Eines haben AMD und HPE mit Sicherheit gemeinsam: Sie haben Jahre des Umbaus hinter sich und hoffen nun auf eine glattere Wegstrecke. Dass diese durchaus wieder punktuell gemeinsam verlaufen kann, beweist der Gen10-Prolian DL385. Als erster ProLiant-Server seit Jahren basiert dieses 2-Sockel-Modell auf dem neuen AMD-Prozessor Epyc. In den SPEC-Benchmarklisten belegt die Maschine den ersten Platz.
„Das Gerät eignet sich wegen seiner vielen Prozessorkerne und seiner hohen Speicher-Bandbreite besonders gut für Virtualisierungsanwendungen“, sagte Scott Aylor, Corprate Vice President und General Manager AMD Enterprise Solutions. Man habe neben den von HPE selbst initiierten Sicherheitsmechanismen weitere eigene hinzugefügt, beispielsweise eine sichere, hardwarebasierende Verschlüsselung der Systemdaten. Im Übrigen habe es zwar vier Jahre gedauert, bis AMD nach der Absage der geplanten Roadmap wieder Tritt gefasst habe. „Jetzt werden wir aber Produkte im Intel-Rhythmus auf den Markt bringen. Naples beziehungsweise Epyc waren erst der Anfang. Die Nachfolger Rome und Milan befinden sich wie geplant in der Entwicklung“, betonte Aylor.
HPE hat mit Silicon Root of Trust eine digitale Vertrauenskette, die auf Hardware basiert, prozessorunabhängig in alle Gen10-Modelle eingebaut. Dabei hält ein von HPE selbst gebauter iLO (Integrated Light out)-Chip eine Hash-Wert des Bios, so dass die Integrität des Prozessorkerns geprüft werden kann. Wurden das Bios oder HPEs Firmware durch Angriffe kompromittiert, was falsche Hash-Werte zeigen, holt der Chip aus einem weiteren Chip, auf den nur HPEs Baustein zugreifen kann, sofort dort sicher aufbewahrte korrekte Versionen der wichtigsten Systemroutinen und installiert sie, so dass das Gerät normal startet und derartige Betrugsversuche keine Chance haben.
Gen10-Server haben schon heute eine sehr hohe Speicherdichte und können zudem mit sehr schnellen nichtflüchtigen Speicherbausteinen (NVDIMM, Non-Volatile DIMM) mit 16 GByte Kapazität ausgerüstet werden. Die Speicherdichte wird sich bald weiter erhöhen: Schon im nächsten Jahr ist geplant, auch die nichtflüchtige Speichertechnolgie 3DXPoint von Intel und Micron für die Gen10-Server zur Verfügung zu stellen.
Die Intel-Skylake-Palette unter den Gen10-Servern ist breiter. Unter anderem gibt es bereits Cloudline-Systeme (CL4150, 2100 und 2200). und mehrere Server für die Speicher-zentrierte Apollo-Serie, dazu normale ProLiants. Die Migration von Synergy und Simplivity auf die neue Plattform wird wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen. Von letzteren beiden hieß es seitens des Managemets im Übrigen, sie würden mit der Zeit zu einer Plattform verschmelzen.
Die möglicherweise wichtigste Hardware-News war ein neuer Superdome, der Superdome Flex. Das Gerät fasst bis zu acht gleichartige Module mit jeweils vier Prozessoren, das je nach Modulzahl zwischen 4 und 32 Prozessoren und 1 bis 48 TByte Speicher vertikal skaliert.
Die einzelnen Module sind mit einer vom Aufkauf SGI stammenden 100-GBit/s-Vernetzungstechnologie und einem redundantenen ASIC, den HPE selbst entwickelt hat, intern redundant miteinander verbunden. Sie können so als vollständige Scale-out-Lösung unter einer Betriebssysteminstanz arbeiten. Bisher unterstützt HPE Suse Linux und RHEL, im Lauf der nächsten Monate folgen weitere Varianten zunächst Oracle Linux und VMware bis hin zu Windows später 2018. Einsatzfelder sind neben Aufgaben aus dem Hochleistungsrechnen, die sich schlecht parallelisieren lassen, und große In-Memory-Datenbanken wie SQL oder SAP Hana.
