwar knapp die Leistung des A9X im iPad Pro von 2015, aber gegenüber dem A10X im aktuellen iPad Pro hat er keine Chance. Manchmal muss er sich sogar dem Exynos 8895 beugen.
Eines muss man Apple lassen. Die Firma stellt nicht nur die teuersten Smartphones her, sondern stattet diese mit den schnellsten Prozessoren aus. Die Frage ist nur: Was macht man mit so viel Leistung. Für WhatsApp & Co. ist die Performance sicher unnötig. Womöglich geben die während der Präsentation gezeigten AR-Demos einen Hinweis darauf, wohin die Reise hingeht. Auch die Gesichtserkennung im iPhone X dürfte einige Anforderungen an den Prozessor stellen. Und sicher profitiert auch die Kamera von der gestiegenen Leistungsfähigkeit. Erste Tests sehen sie auf Platz 1 der Bestenliste. Mit soviel Leistung unter der Haube, wäre das iPhone auch als Basis für einen Desktop-Arbeitsplatz prädestiniert, wie das Samsung mit dem Galaxy S8 und der Dockingstation DeX realisiert hat. Doch von solchen Plänen hat man von Apple bislang noch nichts gehört. Auch nicht davon, dass eine iPhone-CPU für ein Macbook verwendet wird.
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