Der weltweite Absatz von Virtual-Reality-Headsets ist im 2. Quartal 2018 stark eingebrochen. Gegenüber dem Vergleichsquartal des Vorjahrs fiel er um 33,7 Prozent, meldet IDC. Dennoch sehen die Marktforscher das als nur einen vorübergehenden Rückschlag in einem Markt, der sich erst entwickelt.
Den stärksten Abschwung verzeichneten einfache Viewer ohne eigenes Display, bei denen ein Smartphone für die VR-Darstellung erforderlich ist. Diese relativ preisgünstige Kategorie hatte zuvor mit Angeboten von Herstellern wie Google und Samsung schnell wachsende Stückzahlen erlebt. Inzwischen aber ließ die Begeisterung der Käufer drastisch nach Der Absatz fiel von einer Million Headsets im zweiten Quartal 2017 um mehr als die Hälfte auf nur noch 409.000 im zweiten Quartal dieses Jahres.
Bei kabelgebundenen VR-Headsets hatten im letzten Jahr Preissenkungen der marktführenden Hersteller Oculus und Sony für verstärkte Nachfrage gesorgt. Damit lösten sie aber keinen anhaltenden Boom aus, vielmehr ging der Absatz der kabelgebundenen Geräte wie Oculus Rift und Playstation VR im zweiten Quartal 2018 um 37,3 Prozent zurück. Mit 111.000 Geräten an die Spitze der Kategorie kam HTC, was IDC auf sein Vive-Pro-Headset und den VR-App-Store Viveport mit zunehmend beliebtem Abonnementservice zurückführt.
Sogar einen prozentual hohen Zuwachs, wenn auch ausgehend von niedrigem Niveau, erlebten die eigenständigen und kabellosen VR-Headsets. Die Stückzahlen der Standalone-Geräte steigerten sich um 417,7 Prozent, hauptsächlich beflügelt durch die weltweite Verfügbarkeit von Oculus Go / Xiaomi Mi VR – beide produziert vom chinesischen Hersteller Xiaomi. Diese beiden Headset-Varianten sorgten zusammen für den Absatz von 212.000 Stück.
Für die kommenden Quartale sehen die Marktforscher Anzeichen für einen erneuten Aufschwung, begünstigt durch neue Produkte wie Oculus Go und HTC Vive Pro. „Eines der wesentlichen Probleme im VR-Markt besteht darin, dass es Verbrauchern immer noch schwer gemacht wird, ein VR-Headset auszuprobieren“, gibt Jitesh Ubrani allerdings zu bedenken, Research Analyst bei IDC Mobile Device Trackers.
In der Zwischenzeit ist laut IDC auch auf den vermehrten geschäftlichen Einsatz von VR-Headsets zu hoffen, etwa für Trainingszwecke in Unternehmen aller Größen. Im zweiten Quartal 2018 waren bereits rund 20 Prozent der Geräte für den geschäftlichen Bereich bestimmt, während es im Vorjahresquartal noch 14 Prozent waren. Mit diesem höheren Marktanteil war außerdem die Steigerung des durchschnittlichen Verkaufspreises von 333 Dollar auf 442 Dollar verbunden.
Ein Problem von Virtual Anwendungen auf aktueller Hardware stellt auch die niedrige Auflösung dar. Viele Nutzer nehmen diese als sogenannten Fliegengitter-Effekt war. Um diesem Problem zu begegnen, forschen die Firmen nach Lösungen. Googles Chef für Augmented und Virtual Reality Clay Bavor sagte letztes Jahr, dass man VR-Displays weiter entwickeln müsse, bis sie sich „ganz real“ anfühlen. Der Zeitpunkt scheint nun ein gutes Stück näherzukommen. Zusammen mit LG hat Google auf der Display Week 2018 eine Lösung vorgestellt, das sie als „das höchstauflösende Display der Welt“ bezeichnen.
