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DataCore macht MS-SQL-Datenbanken Beine – ohne neue Server

Servervirtualisierung startete mit dem Versprechen, die notorisch zu geringe Serverauslastung endlich signifikant anzuheben. Das hat nicht wirklich funktioniert – die Auslastungsraten von Systemen liegen immer noch weit unter dem Möglichen, nämlich 90 bis 100 Prozent. Eine wichtige Ursache dafür ist, dass der Zugriff auf den Arbeitsspeicher noch immer ein Engpass ist: Bei Multicore-Prozessoren müssen Threads häufig warten, weil die Ein-/Ausgabe gerade durch einen anderen Core belegt ist. Die Folge: Rechenkapazitäten liegen brach.

Nun bringt der Virtualisierungsspezialist DataCore eine Software, um diesen Engpass endlich zu entschärfen und damit Auslastung und Leistung signifikant anzuheben. DataCore verfügte aus historischen Gründen über bisher brachliegenden Parallelisierungscode: Der kürzlich verstorbene Mitgründer Ziya Aral, Erfinder der Parallelverarbeitung mittels NUMA (Non-Uniform Memory Access) für den parallelen Zugriff mehrerer Prozessoren auf dieselben Speicherressourcen hatte ihn eingebracht. Der NUMA-Code, etwas modifiziert, ist nun die Basis von Max Parallel. „Wir haben dieses Wissen seit unserer Gründung 1998, aber erst jetzt gibt es die Multicore-Systeme, die ihn optimal nutzen können“, sagt Christian Marczinke, Vice President Solution Architecture and Product Integration weltweit bei DataCore.

Geplant ist vorerst, Datenbank-Beschleunigungslösungen für alle wichtigen Datenbanken anzubieten. Den Anfang macht Max Parallel for MS-SQL wegen der engen Verbindungen zwischen Microsoft und DataCore. Folgen sollen schon bald weitere Versionen, etwa für Postgre, Oracle oder MySQL. Bereits Anfang nächsten Jahres kommt eine Lösung für Linux als Betriebssystem auf den Markt. Für welche Linux-Distribution will Marczinke nicht verraten – gut möglich ist aber, dass es Debian sein wird, weil dieses häufig mit MySQL kombiniert wird.

„MaxParallel ist auch vorintegriert in Server denkbar“, sagt Stefan von Dreusche, Sales Director EMEA Central Europe Region, bei DataCore (Bild: DataCore)

Das Produkt, das seine Geschwindigkeit unter anderem daraus zieht, dass es „Kontextwechsel beseitigt“ (Marczinke) schiebt sich zwischen CPU und die Speicherallokation. Deshalb müssen weder Hard- noch Software modifiziert werden. Die Software, die einfach auf den Rechner geladen wird, analysiert, welche Speichermedien die Datenbank (in diesem Fall MS-SQL) nutzt und listet sie auf. Anwender können dann entscheiden, ob sie auf allen Medien oder nur ausgewählten mit Max Parallel arbeiten wollen. Anschließend muss man MS-SQL einmal aus- und wieder einschalten und stellt sofort eine signifikante Erhöhung der Verarbeitungsleistung fest. Ab der nächsten Produktversion ist auch dieses Ein- und Ausschalten der Datenbank überflüssig, Max Parallel kann während des laufenden Betriebs zu- und abgeschaltet werden.

Wie viel schneller eine Datenbank arbeitet, hängt damit zusammen, wie viele Systemressourcen vorhanden sind. Denn die Software greift für die Beschleunigung auf alle freigegebenen und gerade nicht ausgelasteten Processing- und Arbeitsspeicher-Ressourcen zu, was die Auslastung tatsächlich in 90-Prozent-Regionen hebt. Sie verlangt aber nicht, dass für sie selbst bestimmte Ressourcen, etwa Speicherbereiche, reserviert werden. Die Folge: Je mehr Arbeitsspeicher und Kerne, desto höher fällt der Leistungssprung wegen Überwindung des Ein-/Ausgabebottlenecks aus. DataCore spricht von Zugewinnen zwischen 30 und mehreren hundert Prozent und belegte das überzeugend durch eine Produktdemonstration vor Journalisten.

