Mozilla kritisiert Microsofts Aufgabe seiner eigenen Browsertechnik in Microsoft Edge zugunsten von Chromium – Unterbau von Googles marktführendem Browser Chrome – und befürchtet eine Monokultur. „Das macht Mozillas Rolle mit dem einzigen unabhängigen Angebot noch wichtiger“, betonte ein Sprecher des Firefox-Herstellers. „Wir werden nicht hinnehmen, dass Googles Umsetzung des Webs die einzige Wahlmöglichkeit für Verbraucher sein soll. Vor allem deshalb haben wir Firefox geschaffen, und wir werden immer für ein wirklich offenes Web kämpfen.“
Google hingegen beschrieb sich selbst als einen „Champion des offenen Webs seit seinem Beginn“ und hieß „Microsoft willkommen in der Community der Mitwirkenden an Chromium“. Der Suchkonzern freue sich auf die Zusammenarbeit mit Microsoft. Auch ein Sprecher von Opera – das wie eine Reihe von Browser-Herstellern einschließlich Vivaldi und Samsung ebenfalls bereits auf Chromium setzt – äußerte sich erfreut: „Microsoft scheint hier in die Fußstapfen Operas zu treten. Der Wechsel zu Chromium gehört zu einer von Opera 2012 erfolgreich angewandten Strategie.“
Microsoft reagiert mit seiner Entscheidung offenbar darauf, dass die Anwender seinen vor drei Jahren eingeführten Windows-10-Standardbrowser nicht annahmen. Sie zogen vielmehr insbesondere Chrome vor, der auf dem Open-Source-Projekt Chromium und dem HTML-Renderer Blink basiert. Während Chrome heute über 60 Prozent des weltweiten Browsermarkts hält, verharrt Edge zwischen 2 und 4 Prozent – und auch nur eine bescheidene Minderheit der Windows-10-Nutzer belässt es bei Edge als ihrem Standard-Browser.
Die Chromium-Basis stellt somit wie einst Microsofts IE6 einen Standard dar, an dem Webentwickler nicht vorbeikommen und für den sie ihre Sites optimieren. Zudem ist Blink ein Fork von WebKit, das als Rendering-Engine des Apple-Browsers Safari dient – und daher eng mit diesem verwandt. Wenn auch noch Microsoft hinzukommt, könnte diese Basis eine Dominanz von mehr als 90 Prozent erreichen – mit der Folge, dass Website-Entwickler alles andere ignorieren.
„Indem Microsoft Chromium einsetzt, überlässt es Google die Kontrolle eines sogar noch größeren Teils unseres Online-Lebens“, schreibt Mozilla-CEO Chris Beard in einem Blogeintrag. Er sieht die „Browser-Engines“ Chromium von Google und Gecko Quantum von Mozilla als Softwareprodukte, die wesentlich über das bestimmen, was ein jeder Nutzer online tun kann. „Sie bestimmen grundlegende Fähigkeiten wie die, was wir als Verbraucher sehen können, wie sicher wir während der Betrachtung von Inhalten sind und was Services mit uns machen können.“
Von einem geschäftlichen Standpunkt aus kann Beard Microsofts Entscheidung nachvollziehen. Aus gesellschaftlicher und staatsbürgerlicher Sicht aber sei es furchtbar, Google als einem einzelnen Unternehmen die Kontrolle über grundlegende Online-Infrastruktur zu überlassen. Deshalb gebe es Mozilla: „Wir konkurrieren nicht mit Google, weil es eine gute geschäftliche Chance ist. Wir konkurrieren mit Google, weil die Gesundheit des Internets und Online-Lebens von Wettbewerb und Wahlmöglichkeiten abhängen.“
Der Mozilla-Chef appelliert deshalb an die Nutzer anderer Browser, es mit Firefox als einem Browser zu versuchen, der in den letzten 18 Monaten drastisch verbessert und schneller wurde. Er sieht vor allem als Gefahr, dass ein Produkt wie Chromium einen so dominierenden Marktanteil erhält, dass es für Webentwickler und Unternehmen keine Rolle mehr spielt, ob ihre Services und Sites mit etwas anderem als Chromium funktionieren. „So ist es gelaufen, als Microsoft in den frühen 2000ern ein Browser-Monopol hatte – bevor Firefox veröffentlicht wurde. Und es könnte erneut geschehen.“
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