Ein russisches Gericht hat auf Antrag der Regierung eine Sperre gegen die Messaging-App Telegram verhängt. Es setzt damit ein Urteil eines Moskauer Gerichts um, das Telegram zur Offenlegung seiner Verschlüsselung gegenüber dem Geheimdienst FSB verpflichtet. Das Unternehmen hatte Ende März, nachdem auch der Oberste Gerichtshof des Landes eine Beschwerde gegen das Urteil abgelehnt hatte, angekündigt, das Urteil nicht zu respektieren und eine Sperre in Kauf zu nehmen.
Der Inlandsgeheimdienst Federal Security Service (FSB), der als Nachfolger des KGB gilt, hatte bereits im vergangenen Jahr die Verschlüsselungsschlüssel der Messaging-App angefordert. Telegrams private Schlüssel würden für die Abwehr von Verbrechen und Terroranschlägen benötigt, begründete der FSB seinen Vorstoß.
Telegram bedient mehr als 200 Millionen Nutzer weltweit. Der Kommunikationsdienst gilt als besonders sicher, weswegen er nicht nur von sicherheitsbewussten Nutzern, sondern auch Journalisten und Bürgerrechtlern eingesetzt wird. Aber auch Kriminelle und Terroristen nutzen gerne die Vorteile einer verschlüsselten Kommunikation, die beispielsweise das Abhören von Nachrichten unmöglich macht.
Konkret ging es dem Geheimdienst im vergangenen Jahr um die Entschlüsselung der Kommunikation von sechs Personen. Sie sollen an einem Anschlag auf die U-Bahn von St. Petersburg beteiligt gewesen sein, beim dem 14 Menschen getötet und weitere Personen verletzt wurden. Telegram-Gründer Pavel Durov hatte sich jedoch geweigert, die fraglichen Schlüssel herauszugeben, was ihm eine Geldstrafe von 13.000 Dollar einbrachte.
„Lokale Regierungen haben finanzielle Macht über Unternehmen. Zu jedem Zeitpunkt kann eine Regierung einen Aktienkurs abstürzen lassen, indem sie mit der Sperre von Einnahmequellen droht und die Unternehmen zu seltsamen Dingen zwingt“, heißt es in einer Stellungnahme von Durov. Als Beispiel nennt er Apple, das auf Druck der chinesischen Regierung seine iCloud-Server nach China verlegt habe. „Bei Telegram haben wir den Luxus, uns nicht um Einnahmequellen oder Anzeigenverkäufe kümmern zu müssen. Die Privatsphäre steht nicht zum Verkauf und Menschenrechte sollten nicht aus Angst oder Gier geopfert werden.“
German Klimenko, Berater der russischen Präsidenten Wladimir Putin, erklärte gegenüber TASS, dass er nicht davon ausgehe, dass sich die Sperre von Telegram auf das tägliche Leben auswirke. „Ich bin der Ansicht, dass jedes Unternehmen, das in Russland arbeitet oder seine Dienste russischen Bürgern anbietet, im Rahmen des Gesetzes mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten sollte.“
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