Das Internet of Things (IoT) wird in Zukunft Datenfluten erzeugen, die, so übereinstimmend alle Experten, vollkommen neue Geschäftsmodelle ermöglichen sollen. Doch wie sieht es mit der Umsetzung des technologischen Konzepts IoT tatsächlich in deutschen Unternehmen aus?
Dazu führte IDC eine Studie mit 444 Unternehmen aus Deutschland durch. Knapp die Hälfte der Antwortenden waren IT-Entscheider, die knappe Mehrheit Verantwortliche aus Fachbereichen. Die Studie umfasst Unternehmen ab 100 Mitarbeiter in drei im Sample etwa gleich häufig vertretenen Größenklassen. Einbezogen wurden acht Branchen: Maschinen- und Anlagenbau, Fertigung, Versicherungen und Finanzwesen, öffentliche Verwaltung, Gesundheitswesen, Ver- und Entsorgung, Handel, Transport und Logistik.
Wie sich zeigte, gab es ausgeprägte Branchenunterschiede bei geplanten oder realisierten Umsetzungen. Am IoT-affinsten zeigte sich in der Untersuchung das Versicherungs- und Finanzwesen mit 45% geplanten oder umgesetzten Projekten. Es folgen die Fertigungsindustrie (42%), Maschinen- und Anlagenbau (39%) sowie Transport und Logistik (31%).
Die Schlusslichter sind – wohl wegen finanzieller Restriktionen und Datenschutzbedenken – Gesundheitswesen (23%) und öffentliche Verwaltung (28%). Es zeigt sich, dass im Durchschnitt der Branchen 72% der Befragten neue IoT-Projekte planen, aber nur 68% entsprechende Budgets bereitstellen wollen. Am weitesten klafft diese Lücke bei der öffentlichen Verwaltung auseinander (73% versus 53%), was darauf schließen lässt, dass hier tatsächlich gravierende finanzielle Restriktionen bestehen, die IoT-getriebenes E-Government schwer realisierbar machen. Insgesamt sollen laut IDC die IoT-Ausgaben bis 2021 um 17 Prozent steigen, referierte Laura Hopp, Consultant bei IDC.
Es gibt auch andere Gründe für die Lücke zwischen Plänen und ihrer Umsetzung als fehlendes Geld. Dazu lieferte die IDC-Umfrage interessante Aufschlüsse. Wichtigstes Problemfeld ist demnach die hohe Komplexität (26%). Zudem fehlt es an ganzheitlichen Lösungen, die den Kunden nicht aufbürden, unterschiedliche Partner zu koordinieren, und auch der Sicherheit trauen viele noch nicht (jeweils 20%). Schließlich sind auch Datenschutz und Personalrestriktionen neben den bereits erwähnten Budgetproblemen (jeweils 19%) wichtige Hemmschuhe.
Viele Unternehmen haben bereits eine IoT-Plattform (20%) eingeführt oder planen das 2018 respektive 2019 (39%). 28% der Befragten befassen sich derzeit mit Machbarkeitsstudien. „Technisch spricht man inzwischen von der dritten Generation der IoT-Plattformen“ erklärte Mark Schulte, Senior Consultant bei IDC. Neu ist in dieser Generation die Integration komplexer analytischer Funktionen.
Als technisches Hindernis könnte sich im IoT-Markt die wenig standardisierte Connectivity erweisen. Heute konkurrieren hier vielerlei unterschiedliche Technologien, von denen sich noch keine als „Gewinner“ herausgestellt hat. Schulte: „Das könnte ein Showstopper werden.“
Neue technologische Trends sind die Datenanalyse näher am Endpunkt und Blockchain. Daten entstehen in den meisten IoT-Systemen vor allem durch Endgeräte, die mit Sensoren ausgerüstet sind oder Logs erzeugen. Diese Daten werden dann analysiert. Je zeitkritischer die Ergebnisse von Analysen, desto weniger wahrscheinlich werden die Daten zuerst ins Rechenzentrum geschickt. Schon heute haben 46 % der Befragten Edge-Analytics (also zwischen Endgerät und Rechenzentrum) umgesetzt oder planen das noch für dieses Jahr, bei Lösungen, die direkt am Endpunkt analysieren, gilt das für 48%.