In einem im Mai 2018 veröffentlichten Papier stellen die Forscher jedoch noch erhebliche Hürden fest, um eine Darstellung zu erreichen, die dem menschlichen Sehen sehr nahe kommt. Ein Headset müsste ein weites Sichtfeld (FoV) von über 100 Grad und ein Display mit einer Auflösung von 1000 bis 2200 Pixel pro Zoll und 15 bis 25 Millionen Pixel pro Auge bieten.
Selbst diese Spezifikationen kommen einem menschenähnlichen Sehsystem nicht nahe. Dies würde eine 160 Grad horizontale FoV und eine 150 Grad vertikale FoV erfordern. Eine Sehschärfe von 20/20 für dieses FoV würde ebenfalls 9600 x 9000 Pixel pro Auge erfordern.
Das 4,3-Zoll-Display, das LG und Google vor einigen Monaten entwickelt hatten, entspricht noch nicht ganz dieser Zielvorstellung. Es bietet ein 120 Grad horizontales und 96 Grad vertikales Sichtfeld sowie beeindruckende 4800 x 3840 Pixel pro Auge. Außerdem hat es eine Pixeldichte von 1443 Pixel pro Zoll und eine Bildwiederholrate von 120 Hz. Zum Vergleich: Das HTC-VR-Headset Vive Pro bietet dem Anwender ein wesentlich schärferes Bild als sein Vorgänger Vive, aber das Display verfügt „nur“ über 1400 x 1600 Pixel pro Auge.
Das Display von Google und LG wird den Sprung vom Labor zum Endverbraucher aber derzeit nicht schaffen. Google-Mitarbeiter Carlin Vieri sagte, dass dieses Projekt darauf abziele, „die Industrie voranzutreiben“. Zu diesem Zweck versuchten die Forscher, das Anzeigesystem so zu optimieren, dass es mit einigen realistischen Einschränkungen arbeitet, zum Beispiel, indem es von einem mobilen System mit einer Bildwiederholrate von 75 Hz oder 90 Hz betrieben wird.
„Wir haben ein OLED-Display mit einer sehr hohe Pixelanzahl (>18MP) und einer ultrahohen Pixeldichte (1443 ppi) für VR-Anwendungen entwickelt und hergestellt“, erklären die Forscher. „Dies ist das derzeit weltweit höchstauflösende OLED auf Glasdisplay. Um die hohen ppi-Anforderungen zu erfüllen, wurden weiße OLED-Materialien und Farbfilter verwendet, und eine LTPS-Backplane vom Typ n wurde verwendet, um die Anforderungen an die Panelansteuerung und das Image Ghosting zu erfüllen.
„Die Foveationslogik wurde in einem FPGA implementiert, um das auf einem mobilen Prozessor gerenderte Bild mit niedriger Bandbreite in den vom Display benötigten Strom mit hoher Bandbreite umzuwandeln. Das Ergebnis ist ein atemberaubendes visuelles Erlebnis in einem mobilen VR-System.“
Um die Limitierungen aktuelle Mobilprozessoren zu umgehen, haben die Forscher mehrer Techniken entwickelt. In diesem Zusammenhang sprechen sie von „foveation“ der aus zwei Teilen besteht: Foveated Rendering und Foveated Transport. Foveated Rendering ist eine Technik zur Reduzierung der Rendering-Berechnung im Grafikprozessor. Foveated Transport ist eine Technik zur Anordnung der gerenderten Pixeldaten für die Übertragung von der GPU zum Display. Die Anzeigelogik verarbeitet dann die Bilddaten der verschiedenen Regionen, um ein Bild mit der nativen Pixelzahl des Displays zu erzeugen.
Ein konventionelles (unfoveated) Bild wird typischerweise als serialisiertes Raster mit horizontalen und vertikalen Ausblendbereichen gesendet. In einem foveierten System müssen mehrere Regionen mit unterschiedlichen Auflösungen gerendert und übertragen werden. In dem von Google und LG entwickelten System werden die Regionen am Grafikprozessor zu einem einzigen Bildrahmen mit einer nicht standardmäßigen Pixelanzahl zusammengefügt, zusammen mit einigen Bytes Bildmetadaten zur direkten Bildrekonstruktion und Ausblendung von Regionen.
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