Der engen Kooperation mit Microsoft ist es zu verdanken, dass das Tool bereits auf Azure als Dienst kostenpflichtig oder als Testapplikation umsonst verfügbar ist. Mit AWS arbeite man zwar ebenfalls zusammen, doch müsse man hier, bis eine Implementierung auf AWS möglich wird, auf die Linux-Variante warten. Denn AWS nutzt ebenfalls ein Linux-Derivat. Eine On-Premise-Version ist ebenfalls erhältlich. Die Kosten: 15 Prozent einer MS-SQL-Lizenz. Die MS-SQL-Lizenz kann der Kunde mitbringen. Der Support der Lösung kostet ab dem zweiten Jahr 15 Prozent des Max-Parallel-Listenpreises, im ersten Jahr ist beides inklusive.

Zielgruppe sind derzeit vor allem kleine und mittlere MS-SQL-Anwender, für die der Einkauf neuer Hardware eine große Investition bedeutet. „Sie können mit Max Parallel ihre Server noch eine Weile nutzen“, sagt Marczinke. Deshalb soll das Produkt auch aktuell über den gesamten Microsoft-Channel vertrieben werden. Außerdem wird DataCore mit unabhängigen Softwareanbietern zusammenzuarbeiten, die Max Parallel dann direkt in ihre Produkte integrieren können. Auch bei den bisherigen DataCore-Partnern wird Max Parallel erhältlich sein. „Das sind allerdings meistens Storage-Spezialisten, während sich dieses Produkt eher an den Servermarkt wendet.“

Revolution des Servermarktes?

DataCore verbindet mit der Lösung große Hoffnungen. „Die Software hat das Potential, den gesamten Servermarkt zu revolutionieren“, sagt Stefan von Dreusche, Sales Dircetor EMEA für Zentraleuropa. Denn schließlich stehe jeder Datenbanknutzer angesichts der immensen Datenmassen, die durch neue Technologien wie IoT entstehen, vor der Aufgabe, seine Systeme an die Anforderungen anzupassen. Schritt für Schritt sollen deshalb Versionen für alle marktüblichen Datenbanken entstehen.

Vor dem eigentlichen Produktrelease kooperierte DataCore bereits mit einigen Testkunden. Einer davon ist der Online-Reifenhändler Tyreworld der Burkhard Fuhrmann GmbH. Das Geschäftsmodell besteht darin, Kunden die Wahl zwischen möglichst viele Reifentypen und Reifen-Distributoren zu bieten, um das wirklich beste Angebot herauszufiltern. Bisher fragte das Bestandsmanagement dazu alle 15 Minuten die kooperierenden 20 Distributoren auf verfügbare Produkte und Preise ab und erstellte daraus eine aktuelle Preisliste. Der Durchlauf dieses Vorgangs dauerte fünf Minuten. Mit Max Parallel benötigt dieselbe Aufgabe nur noch 17 Sekunden, so dass es nun alle fünf Minuten eine aktualisierte Preisliste gibt. Dadurch konnte das Produktportfolio um 20 Prozent vergrößert werden.

Im Übrigen sind Datenbanken nicht das einzige Anwendungsfeld, sondern Max Parallel eignet sich eigentlich als Beschleuniger für jede Software, so lange sie auf Intel oder Atom läuft. Beispielsweise, so Marczinke, ließe sich MaxParallel auch benutzen, um die Hypervisoren virtualisierter Systeme selbst zu beschleunigen. Die Integration in Server, beispielsweise des engen Kooperationspartners Lenovo, sei durchaus eine Überlegung, meint von Dreusche. Und IDC schrieb in einer Produktbewertung: „IDC glaubt, dass DataCore MaxParallel eine große Zukunft hat.“

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Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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