Dass der Siegeszug der Cloud auch im traditionell cloud-skeptisch eingestellten Deutschland nicht mehr aufzuhalten ist, hat Amazon Web Services mit dem diesjährigen AWS Summit unter Beweis gestellt. Mehr als 6000 Teilnehmer folgten dem Ruf des Herstellers auf die zweitägige Veranstaltung nach Berlin am 6. und 7. Juni.
Vermutlich nicht ganz zufällig hatte auch Virtualisierungsmarktführer VMware den 7. Juni auserkoren, um die Verfügbarkeit seines Hybrid Cloud Angebots „VMware Cloud on AWS“ in der Region Frankfurt anzukündigen – ein Angebot, das VMware und AWS im Rahmen eines „Joint Engineering Projekts“ in engster Abstimmung miteinander erarbeitet haben. Diese Vorgehensweise sei bei AWS eigentlich nicht üblich, so Klaus Bürg, Geschäftsführer von AWS Deutschland, im Regelfall würden die Partner unabhängig voneinander ihre Angebote entwickeln.
Aber nicht nur IT-Spezialisten aus dem Rechenzentrumsumfeld kamen bei der Veranstaltung, die – beeindruckend für eine kostenfrei angebotene Messe – über 120 Fachvorträge in sogenannten Breakout-Sessions für die anwesenden Teilnehmer bot. Und der Adressatenkreis von AWS ist entsprechend breit gefächert: Gründer und Mitarbeiter von Startups, IT-Infrastrukturspezialisten und Entwickler werden gleichermaßen angesprochen. Die Veranstaltung selbst stand unter dem Motto „Go Build“ – ein Aufruf, sich auf das eigentliche Geschäft zu konzentrieren, anstatt sich mit dem hohen Aufwand und den Kosten der Einrichtung und Pflege von herkömmlicher physischer oder virtualisierter Infrastruktur kümmern zu müssen. Und neue Themen und Techniken, wie das Geschäft unterstützt werden kann, hatte AWS zuhauf zu bieten – dementsprechend war es nicht überraschend, dass Themen wie Machine Learning und IoT entsprechend Raum geboten wurde.
ZDNet.de hatte Gelegenheit auf der Messe mit Glenn Gore, Chief Architect bei AWS und Keynote-Sprecher des ersten Veranstaltungstags, ein ausführliches Interview zu führen. Zunächst ließ Glenn Gore die Innovationen Revue passieren, die seit der US-amerikanischen Leitmesse AWS re:Invent im Dezember 2017 von AWS angekündigt oder auf den Markt gebracht wurden: „Auf der AWS re:Invent 2017 hatten wir circa 30 große Ankündigungen gemacht. Natürlich braucht es etwas Zeit, bis der Markt und die Kunden sich mit den neuen Diensten und Features angefreundet haben. Was wir sehen, was in Europa und auch besonders in Deutschland abhebt, ist Amazon SageMaker. SageMaker erlaubt es interessierten Kunden, die die technischen Hintergründe von Machine Learning nicht oder nicht im Detail kennen, damit einfach zu experimentieren. Was wir mit SageMaker machen ist, dass wir den Einstieg in das Machine Learning anhand von gängigen Use Cases so einfach wie möglich gestalten, beispielsweise indem wir einige standardisierte Modelle und Algorithmen passend zu den Use Cases out-of-the-box anbieten.“
Befragt nach weiteren Ankündigungen des Herstellers, u.a. was die sich stärker verbreitende Container-Techniken betrifft, ging Glenn Gore auf die gerade eben erfolgte Ankündigung von Amazon EKS (Amazon Elastic Container Service for Kubernetes) ein, den AWS am Anfang Juni offiziell freigegeben hat, zunächst allerdings nur in den AWS Regionen US East und US West. Glenn Gore betonte dabei die starke Nachfrage, insbesondere auch aus Deutschland, nach dem von AWS als „managed service“ bereitgestellten Kubernetes Cluster, der ideal die Vorzüge der Cloud und ihre Sicherheitseigenschaften ausnützen könne.
Zusätzlich betonte der AWS-Architekt auch den noch vor wenigen Jahren für undenkbar gehaltenen Zugriff auf leistungsfähige Hardware, die man jetzt für wenige Euro die Stunde anmieten könne: „Wie wir auf den zwei Tagen der Veranstaltung gezeigt haben, bieten wir eine breite Hardwarebasis: neue M5 und C5 Instanzen, zum Beispiel die Amazon EC2 M5d Instanztypen, die mit NVMe-basierten SSD Instanzspeicher einhergehen, der direkt physisch mit dem Host-Server verbunden ist . Hier liegt das unglaubliche Potential unseres EC2-Angebots und zusätzlich haben wir natürlich containerisierte Angebote und mit Lambda auch serverless.“
ZDNet.de hatte auch mit einigen der rund 15 vertretenen Startups gesprochen und diese nach ihren Erfahrungen mit der AWS-Plattform befragt. Der Tenor war dabei rundum positiv. Im Gespräch mit Thomas Gräbel vom Heidelberger Startup Trufa GmbH, betonte dieser die aktuell sehr positiven Geschäftschancen für gewiefte Gründer. Die Trufa GmbH hat sich dabei dem Thema Datenmanagement verschrieben und erlaubt mit einer eigenentwickelten SaaS-Applikation die semantische Aufbereitung von im SAP ERP System gespeicherten Daten und deren Bereitstellung als End-to-End Geschäftsprozesse. Über Machine Learning Algorithmen werden diese dann automatisch nach betriebswirtschaftlich relevantem Potential durchsucht und konkrete Maßnahmen zur Reduktion des gebundenen Kapitals und zur Verbesserung der Profitabilität vorgeschlagen.
Wo und wann die Veranstaltung im nächsten Jahr stattfinden soll, hat AWS noch nicht bekanntgegeben. Aufgrund des in den letzten Jahren stark wachsenden Zulaufs wird AWS sich wohl nach einem Veranstaltungsort mit höherer Kapazität umschauen müssen.
Dr. Jens-Henrik Söldner (Jahrgang 1977) leitet den Geschäftsbereich Infrastruktur bei der Söldner Consult GmbH in Nürnberg. Sein Unternehmen ist auf Cloud- und Virtualisierungsinfrastrukturen auf Basis von Amazon AWS, Cisco, Google Cloud, Microsoft und VMware spezialisiert. Als langjähriger VMware Mentor Instructor und Associate VCI mit über 20-jähriger IT-Praxis gehört er zu den profiliertesten Cloud- und Virtualisierungstrainern in Europa. Zu den Kunden seines Unternehmens zählen u.a. die Hersteller Amazon AWS, DellEMC, Veeam und VMware sowie zahlreiche Unternehmen und Organisationen aus allen Branchen. Zusammen mit seinen Brüdern Dr. Guido und Dr. Constantin Söldner hat Jens-Henrik Söldner mehrere Bücher über den Aufbau von sicheren Private Cloud- und IaaS-Umgebungen verfasst.
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