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OnePlus 6 im Test

Seit sieben Smartphone-Generationen verfolgt OnePlus das Ziel, die neueste Technologie zu einem erschwinglichen Preis anzubieten. Als das erste OnePlus-Handy 2014 auf den Markt kam, kostete es nur etwa die Hälfte eines damaligen Smartphone-Flaggschiff. Der Preis des Smartphones von 269 Euro half OnePlus, eine treue Fangemeinde aufzubauen.

Vier Jahre später kostet das jüngste Smartphone des Unternehmens, das OnePlus 6, fast doppelt so viel wie das OnePlus One und etwas mehr als das OnePlus 5T, das der Hersteller erst im November 2017 präsentierte. Allerdings sind die Smartphone-Flaggschiffe der Konkurrenz auch deutlich teurer geworden – zumindest, wenn man sie kurz nach deren Vorstellung kauft.

Aber sind die verbesserten Kameras des OnePlus 6, der schnellere Prozessor, die Erhöhung des Arbeitsspeichers und das neue, glatt aussehende, glasüberzogene Gehäuse den Preis wert? „Ja, aber“ lautet die Antwort. Das OnePlus 6 ist immer noch einige Hundert Euro günstiger als andere Flaggschiff-Handys wie das Google Pixel 2 XL und das Samsung Galaxy S9+. Mit diesen kann es in jedem Fall in Sachen Performance konkurrieren. Auch bei der Aufnahmequalität von Fotos weiß es zu überzeugen, wenn es auch mit den Spitzen-Smartphones nicht ganz mithalten kann. Schwächen leistet es sich in den Bereichen VR und AR. Und die Display-Ausbuchtung ist auch nicht jedermanns Geschmack.

Gehäuse

OnePlus verzichtete auf die Aluminiumrückseite seiner bisherigen Telefone zugunsten von Corning Gorilla Glass 5, das auch zur Display-Abdeckung verwendet wird. Dies ist das gleiche chemisch gehärtete Deckglas, das bei teureren Handys wie dem Galaxy S9 von Samsung verwendet wird.

Das OnePlus 6 ist mit zwei schwarzen Farben erhältlich: glänzend und mattes. Außerdem soll es im Juni noch ein weiteres, weißes Modell geben.

Das verglaste Telefon sieht gut aus und fühlt sich wertig an. Von hinten kann man das OnePlus 6 leicht mit einem Galaxy S9+ verwechseln. Beide haben vertikal gestapelte, mittig ausgerichtete Dual-Kameras mit einem Fingerabdruckleser darunter. Die Telefone sind fast identisch in der Größe, wobei das OnePlus 6 ein wenig dünner und leichter ist. Und ja, das OnePlus 6 behält seine Kopfhörerbuchse, genau wie Galaxy S9, LG G7 und iPhone SE.

OnePlus behält auch seinen physischen Alarm-Schieberegler mit drei Einstellungen bei. Im Unterschied zum OnePlus 5T, befindet er sich beim OnePlus 6 nun aber auch der rechten Seite. Er erlaubt die Einstellungen „Ton“, „Vibrieren“ und „Kein Ton“.

Doch bei allen Verbesserungen fehlen dem OnePlus 6 auch ein paar wichtige Dinge. Das Smartphone ist zwar spritzwassergeschützt, doch eine Zertifizierung nach IP67 oder IP68 bietet es nicht. Und wie Pixel 2, Pixel 2 XL und das iPhone kann der Speicher nicht mit microSD-Karten erweitert werden.

Trotz der neuen Glasrückwand fehlt dem OnePlus 6 die Möglichkeit es kabellos aufzuladen. Dafür wird es wie das OnePlus 5T mit dem sogenannten DashCharge ausgeliefert, was aus einem Netzteil und einem proprietären Kabel ausgeliefert, die dafür sorgen, dass der Akku von 0 auf 50 Prozent in knapp 30 Minuten lädt. 100 Prozent Ladekapazität werden in etwa 70 Minuten erreicht.

Display

Umstritten ist die Display-Ausbuchtung am oberen Bildschirmrand. Damit schafft der Hersteller Raum für die nach vorne gerichtete Kamera, einen Lausprecher, Sensoren und die LED-Benachrichtigungsleuchte. Laut einer ZDNet-Umfrage findet eine Mehrheit der Befragten eine solche Kerbe als störend. Manche bezeichnen sie auch als Pixelfehler. Dennoch setzt sich dieser Designtrend allgemein durch. Neben dem OnePlus 6 findet sich eine solche Ausbuchtung auch am iPhone X, LG G7, Huawei P20 und weiteren Smartphones. Wer die Ausbuchtung nicht mag, kann sie beim OnePlus 6 immerhin über das Einstellungsmenü durch einen schwarzen Balken ersetzen, der die Flächen links und rechts der Ausbuchtung auffüllt. Andere Smartphones mit Ausbuchtung bieten eine ähnliche Software-Funktion.

Das Display hat ein Seitenverhältnis von 19:9, aber eine Auflösung von 2280 x 1080 Pixeln – niedriger als andere Flaggschiffe wie das Galaxy S9+. Im täglichen Gebrauch macht dies kaum einen Unterschied. Der Bildschirm liefert ein scharfes, detailreiches und helles Bild. Farben sehen lebendig aus, ohne übersättigt zu wirken.

