Qualcomm hat die zur Durchsetzung des Verkaufsverbot bestimmter iPhone-Modelle vom Gericht geforderte Sicherheit in Form einer Wertpapierbürgschaft in Höhe von 1,34 Milliarden Euro bereitgestellt. Apple hatte bereits mitgeteilt, dass es die fraglichen Modelle nicht mehr in seinen Geschäften anbietet. In seinen Online-Stores sind die vom Verkaufsverbot betroffenen Modelle seit heute nicht mehr verfügbar. Qualcomm besteht weiterhin darauf, dass auch die von Händlern angebotenen Varianten nicht mehr verkauft werden dürfen. Das sieht Apple anders und verweist darauf, dass die fraglichen iPhones nach wie vor in Geschäften von Mobilfunkanbietern verfügbar seien. Apple hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.
Qualcomm hat in einer Pressemitteilung weitere Details zu dem gestrigen Urteil (siehe unten) bekanntgegeben. Demnach will der Chiphersteller die vom Gericht geforderte Sicherheit in Höhe 668 Millionen Euro innerhalb weniger Tage bereitstellen, sodass das Urteil rechtskräftig wird.
Qualcomm teilt weiter mit, dass der Antrag von Apple beim Gericht auf Aussetzung der einstweiligen Verfügung abgelehnt wurde. Das Gericht hat auch festgestellt, dass Apple zu Schadenersatz verpflichtet ist, dessen Höhe zu einem späteren Zeitpunkt noch festzulegen ist. Das Gericht habe auch dem Antrag von Qualcomm auf Verbuchung der mit allen Verkäufen verbundenen Details, einschließlich der Einnahmen und Gewinne der betroffenen Geräte in Deutschland von allen Händlern in Deutschland stattgegeben.
Qualcomm hat beim Landgericht München einen Etappensieg gegen Apple erzielt, mit dem es seit Jahren in juristische Auseinandersetzungen verstrickt ist. Das Urteil erlaubt Qualcomm, einen Verkaufsstopp für bestimmte iPhones durchzusetzen – was allerdings an Bedingungen geknüpft ist. Laut Reuters müsste Qualcomm als Voraussetzung eines Verkaufsverbots schon für einzelne Urteilsbestandteile eine Sicherheit von 668 Millionen Euro hinterlegen – für den Fall der Niederlage in einer höheren Instanz und dann fälligem Schadenersatz. Der Patentstreit geht außerdem mit mehreren Verfahren auch vor deutschen Gerichten weiter.
Apple will zumindest während des laufenden Berufungsverfahrens darauf verzichten, die älteren Modelle iPhone 7 und iPhone 8 in seinen 15 eigenen Stores in Deutschland zu verkaufen. Im Angebot dieser Läden bleiben jedoch die aktuellen Modelle iPhone XS, iPhone XS Max sowie iPhone XR. Außerdem sollen alle iPhone-Modelle weiterhin auch in Deutschland über Mobilfunkanbieter und Drittanbieter erhältlich sein.
Die Entscheidung des Münchner Gerichts erging zu einer in iPhones verbauten Kombination von Chips, die von Intel sowie Apple-Zulieferer Qorvo stammen. Damit soll Apple ein Qualcomm-Patent für Mobiltelefone rund um Envelope tracking (ET) verletzen, das beim Senden und Empfangen von Funksignalen hilft, Energie zu sparen und den Akku zu schonen.
„Qualcomms Kampagne ist ein verzweifelter Versuch, von den wirklichen Streitfällen zwischen unseren Unternehmen abzulenken“, heißt es in einer Stellungnahme des iPhone-Herstellers. Er wirft Qualcomm Taktiken im Gerichtssaal wie im alltäglichen Geschäftsgebaren vor, die Innovation behindern und den Verbrauchern schaden. Damit bezieht sich Apple auf kartellrechtliche Vorwürfe: „Qualcomm besteht darauf, exorbitante Gebühren zu berechnen für Arbeit, die es nicht geleistet hat, und ist deshalb weltweit Gegenstand behördlicher Untersuchungen.“
„Qualcomms Ziel besteht nicht darin, seine geistigen Eigentumsrechte zu verteidigen“, kommentierte Intels Chefjustiziar Steven Rodgers. „Es will vielmehr den Wettbewerb im Markt von Premium-Modemchips verhindern und ein Geschäftsmodell rechtfertigen, das letztendlich den Verbrauchern schadet.“
Ausgangspunkt der Streitigkeiten waren kartellrechtliche Vorwürfe gegen Qualcomm, dem Apple einen Missbrauch seiner Marktmacht vorwirft. Die Umsätze des Chipherstellers beruhen nicht nur auf den von ihm gelieferten Komponenten, sondern bislang auch ganz wesentlich auf Lizenzeinnahmen für Patente, an denen Smartphonehersteller nicht vorbeikommen. Das US-Unternehmen besitzt zahlreiche Patente für Techniken, die zu Mobilfunkstandards gehören – und soll den Verkauf seiner Chips an die Lizenzierung bestimmter Technologien knüpfen. „Über viele Jahre hat Qualcomm unfairerweise darauf bestanden, Gebühren für Technologien zu berechnen, die nichts mit uns zu tun haben“, lautet Apples schon länger erhobener Vorwurf. Qualcomm verlange sogar grundlos auch Lizenzen für “einmalige Funktionen” wie TouchID, fortschrittliche Displays und Kameras, die Apple entwickelt habe.