Viele Nachrichten waren in Madrid strategischer Natur: Erstens stellte die auf Umstrukturierungen spezialisierte CEO der vergangenen sechs Jahre, Meg Whitman, Antonio Neri, derzeit Präsident des Unternehmen, als zukünftigen CEO vor. Er soll das Amt im Februar 2018 übernehmen. „Wir haben die strategische Umstrukturierung so weit abgeschlossen. Die Richtung und die Themen stimmen jetzt. Deshalb ist es Zeit, dass jemand aus dem Unternehmen das Ruder übernimmt“; sagte Whitman. Diese Themen sind, das wurde auf der Konferenz wie ein Mantra wiederholt, die Vereinfachung der Hybriden Cloud als Standardplattform der nächsten Jahre, intelligente Edge-Technologien sowie die für die Implementierung dieser Technologien bei Kunden und Partnern nötigen Services.
Im Themenbereich IoT, der fürs intelligente Edge wichtig ist, tut sich, auch das wurde auf der Veranstaltung verkündet, HPE mit dem Schweizer Elektro- und Steuerungsspezialisten ABB zusammen. Die spannende Frage, wie sich HPE aus dem Dilemma befreien will, einen etwas solideren Stand im boomenden IoT-Markt zu gewinnen, ist damit gelöst. Das Unternehmen hat hier mit Ausnahme der Universal IoT Platform, die aber nur die Zugangsebene abdeckt, nichts im Portfolio.
Dass es gelungen ist, ABB als strategischen Kooperationspartner zu gewinnen, ist wahrscheinlich ein glücklicher Schachzug. Gibt es doch auf diesem Gebiet außer Siemens, General Electric und eben ABB weltweit kaum vergleichbare Schwergewichte mit einem breiten Zugang zu Kunden aller Größenordnungen und vieler Branchen. Nach eigenen Angaben hat ABB weltweit mehr als 70 Millionen Steuerungen verbaut, die sich in rund 70.000 Fabriken und Anlagen befinden – allesamt mögliche Einsatzorte auch für IoT-Umgebungen. Weiter bringt AMD seine bis zur Anwendungsebene heraufreichende IoT-Plattform Ability in die Kooperation ein, die mit UIP von HPE zusammenarbeiten wird. HPEs Mikro-Rechenzentrum, das zusammen mit Rittal entwickelt und bereits auf Messen gezeigt wurde, taucht in der Zusammenarbeit der beiden Unternehmen als Secure Edge Data Center im Produktportfolio von AMD auf. Auch dass beide Unternehmen mit Microsoft Azure eng zusammenarbeiten, könnte sich nützlich auswirken. Schließlich bietet Azure diverse Services zur Verarbeitung von IoT-Daten an.
Die wichtigste Produktankündigung in Madrid war allerdings OneSphere, eine Verwaltungsplattform, um Anwendungen auf Multicloud-Umgebungen zu verteilen, ihre Nutzung zu überwachen und abzurechnen. Das dürfte vielen großen Integrationspartnern, etwa Accenture oder Cap Gemini, im Magen liegen, die selbst derartige Produkte als Teil ihrer Dienstleistung anbieten. Dies gilt besonders, da sich HPE bei der Gestaltung offensichtlich viel Mühe gegeben hat – angeblich wurde drei Jahre lang an OneSphere entwickelt. Während die meisten anderen Hersteller die eine oder andere Einschränkung hinsichtlich der unterstützten Plattformen aufweisen, ist OneSphere von vorn herein so konzipiert, dass die Lösung unabhängig von HPE-Systemen arbeitet. Sie soll alle Erbringungsformen, die in einer Multicloud vorkommen können, sei dies On-, off-, hosted- oder managed private Cloud oder Public-Cloud, SaaS, PaaS und IaaS sowie auch alle Infrastrukturvarianten, also Bare Metal, virtuelle Maschinen und Container, gleichermaßen verwalten können. Kostenübersicht und Billing seien bis auf Arbeitsplatzebene möglich, hieß es. Perspektivisch soll auch das Edge in die Verwaltung einbezogen werden, das ist aber derzeit noch nicht der Fall.
Dass es trotz einer kinderleicht erscheinenden Benutzeroberfläche im Web-Stil durchaus Wissen und Überlegung erfordert, OneSphere zu implementieren, zeigt sich daran, dass dies eine der Kernaufgaben des immerhin 25.000 Personen starken Beraterheeres von HPE Pointnext werden soll. Die neue weltweite Leiterin des Bereichs, Ana Pinczuk, betont zwar, man wolle auf keinen Fall den eigenen Partnern im Wege stehen, es gehe um Befähigung und eine gemeinsame Herangehensweise. Doch ob es praktisch gut gelingt, Interessenkonflikte mit den Beraterheeren von Accenture, Cap Gemini und Atos zu vermeiden, muss sich erst zeigen. Andernfalls wäre das Thema Beratung wieder einmal der Pferdefuß der ansonsten recht solide wirkenden HPE-Strategie.
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