Generalanwalt Michal Bobek vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat sich dafür ausgesprochen, die Klage des Datenschutzaktivisten Max Schrems gegen Facebook in Österreich zuzulassen. Gleichzeitig argumentierte er in seinem Schlussantrag (PDF) gegen eine Sammelklage, mit der Schrems die Ansprüche von mehr als 25.000 Verbrauchern gegen Facebook vertreten wollte.
Der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) hatte die Facebook-Datenschutzklage des Wiener Juristen Schrems dem EuGH vorgelegt und das Verfahren zwischenzeitlich ruhen lassen. Das Luxemburger Gerichts sollte insbesondere klären, ob Schrems tatsächlich mit einer Sammelklage die Verbraucher vertreten kann, die ihre Ansprüche an Schrems für eine „Sammelklage österreichischer Prägung“ übertragen hatten. Mit seiner Klage wegen Datenschutzverstößen wollte dieser eine Entschädigung von 500 Euro pro Nutzer erstreiten. Ihre Ansprüche sollten in einem einzigen Verfahren in Wien vorgebracht werden statt in 25.000 einzelnen Klagen mit einem insgesamt viel höheren Aufwand für die Gerichte ebenso wie die Streitparteien.
Max Schrems war international bekannt geworden, weil er durch eine Klage gegen Facebook wegen dessen Datenschutzbestimmungen letztlich das Safe-Harbor-Abkommen zwischen EU und USA kippte. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs erklärte dieses Abkommen 2015 für nichtig, weil die USA „keinen angemessenen Schutz übermittelter Daten“ von EU-Bürgern gewährleisteten. In der Folge reichte Schrems weitere Datenschutzbeschwerden gegen Facebook ein. Er wollte damit erreichen, dass die zuständigen Behörden in Irland, Belgien und Hamburg die Übertragung von Daten europäischer Nutzer in die USA untersagen.
Mit der an seinem Wohnsitz in Wien gereichten Klage warf Max Schrems dem Internetkonzern als privater Nutzer von Facebook eine Reihe von Verstößen gegen das europäische Datenschutzrecht vor, von ungültigen Datenschutzbestimmungen bis hin zur Datenweitergabe an US-Geheimdienste. Facebook argumentierte dagegen, Schrems sei kein Verbraucher, sondern ein „Unternehmer“, da er „im Zusammenhang mit der Durchsetzung seiner Ansprüche Bücher publiziert, teilweise auch entlohnte Vorträge hält, Webseiten betreibt und Spenden zur Durchsetzung seiner Ansprüche sammelt“. Daher sei der Status des Klägers als Verbraucher abzuweisen.
Hintergrund ist, dass sich die Europa-Zentrale von Facebook in Irland befindet. Als Unternehmer hätte Max Schrems eine Klage dort einreichen müssen statt an seinem Gerichtsstand als Verbraucher in Österreich. In Irland aber könnten sich die Kosten eines Datenschutzverfahrens auf mehrere Millionen Euro summieren und damit eine Klage praktisch unmöglich machen.
Weder das österreichische Gericht noch der EuGH-Generalanwalt folgten jedoch der Argumentation Facebooks. Max Schrems ist daher „froh, dass der Generalanwalt hier ein wichtiges Zeichen für alle Menschen setzt, die sich in ihrer Freizeit gesellschaftlich engagieren“. Von Facebook erwartet er eine öffentliche Richtigstellung nach einer jahrelangen „Schmutzkübelkampagne“, die gegen ihn gefahren wurde. „Nach der Ansicht des Generalanwalts kann ich nun jedenfalls eine Musterklage für meinen Einzelfall in Wien führen, was viele rechtswidrigen Vorgehensweisen von Facebook aufdecken und abstellen könnte.“
Hinsichtlich der angestrebten Sammelklage befand Generalanwalt Bobek aber, eine österreichische Sammelklage sei nicht gegen Unternehmen in einem anderen EU-Mitgliedsstaat möglich. Laut Schrems stellte er sich damit auch gegen die Ansicht der Europäischen Kommission, die die Möglichkeit einer Sammelklage befürwortet und das europäische Recht anders versteht. „Sollte der Gerichtshof der Ansicht des Generalanwalts folgen, würde dem Europäischen Binnenmarkt schwerer Schaden zugefügt“, kommentiert sein Anwalt Professor Herwig Hofmann. „Verbraucher würden dann aktiv davon abgehalten, im Internet Anbieter aus dem EU-Ausland zu wählen. Ihre Rechte wären in der Realität nicht mehr durchsetzbar – ein unhaltbares Ergebnis, dass uns in die Situation der 50ziger Jahre zurück werfen würde.“
Die Einschätzung des Generalanwalts ist nicht bindend für den Europäischen Gerichtshof. In der Praxis jedoch folgen die Richter in den meisten Fällen seiner Empfehlung. Nach ihrer voraussichtlichen Entscheidung Anfang 2018 steht die Weiterführung des Verfahrens beim Obersten Gerichtshof in Österreich an.
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