Nach einem Bericht des Wall Street Journal will die EU-Kommission Google in der kommenden Woche wegen Missbrauchs seiner Dominanz durch das mobile Betriebssystem Android zu einer Strafe in Milliardenhöhe verurteilen.
Die Höhe der Strafe ist unklar. Die Kommission ist befugt, Geldbußen von bis 10 Prozent des weltweiten Umsatzes zu verhängen. Im Fall von Google wären das bis zu 11 Milliarden Dollar. In der Vergangenheit orientierten sich die Strafe der EU allerdings weit unterhalb der 10-Prozent-Umsatzmarke. Laut Wall Street Journal soll die Strafe höher als die 2,42 Milliarden Euro ausfallen, die die EU-Kommission letztes Jahr gegen Google verhängt hatte. Das Magazin beruft sich dabei auf Informanten, die mit der Sache vertraut seien. Gegen das letztjährige Urteil geht Google rechtlich vor.
Im April 2016 hatte die Kommission Google über die Beschwerdepunkte zu Android informiert. Darin stuft sie die Beschränkungen, die Google den Herstellern von Android-Geräten und Mobilfunknetzbetreibern auferlegt, als Verstoß gegen EU-Kartellvorschriften ein. Das Unternehmen soll auf diese Weise den Einsatz seiner Suche als Standardsuche auf allen Android-Geräten sicherstellen und konkurrierenden Suchmaschinen den Marktzugang versperren.
Letztes Jahr hatte die EU die internen Untersuchungen dazu abgeschlossen. Anschließend sollten die Ergebnisse von einem Expertengremium untersucht werden, um sich eine zweite Meinung zu den Ergebnissen ihrer Kartelluntersuchung zu Googles Mobilbetriebssystem Android einzuholen.
Falls das Gremium zu denselben Erkenntnissen gelange wie die EU-Kommission, werde die abschließende Entscheidung bekanntgegeben. Dieser Zeitpunkt scheint nun unmittelbar bevorzustehen.
Außerdem soll Google „Hersteller am Verkauf von intelligenten Mobilgeräten mit konkurrierenden Betriebssystemen hindern, die sich auf den offenen Android-Quellcode stützen“. Ein von Google vorgeschriebenes „Anti-Fragmentation Agreement“ untersagt Herstellern, Geräte mit einer Android-Fork in Umlauf zu bringen, auf denen Google-Anwendungen wie der Play Store vorinstalliert sind. Die Installation seiner Apps soll Google zudem durch die Schaffung finanzieller Anreize sicherstellen.
In Russland musste sich Google im April 2017 bereits den Vorgaben der Kartellwächter beugen. Es verzichtet in dem Land seitdem auf die exklusive Vorinstallation seiner Suche und weiterer Anwendungen. Im Rahmen einer freiwilligen Einigung mit der Kartellbehörde Federal Antimonoply Service fiel die Strafzahlung allerdings sehr gering aus. Google muss lediglich 7,8 Millionen Dollar an den russischen Staat abführen.
Sollte die EU Google erneut zu einer Rekordstrafe verurteilen, bleibt dem Internetkonzern immer noch der Weg zu den europäischen Gerichten. Intel wehrt sich seit 2012 gegen seine Strafzahlung von 1,06 Milliarden Dollar.
Unterstützung für seine Beschwerde erhielt Intel im Oktober 2016 von Nils Wahl, Generalanwalt des EuGH. Er stellt in einem Gutachten infrage, dass die Geschäftspraktiken des US-Chipherstellers tatsächlich dem Wettbewerb geschadet haben. Inzwischen der der EuGH die Intel-Strafe aufgehoben.
Einzelne Punkte aus dem Verfahren könnten auch Google helfen, sich gegen einen Bescheid aus Brüssel zu wehren. Möglicherweise hilft auch die Trump-Regierung wie im Fall Apple.
Google wies die Bedenken der Regulierungsbehörden zurück, dass vorinstallierte und gebündelte Google-Anwendungen – wie Search und Chrome – Konkurrenten ausschließen und argumentieren, dass der Wettbewerb nur einen Download entfernt ist.
Marc Al-Hames, Geschäftsführer der mehrheitlich von Hubert Burda Media kontrollierten Cliqz GmbH hat sich in einer Presseaussendung zu dem Fall geäußert: „In der analogen Welt würde niemand auch nur auf die Idee kommen, einem mächtigen Konzern wie zum Beispiel Nestlé zu erlauben, die Infrastruktur und Ladeneinrichtungen fast aller Supermärkte zu übernehmen und diese dann den Supermarktbetreibern kostenlos zur Verfügung zu stellen unter der Bedingung, keine Nestlé-Konkurrenzprodukte anzubieten. Genau so etwas geschieht aber bislang in der digitalen Welt: Googles Mutterkonzern Alphabet schenkt Smartphone-Herstellern das Betriebssystem Android, gibt ihnen aber nur gebündelt mit dem Chrome-Browser und der Google-Suchmaschine Zugang zum Google Play Store. Die Entscheidung, eine Öffnung der marktbeherrschenden Android-Plattform für andere Anbieter zu erzwingen, ist längst überfällig. Wir fordern, dass die EU im nächsten Schritt der Praxis von Alphabet einen Riegel vorschiebt, Browser-Hersteller wie Mozilla mit Firefox und Apple mit Safari durch lukrative Verträge an seine Google-Suchmaschine zu binden. Alphabet kann als der mit Abstand größte Anbieter von Online-Werbung immer mehr zahlen als die Konkurrenz. Der Internetgigant nimmt weltweit über 100 Milliarden US-Dollar jährlich mit Ads ein. Davon entfällt der Löwenanteil auf Suchmaschinenwerbung. Deshalb lohnt es sich für Alphabet, jährlich über 20 Milliarden US-Dollar in ‚Traffic Acquisition Costs’ zur Sicherung und zum Ausbau seiner marktbeherrschenden Stellung zu investieren. Hier muss Europa endlich ein faires Wettbewerbsumfeld für alle Suchmaschinen schaffen.“
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