Apple hat offenbar aktiv nach Steuerschlupflöchern innerhalb der Europäischen Union gesucht. Das geht aus den sogenannten Paradise Papers hervor, die unter anderem der Süddeutschen Zeitung vorliegen. Demnach verlagerte Apple bereits 2014 zwei Tochterfirmen von Irland auf die Kanalinsel Jersey. In Irland soll der iPhone-Hersteller zudem eine neue europäische Niederlassung gegründet haben.
In den USA muss Apple 35 Prozent auf seine Gewinne an den dortigen Fiskus abführen. Aus den Unterlagen soll auch hervorgehen, dass Apple inzwischen in Steueroasen außerhalb der USA Gewinne in Höhe von 128 Milliarden Dollar geparkt hat, um sie nicht in seinem Heimatland versteuern zu müssen.
Die Süddeutsche Zeitung zitiert zudem aus einer E-Mail von Apple, die offenbar an die auf den Bermudas ansässige Anwaltskanzlei Appleby gerichtet war, aus deren Fundus wiederum die Paradise Papers stammen sollen. Apple soll demnach gezielt nach Standorten gesucht haben, in denen es Geschäfte abwickeln kann, „ohne besteuert zu werden“. Für die Steuerbefreiung forderte es zudem eine amtliche Bestätigung. Weitere Kriterien für die Standortwahl waren anscheinend Regelungen für die Offenlegung von Geschäftsberichten und die Stärke einer Opposition, die eine Änderung der Steuergesetze herbeiführen könnte. Die Süddeutsche Zeitung folgert daraus, dass Apple ein Land ohne „Transparenz, Steuern und nervige Opposition“ für seine Firmensitze suchte.
Tatsächlich stellte die EU-Kommission 2016 fest, dass Irland Apple unrechtmäßige Steuervorteile gewährt hat, die Brüssel als unerlaubte Subvention wertet. Der Aufforderung, 13 Milliarden Dollar von Apple nachzufordern, ist das Land bisher allerdings nicht nachgekommen. Seit Anfang Oktober beschäftigt sich der Gerichtshof der Europäischen Union mit dem Fall.
Apple weist in einer aktuellen und detaillierten Stellungnahme indes alle Vorwürfe zurück. Jedes Unternehmen habe die Verantwortung, seine Steuern zu zahlen und Apple zahle in jedem Land der Welt „jeden Dollar, den es schuldet“. Die 2015 durchgeführten Änderungen der Firmenstruktur hätten zudem nicht das Ziel gehabt, die Steuerlast außerhalb der USA zu reduzieren. Auf im Ausland erwirtschaftete Gewinne zahle man effektiv 21 Prozent Steuern in den USA. Zudem sei man der größte Zahler von Unternehmenssteuern weltweit.
Tatsächlich sind Steuermodelle wie „Double Irish“ grundsätzlich vollkommen legal. Auch andere Unternehmen unterhalten Niederlassungen in verschiedenen Ländern, mit dem Ziel, insgesamt möglichst wenig Steuern zu bezahlen. Einzelne EU-Staaten wie Irland, Luxemburg und die Niederlande begünstigen dies, indem sie Firmen besonders niedrige Unternehmenssteuersätze bieten. Weit verbreitet ist auch der Trick, dass ein lokales Tochterunternehmen geistiges Eigentum von einem anderen Tochterunternehmen im Ausland lizenziert. Die dabei entstehenden Kosten fressen die lokal erwirtschafteten Gewinne auf und erlauben dadurch deren Versteuerung in einem Drittland – das eine Steueroase wie die Bermudas oder Jersey sein kann.
Bemühungen, Steuerschlupflöcher zu schließen, haben bisher wenig Erfolg gezeigt. Selbst innerhalb der EU ist dies in absehbarer Zeit eher unwahrscheinlich, da Beschlüsse zu Steuerfragen stets einstimmig gefasst werden müssen. Es müssten also auch die EU-Steueroasen für deren Abschaffung stimmen.
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[mit Material von Chris Duckett, ZDNet.com]
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