Will man damit aber in VR-Welten abtauchen, ist die Auflösung viel zu niedrig. Selbst beim Samsung mit S9+ mit relativ hoher Auflösung sind mit entsprechenden VR-Brillen noch einzelne Pixel zu sehen. Diese werden bei einer niedrigeren Auflösung noch größer. Daher verwundert was auch nicht, dass für das OnePlus 6 auch keine kompatiblen VR-Headsets verfügbar sind. Weder gibt es von Oculus ein kompatibles Headset für das OnePlus noch wird es von Daydream unterstützt. Auch zu dem für Augmented Reality Apps von Google entwickelte ARCore ist das OnePlus nicht kompatibel.

Kamera

Der OnePlus 6 verfügt über zwei Kameras an der Rückseite: Eine 16-Megapixel-Hauptkamera und eine 20-Megapixel-Sekundärkamera. Im Allgemeinen sehen die Fotos sehr gut aus. Sie sind scharf und haben einen schönen Kontrast und Sättigung.

Wie die meisten Telefonkameras heutzutage verwendet die OnePlus 6 AI, um die Klarheit der Fotos anzupassen. In der Praxis funktioniert „smart capture“, wie OnePlus es nennt, gut. Von den mehr als 100 Fotos, die ich gemacht habe, hatte ich nur eine Handvoll, bei denen das Ergebnis nicht gut aussah. Die intelligente Capture-Optimierung arbeitet komplett im Hintergrund, aber ich wünschte, es gäbe einen Weg, sie von Zeit zu Zeit zu verwerfen, wie es beim Huawei P20 und P20 Pro der Fall ist.

OnePlus 6 (Bild: Patrick Holland, CNET)

Aber hier wird es interessant. Die zweite Kamera der OnePlus 6 ist nicht für den optischen Zoom, einen größeren Betrachtungswinkel oder für die Aufnahme von monochromen Bildern geeignet. Die zweite Kamera ist ausschließlich für Portraitfotos vorgesehen, die erstaunlich gut aussehen. Der Hintergrund verschwimmt auf Portraitaufnahmen und sieht cremig und glatt aus, auch bekannt als Bokeh.

Die Hauptkamera des OnePlus 6 verfügt über einen neuen Sensor, der um 19 Prozent größer ist als der des OnePlus 5T. Der größere Sensor in Kombination mit der optischen Bildstabilisierung (OIS) ist ein solides Rezept für Aufnahme bei wenig Licht. Auch hier schlägt sich das OnePlus 6 gut. Es gleicht Bildrauschen ohne zu viel Rauschunterdrückung aus, was bei manchen Handys zu einem Gemälde führen kann.

Smartphones wie das Galaxy S9+ und das Huawei P20 Pro haben die Messlatte für Aufnahmen in dunkler Umgebung sehr hoch gesetzt. Und obwohl das OnePlus 6 nicht das Niveau bei Low-Light-Aufnahmen erreicht, ist zumindest auf dem gleichen Niveau wie das iPhone X.

Die frontseitige Kamera überzeugt ebenfalls: Selfie-Fotos sehen gut aus. OnePlus verspricht, mit einem zukünftigen Software-Update einen Selfie-Portrait-Modus hinzuzufügen. Videos von der vorderen Kamera sind stark beschnitten.

Erwähnenswert ist die Benutzeroberfläche der Kamera-App. Sie erlaubt eine erfrischend einfache Bedienung und macht den Sprung in ein Kamera-Einstellungsmenü fast überflüssig.

Aufgenommene Videos bieten einen starken Kontrast. Die Aufnahme wird durch eine elektronische Bildstabilisierung (EIS) unterstützt, um Verwackler auszugleichen. Auch das gelingt dem OnePlus 6 ganz gut.

Wie das iPhone X und das Galaxy S9+ verfügt auch das OnePlus 6 über eine Super-Zeitlupe mit 240 Bildern pro Sekunde bei 1080p.

Performance

In Sachen Performance gibt es wie bei OnePlus üblich kaum etwas auszusetzen. Dank Verwendung des derzeit schnellsten Snapdragon-Prozessors 845 stellen auch anspruchsvolle 3D-Spiele wie Need For Speed: No Limits, Riptide GP2, Marvel Spider-Man Unlimited und PUBG Mobile das OnePlus 6 vor keine Probleme. Sie werden ohne jegliche Verzögerung oder Umschaltung auf eine niedrigere Auflösung ausgeführt. Alltägliche Aufgaben wie das Tippen von Nachrichten, das Öffnen der Kamera und das Scrollen durch Twitter oder Instagram waren ruckelfrei.

Apropos Videospiele, es gibt auch einen raffinierten Spielmodus, der Benachrichtigungen blockiert und die Nutzung der Internetverbindung durch andere Anwendungen einschränkt, wenn er aktiviert ist.

