Jeder zweite deutsche Internetnutzer (49 Prozent) ist in den vergangenen zwölf Monaten Opfer von Cybercrime geworden. Mit Abstand häufigstes Delikt ist dabei die Infizierung des Computers mit Schadprogrammen wie Viren. 43 Prozent der Internetnutzer wurden Opfer eines solchen Angriffs. Rund jeder Fünfte gibt an, dass Zugangsdaten zu Online-Diensten wie Sozialen Netzwerken oder Online-Shops gestohlen (19 Prozent) oder persönliche Daten illegal genutzt (18 Prozent) wurden. 16 Prozent sind beim Online-Shopping oder Online-Banking betrogen worden. 8 Prozent berichten von massiven Beleidigungen, 5 Prozent von sexueller Belästigung im Netz. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 1017 Internetnutzern ab 14 Jahren, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat.
Die Fragestellungen lauteten: „Welche der folgenden Erfahrungen mit kriminellen Vorfällen haben Sie persönlich in den vergangenen 12 Monaten im Internet gemacht?“, „Ist Ihnen infolge der kriminellen Vorfälle im Internet ein finanzieller Schaden entstanden?“, „Können Sie sich vorstellen, eine Versicherung abzuschließen, um sich bei kriminellen Vorfällen im Internet abzusichern?“, „Wie haben Sie auf die von Ihnen in den vergangenen 12 Monaten erlebten kriminellen Vorgänge im Internet reagiert?“, „Zu welchem Ergebnis hat Ihre Anzeige geführt?“, „Wie würden Sie Ihre Erfahrungen am ehesten beschreiben, als Sie die Anzeige gemacht haben?“ und „Warum haben Sie die von ihnen in den vergangenen 12 Monaten erlebten kriminellen Vorgänge im Internet nicht zur Anzeige gebracht?“.
„Die zunehmende Vernetzung und die verbreitete Nutzung digitaler Technologien lockt auch Kriminelle an. Internetnutzer sollten sich mit technischen Hilfsmitteln wie aktuellen Virenscannern und Firewalls schützen, zugleich muss aber auch das Wissen der Nutzer über mögliche Angriffe im Netz und Schutzmöglichkeiten verbessert werden“, sagt Bitkom-Präsidiumsmitglied Winfried Holz zum Auftakt der IT-Sicherheitsmesse it-sa in Nürnberg.
In 54 Prozent der Fälle ist ein finanzieller Schaden entstanden. So gibt jedes vierte Opfer an, dass wegen des Angriffs ein IT-Experte hinzugezogen wurde, etwa bei einem Reparaturdienst (28 Prozent), oder dass Hard- oder Software gekauft wurde (23 Prozent). 16 Prozent erlitten einen finanziellen Schaden, weil sie Waren bezahlt haben, die nicht angekommen sind, oder weil sie für privat online verkaufte Waren kein Geld erhalten haben. 8 Prozent haben einen Rechtsanwalt eingeschaltet, 4 Prozent haben fremde finanzielle Transaktionen auf ihrem Konto oder mit ihrer Kreditkarte festgestellt. Die Bereitschaft, eine Versicherung gegen finanzielle Schäden durch Cybercrime abzuschließen, ist allerdings gering. Nur 6 Prozent sagen, dass sie auf jeden Fall eine solche Police abschließen werden oder bereits einen entsprechenden Schutz besitzen. Weitere 13 Prozent können sich vorstellen, künftig eine solche Versicherung abzuschließen. Jeder Zweite (52 Prozent) will aber auf keinen Fall einen solchen Schutz vereinbaren, jeder Vierte (24 Prozent) kann sich das eher nicht vorstellen.
Die große Mehrheit der Cybercrime-Opfer reagiert der Umfrage zufolge nicht weiter auf die Vorfälle. Zwei Drittel (65 Prozent) der Betroffenen geben an, dass sie nichts unternommen haben. 18 Prozent haben Anzeige bei Polizei oder Staatsanwaltschaft erstattet, 16 Prozent haben sich an einen Plattform-Betreiber wie etwa das Soziale Netzwerk oder die Online-Verkaufsplattform gewandt, 11 Prozent haben Beratungsstellen wie die Verbraucherzentralen eingeschaltet und 5 Prozent haben eine öffentliche Stelle informiert, wie zum Beispiel das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). „Wer Opfer von Cybercrime wird und wem dadurch sogar noch ein finanzieller Schaden entsteht, der sollte die Behörden informieren“, sagt Holz.
Hauptgrund dafür, sich nicht an Polizei oder Staatsanwaltschaft zu wenden, ist die geringe Hoffnung auf Hilfe. Rund jedes zweite Cybercrime-Opfer (45 Prozent), das keine Anzeige erstattet hat, glaubt, dass die Täter ohnehin nicht gefasst werden, jedem Dritten (34 Prozent) ist zudem der Aufwand zu hoch. 13 Prozent sagen, dass Polizei und Staatsanwaltschaft Cybercrime nicht ernst nehmen, 12 Prozent waren sich nicht sicher, ob ihr Fall überhaupt von den Behörden verfolgt würde, und 8 Prozent glauben, dass sich die Ermittler mit dem Thema schlicht nicht auskennen. 5 Prozent geben an, gar nicht zu wissen, an wen sie sich für eine Anzeige wenden können. 2 Prozent war es unangenehm, den Vorfall mit einem Ermittler zu besprechen – und 12 Prozent hatten Sorge, dass ihr eigener Computer für den Zweck der Ermittlungen durchsucht oder beschlagnahmt werden könnte und haben deshalb auf eine Anzeige verzichtet.
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Wer sich an Polizei oder Staatsanwaltschaft wendet, macht zunächst positive Erfahrungen. Jeder Zweite (50 Prozent) gibt an, die Beamten hätten sehr kompetent gewirkt, was den Umgang mit Cybercrime angeht. Fast jeder Vierte (23 Prozent) sagt aber, dass die Beamten nicht den Eindruck gemacht hätten, die Vorgänge verstanden zu haben. Und ebenfalls jeder Vierte (25 Prozent) berichtet, die Beamten hätten versucht, ihn vom Erstatten der Anzeige abzuhalten. Auch die Erfolgsaussichten der Anzeige scheinen durchwachsen. In 31 Prozent der Fälle geben die Cybercrime-Opfer an, dass die Ermittlungen noch laufen. 37 Prozent der Ermittlungen wurden mangels Beweisen eingestellt, 24 Prozent ohne Ergebnis, weil kein Täter ermittelt werden konnte. Nur 7 Prozent der Anzeigen führten dazu, dass ein Täter identifiziert wurde. „Verbrechen in der digitalen Welt sind kein Kavaliersdelikt. Bei allen Landeskriminalämtern gibt es inzwischen eine Zentrale Ansprechstelle Cybercrime, an die sich betroffene Bürger und Unternehmen wenden können“, so Holz. „Die staatlichen Stellen müssen jetzt technologisch und personell besser ausgestattet werden, damit sie solche Vorfälle ebenso verfolgen können wie Verbrechen in der analogen Welt.“
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