SAP stellt ein neues, zusammen mit Anwendergruppen entwickeltes Lizenzmodell vor, das die Transparenz von Lizenzen erhöhen soll. Das neue Vertriebs-, Audit- und Preismodell regelt die sogenannte indirekte Nutzung (Indirect Access) neu, speziell bei diesem Punkt kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Anwendern und SAP etwa aufgrund hoher Nachforderungen seitens SAP. Die neue Regelung soll ab diesem Monat ausgerollt werden.
Das neue Modell soll diese Probleme künftig verhindern in dem zwischen direktem/menschlichem (Human Access) und indirektem/digitalem Anwenderzugriff (Digital Access) unterschieden wird. Zudem sollen klare Regeln die Lizensierung, Nutzung und Compliance von SAP-Produkten erleichtern.
SAP hatte hier bislang ein Vertragswerk, das viele Fragen offen gelassen hatte. Im zurückliegenden Jahr gab ein britisches Gericht SAP in einem Streit mit dem Getränkehersteller Diageo recht. Das Unternehmen das hinter Marken wie Guinnes oder Smirnoff steht, musste daher 55 Millionen Pfund nachzahlen. Die Begründung: Mitarbeiter hatten über Saleforce-Accounts auf Daten in SAP zugegriffen und das Unternehmen musste teuer nachlizenzieren.
Diageo ist jedoch kein Einzelfall, wie ZDNet.de damals aus Branchenkreisen erfahren konnte. Auch in Deutschland gab es zahlreiche ähnlich gelagerte Streitfälle, neben SAP auch beim Konkurrenten Oracle. Nachdem SAP Mitte Mai 2017 in einem Dokument die weiteren Regelungen konkretisierte, wurde in der Deutsprachige SAP Anwendergruppe DSAG Kritik laut, dass dies Stellungnahme unzureichend sei und zeige, dass es selbst innerhalb der SAP keine klare “keine klare Definition beziehungsweise Regelung zur indirekten Nutzung” gebe.
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Nun scheint SAP zu einer klaren Haltung in der Frage der digitalen Zugriffe gefunden zu haben. „Bisher orientierte sich das Lizenzmodell für SAP ERP an der Zahl der Nutzer (User). Inzwischen finden aber immer mehr digitale Zugriffe auf SAP-Systeme statt. Eine Herausforderung für Kunden, die deshalb verstärkt ein alternatives Lizenzmodell wünschen“, heißt es dazu von SAP. Nun will SAP neben dem Human Access, der nach User-Anzahl berechnet wird, auch anhand von Digital Access lizenzieren. Damit sind Zugriffe über Dritte, Internet of Things (IoT), Bots und/oder anderer digitale Zugänge, auf Basis der vom System selbst verarbeiteten Transaktionen/Dokumente gemeint.
Diese Regelung bezieht sich auf den „digitalen Kern“, also SAP S/4HANA und SAP S/4HANA Cloud und auch auf SAP ERP. Bestandskunden können je nach dem, welches System besser passt, auf dem alten Modell bleiben, oder das neue verwenden. Zudem werde SAP Konversionsangebote anbieten, über die Kunden eine Hilfestellung beim Wechsel vom bestehenden auf das neue Preismodell bekommen.
„Die von SAP angekündigte Neuorganisation von Preismodell, Vertrieb, Lizenzaudits und Compliance ist die bemerkenswerte Konsequenz aus intensiven Workshops und Gesprächen mit der DSAG“, kommentiert Andreas Oczko, DSAG-Vorstand Operations/Service & Support. „Mit Hilfe des SAP-Vorstands haben wir gemeinsam eine Vision zum Thema indirekte Nutzung für die Zukunft entwickelt und die Eckdaten für ein neues Lizenzmodell formuliert. Damit ist ein wichtiger erster Schritt getan, um Stolpersteine und Hindernisse aus dem Weg der Digitalen Transformation zu räumen. Weitere werden folgen.“
Neu sind auch Regelungen für die Organisation und Governance. Damit soll zwischen Vertriebsorganisation und -prozessen und der Auditorganisation und deren Prozessen eine strikte Trennung realisiert werden.
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Damit sollen vor allem Diskussionen zwischen Anbieter und Anwender vermieden werden, wie neue digitale Anforderungen auf Grund der älteren Vertragsregelungen zu interpretieren sind. Anwender, die in diesen Fragen keine Sicherheit haben, halten sich natürlich auch bei der Neuanschaffung von Lösungen zurück. Durch die organisatorische Trennung auf Seiten von SAP sollen diese Fragen von unabhängiger Seite behandelt werden.
Zudem plane SAP die Veröffentlichung von Messwerkzeugen, so dass Kunden selbst den User- und Lizenz-Verbrauch überwachen können.
Statt wie bisher lediglich nutzerbasierte Lizenzmodelle für den indirekten Zugriff auf ERP-Anwendungen zu bieten, orientiere sich das neue SAP-Lizenzmodell an der Wertschöpfung, die durch das Anlegen und Auslösen bestimmter Transaktionen und Dokumente im SAP-ERP-System erzielt werde, konkretisiert die DSAG in einer Mitteilung. „SAP hat mit diesem innovativen Modell einen wichtigen Schritt getan, das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen, das in letzter Zeit etwas verloren gegangen schien“, so Andreas Oczko weiter.
Das neue Preismodell müsse sich zunächst noch in der Praxis bewähren. Die DSAG sieht darin jedoch einen „guten Auftakt“, jedoch müssten weitere Schritte und Anpassungen folgen. Dabei gelte es zu beachten, dass mit dem neuen Ansatz nur die Lizenzen für die indirekte Nutzung adressiert werden und nicht das gesamte Lizenzmodell.
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Für die Inhaber von Altverträgen müssten nun – möglicherweise in Form von individuellen Gesprächen – faire Lösungen gefunden werden. „Diese Vereinbarungen müssen legal verbindlich, für beide Seiten nachhaltig und wirtschaftlich sinnvoll sein und einen Schlussstrich unter dieses Thema ziehen. Die Wahlmöglichkeit zwischen ‚Alles bleibt wie es ist‘ und dem neuen Lizenzmodell ist nicht in jedem Fall ausreichend“, ergänzt Oczko. „Ziel muss es jedoch sein, ein echtes, atmendes Modell auf der Basis eines Pay-per-Use-Ansatzes zu entwickeln“, konkretisiert der stellvertretende DSAG-Vorstandsvorsitzende.
Zumindest scheint SAP beim Thema indirekte Nutzung aus Sicht der DSAG Definitionen deutlich verbessert. Auch Szenarien und Sachverhalte, wie das Lesen von Daten in Drittsystemen aus SAP heraus oder auch das Schreiben von Stammdaten aus Drittsystemen wurden laut DSAG zum Vorteil der Kunden in der neuen Regelung aufgenommen. Aber auch hier scheint die DSAG nach wie vor Gesprächsbedarf zu sehen.
„Sobald Unternehmen ihre Geschäftsmodelle von Produkten hin zu Dienstleistungen, von Dienstleistungen hin zum Kundenerlebnis, vom Erlebnis hin zu messbaren Ergebnissen entwickeln, dann wirkt sich das auch auf Preismodelle aus“, kommentiert R „Ray“ Wang, CEO von Constellation Research. „Anbieter von Unternehmenssoftware bewegen sich daher nicht nur in Richtung outcome-orientierter Preise. Sie müssen auch Modelle finden, die einerseits bisherige IT-Investitionen schützen, es Kunden aber andererseits auch ermöglichen, fair und gerecht auf neue Geschäftsmodelle zu wechseln.“
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