Akkulaufzeit

Die Akkulaufzeit war auch gut. Die kontinuierliche Videowiedergabe im Flugzeugmodus endet beim OnePlus 6 nach 15 Stunden und 36 Minuten. Das ist länger als beim Pixel 2 XL und beim iPhone X, die 13 Stunden 50 Minuten respektive 11 Stunden und 27 Minuten durchhielten. Allerdings hält das OnePlus 5T eine Stunde und 38 Minuten länger durch. Auch das Galaxy S9+ bietet mit einer Laufzeit von 16 Stunden und 55 Minuten mehr Leistung.

Fazit

Das OnePlus 6 ist ein gutes Android-Smartphone zu einem fairen Preis. Gegenüber dem Top-Gerät von Samsung, dem Galaxy S9+, kann es in Sachen Performance punkten, sieht aber in Sachen Features und Akkulaufleistung deutlich schlechter aus. Wer beispielsweise gerne Musik mit dem Smartphone hört, wird derzeit kaum ein besseres Gerät als eine Samsung-Modell der S-Reihe finden. Diese bieten mit Adapt Sound über eine einzigartige Technik, das selbst das S7 noch zu einem empfehlenswerten Produkt macht, wenn es um die Audiowiedergabe geht. Und das Galaxy S9+ bietet mit Dolby Atmos eine weitere Ausbaustufe in Sachen Soundqualität.

Wer auf absolute Spitzenqualität bei Fotos steht, greift ebenfalls besser zu einem Galaxy S9+ oder Huawei P20 Pro, die in entscheidenden Situationen eine deutlich höhere Qualität bei Fotos erzielen. Anwender, die mit dem Smartphone gerne auch mal in VR-Welten abtauchen oder AR-Anwendungen ausprobieren möchten, gehen mit dem OnePlus 6 wegen fehlender Unterstützung ebenfalls leer aus.

Und wer als Firmen-Admin auf der Suche nach einer Android-Lösung ist, dürfte dank des Supports mit bis zu vier Jahren Sicherheitsupdates und der Knox-Unterstützung an einem Samsung-Gerät kaum vorbei kommen.

Das OnePlus 6 ist also für Anwender gedacht, die vor allem in Sachen Rechenleistung hohe Ansprüche stellen und nicht das Non-Plus-Ultra in Sachen neuer Technologie (VR, AR) sowie Fotoqualität und Audiowiedergabe suchen.

OnePlus 6 Galaxy S9+ Pixel 2 XL iPhone X G7 ThinQ
Displaygröße, Auflösung 6,28 Zoll; 2280 x 1080 Pixel 6,2 Zoll; 2960 x 1440 Pixel 6 Zoll; 2880 x 1440 Pixel 5,8 Zoll; 2436 x 1125 Pixel 6,1 Zoll; 3120 x 1,440 Pixel
Pixeldichte 402 ppi 529 ppi 538 ppi 458 ppi 563 ppi
Abmessungen 155,7 x 75,4 x 7,75 mm 158,1 x 73,8 x 8,5 mm 157,9 x 76,7 x 7,9 mm 143,6 x 70,9 x 7,7 mm 153,2 x 71,9 x 7,9 mm
Gewicht 177 Gramm 189 Gramm 175 Gramm 174 Gramm 162 Gramm
Betriebssystem Android 8.1 Oreo Android 8.0 Oreo Android 8.0 Oreo iOS 11 Android 8.0 Oreo
Kamera 16 Megapixel, 20 Megapixel Dual 12 Megapixel 12 Megapixel Dual 12 Megapixel Dual 16 Megapixel
Frontkamera 16 Megapixel 8 Megapixel 8 Megapixel 7 Megapixel 8 Megapixel
Video 4K 4K 4K 4K 4K
Prozessor Snapdragon 845 Exynos 9810 Snapdragon 835 Apple A11 Bionic Snapdragon 845
Speicher 64 GByte, 128 GByte, 256 GByte 64 GByte, 256 GByte 64 GByte, 128 GByte 64 GByte, 256 GByte 64 GByte
RAM 6 GByte, 8 GByte 6 GByte 4 GByte 3 GByte 4 GByte
microSD-Card None Ja Nein Nein Ja
Batterie 3300 mAh 3500 mAh 3520 mAh 2716 mAh 3000 mAh
Fingerabdrucksensor Rückseite Rückseite Rückseite Nein (Face ID) Rückseite
Anschluss USB-C USB-C USB-C Lightning USB-C
Kopfhörerbuchse Ja Ja Nein Nein Ja
Weitere Features Dash Charging, Dual-SIM, Superzeitlupe Kamera mit zwei Blenden, wasserdicht (IP68); Superzeitlupe; Wireless Charging; Iris Scanner wasserdicht (IP67), Active Edge wasserdicht (IP67), Wireless charging, Face ID wasserdicht (IP68), Wireless charging, DTS:X 3D Surround, Quad-DAC
Preis (Euro) 519 (64 GByte), 569 (128 GByte), 619 (256 GByte) 949 (64 GByte), 1049 (256 GByte) 939 (64 GByte), 10249 (128 GByte) 1149 (64 GByte), 1319 (256 GByte) 849 (64 GByte)

[Mit Material von Patrick Holland, CNET]

Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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