Attraktiv besonders für IoT-Anwender aus dem Finanzbereich und der Logistik-Branche ist Blockchain. Mit der Technologie lassen sich automatisch individualisierte, verhaltensbasierte Vertragskonditionen umsetzen („Smart Contracts“), etwa bei der KFZ-Versicherungen. Aber auch für das Asset-Management etwa in Speditionen oder Carsharing-Systeme empfiehlt sich die Technologie als Automatisierung bisheriger händischer oder halbautomatischer Verfahren. Im Finanzbereich setzen sich 88% der Befragten damit auseinander, in Transport und Logistik 61%. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Automatisierungsgrad gerade bei Transaktionen steigt, sie werden nahezu in Echtzeit umgesetzt. In IoT-Geräten gesammelte Daten lassen sich mit Blockchain absichern und die gesamte Kontrollkette ist solider. Kein Wunder also, dass 38% der Befragten Blockchain demnächst in ihre Projekte einbeziehen wollen.
Im Bereich IoT gibt es zahlreiche Initiativen und Konsortien. Bislang laufen deren Bestrebungen jedoch überwiegend parallel nebeneinander her. Doch damit dies alles überhaupt funktionieren kann, braucht man neben neuen Produkten auch neue Standards – insbesondere für die Kommunikation der Geräte untereinander und für die Sicherheit. Die ZDNet-Schwestersite silicon.de gibt einen Überblick.
Gelungene Projekte mit überschaubarem Aufwand Wie gelungene IoT-Projekte aussehen können, zeigte Oliver Edinger, Vice President IoT Competence Center EMEA bei der Software AG an einigen interessanten Beispielen. Die Software AG kaufte im vergangenen Jahr den von Nokia ausgelagerten Startup Cumulocity. Deren IoT-Plattform, deren besondere Stärke in der umfassenden Konnektivität liegt, steckt in vielen bekannten Plattformen. Cumulocity eignet sich branchenübergreifend für die Umsetzung kompletter IoT-Lösungen. Die Technologie steckt beispielsweise in der Telekom-„Cloud der Dinge“ oder in Siemens Mindsphere Nun realisiert die Software AG mit dem Cumulocity-Team kundenindividuelle Lösungen.
Dass mit IoT-Plattformen neue kooperative Ansätze möglich sind, belegt Adamos, eine Plattform, die von diversen namhaften Maschinenbauern, darunter Zeiss und Duerr, aus dem deutschsprachigen Bereich gemeinsam aufgebaut wird. Sie wollen damit jeweils individuell neue, dienstleistungsbasierende Geschäftsmodelle entwickeln.
Ein anderes Beispiel ist Lyreco. Der Dienstleister ist weltweit für die Auslieferung von Nespresso-Pads an die Besitzer der Nespresso-Profi-Kaffeemaschinen zuständig. Die mit Hilfe von Cumulocity realisierte Lösung besteht aus Applikationen für die Verkaufsmaschinen, die Lagerverwaltung und das Betriebsmanagement. Sie greifen auf Daten zu, die von den Kaffeemaschinen selbst erzeugt werden. Dafür wurde die Cumulocity-Plattform durch die Software AG kundeindividuell angepasst. Außerdem integrierten die IT-Spezialisten die Lösung ins Lyreco-eigene ERP-System von SAP. Anwendungsspezifische Geschäftsregeln sorgen dafür, dass die nötigen Pads jederzeit zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht werden. Diese Lösung realisierte die Software AG in nur zwei Wochen.
„Auch kleine Unternehmen können von IoT profitieren, sie haben sogar gute Chancen, denn sie brauchen vor allem gute Ideen, nicht unbedingt große Einstiegsinvestitionen“, sagte Edinger und belegte dies an einem Beispiel, bei dem es um Lokalisierung geht. Trackerando ist ein Tochterunternehmen von Amparos, einem marktführenden Hersteller mobiler Tracking-Systemen für alles, was beweglich ist. Trackerando bietet seinen Kunden die dazu passenden Tracking-Services an – auf Basis der angepassten Cumulocity-IoT-Plattform. Zu den Kunden gehören sowohl Dienstleister, die auf der IoT-Plattform von Trackerando eigene Services aufsetzen, oder aber Endkunden, die den Service der Plattform direkt nutzen. Die Services werden von einem deutschen Cloud-Rechenzentrum aus eingesetzt, Kunden können dort sehr einfach ihre Amparos-Devices registrieren. Auch ein Bezahlsystem ist integriert, zudem wurden eine Android- oder iPhone-App erstellt. Der Aufbau der Gesamtlösung dauerte nur sechs Wochen.
Die IDC-Zahlen belegen, dass die Umsetzung des IoT-Paradigmas in Deutschland durchaus einen Schritt schneller voranschreiten könnte. Die Umsetzungsbeispiele zeigen jedenfalls, dass IoT-Lösungen, sofern das Geschäftskonzept stimmt, gewinnträchtig sind, durchaus nicht immer von großen amerikanischen Cloudprovidern oder Produktanbietern stammen müssen und sich relativ zügig aufbauen lassen.
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