Der langjährige Streit sorgt jetzt vor allem für Schlagzeilen mit patentrechtlichen Verfahren, die selbst ein Patentblogger eher für einen Nebenschauplatz hält. Besonders erbittert werden diese auch in den USA und China geführt, wobei Qualcomm in den USA bislang weniger erfolgreich damit war. In China hingegen konnte Qualcomm ein gerichtliches Verkaufsverbot für ältere iPhone-Modelle erreichen, das laut Apple aber durch ein Softwareupdate gegenstandslos wurde.
Das Landgericht München I hat heute in 2 Verfahren die Apple Inc. (US-amerikanische Gesellschaft mit Sitz in Kalifornien und Mutterunternehmen der Apple-Gruppe), nebst einem Tochterunternehmen (Apple Distribution International ULC mit Sitz in Irland) und der Betreiberin der physischen Retail Stores in Deutschland (Apple Retail Germany B.V. & Co. KG) wegen der Verletzung des Europäischen Patents 2 724 461 („Stromversorgung für elektrische Verstärker“) der Qualcomm Inc. verurteilt (7 O 10495/17 und 7 O 10496/17).
Durch die Urteile ist faktisch u.a. das Anbieten und Inverkehrbringen von nicht lizenzierten Ausführungsformen in der BRD verboten, also auch der Verkauf. Davon sind jedenfalls die iPhones 7plus, 7, 8, 8plus und X betroffen. Die Klägerin darf aus den Urteilen nach Leistung einer Sicherheit in Höhe von jeweils 668,4 Mio. € auch vor Rechtskraft der Urteile gegen die Beklagtenseite vorgehen („vorläufige Vollstreckbarkeit“). Ob die Klägerin diese Sicherheiten leistet und vorläufig vollstreckt, entscheidet die Klägerin ohne weitere Mitwirkung des Landgerichts München I.
Maßgeblich für die Patentverletzung ist ein Chip eines Zulieferers der Beklagtenseite, der in den vorgenannten iPhone-Modellen verbaut ist. Wie der Chip tatsächlich funktioniert, war zwischen den Parteien streitig, nach Auffassung der 7. Zivilkammer aus zivilprozessualen Gründen gleichwohl nicht aufzuklären. Die Kammer hatte ihrer Entscheidung vielmehr aus prozessualen Gründen zugrunde zu legen, dass der Chip so funktioniert, wie die Klägerin es behauptet (siehe hierzu die Ziff.II „Zum Hintergrund“ in dieser Pressemitteilung). Daher durften nach Auffassung der Kammer weder Zeugen gehört werden, die zum letzten Termin – ohne Ladung des Gerichts – von der Beklagtenseite mitgebracht worden waren, noch durfte die Kammer die Schaltpläne des angegriffenen Chips näher untersuchen lassen.
Bei Zugrundelegung der von der Klägerin behaupteten Funktionsweise ist das Kla-gepatent verletzt, insbesondere die drei Voraussetzungen („Merkmale“) des Klagepatents, die zwischen den Parteien streitig waren. Weil der Sachvortrag der Parteien technisch sehr komplex war, hat sich das Gericht im letzten Termin, am 8.11.2018, von Herrn Prof. Dr. van Waasen als gerichtlich bestellten Sachverständigen unterstützen lassen. Er hat die Kammer in ihrem technischen Verständnis bestätigt.
Die Kammer hat in den Klagen keine Kartellrechtsverletzung erkannt, insb. keinen Verstoß gegen die Entscheidung der EU-Kommission Case AT.40220 (PM vom 24.01.2018 hier). Auch die Berufung der Beklagtenseite auf bestehende Lizenzierungen ihrer Zulieferer hatte keinen Erfolg. Ebenso wenig folgte die Kammer der Beklagtenseite in ihren Aussetzungsanträgen wegen u.a. eines Einspruchsverfahrens gegen das Patent.
Die Sicherheitsleistung fiel in beiden Verfahren relativ hoch aus, weil die Beklagtenseite dargelegt hat, wegen der Rückruf- und Vernichtungsansprüche sowie des Verkaufsverbots hohe Einbußen an (vergangenem und künftigem) Umsatz zu erleiden.
Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Die Beklagtenseite kann Berufung zum OLG München einlegen.
Zum Hintergrund:
I. Im Einzelnen hat das Gericht gegen die Beklagtenseite ein Unterlassungsgebot ausgesprochen, nicht lizenzierte Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen. Wegen derartiger bereits erfolgter Handlungen muss die Beklagtenseite Auskunft erteilen und Rech-nung legen. Sie muss verletzende Ausführungsformen in ihrem Besitz vernichten, und von Dritten zurückrufen und vernichten. Ausgesprochen wurde auch, dass die Beklagtenseite der Klägerin dem Grunde nach Schadensersatz leisten muss, wobei noch nicht feststeht, in welcher Höhe ein Scha-densersatzanspruch besteht. Der Vorbereitung eines Schadensersatzprozesses dienen Auskunft und Rechnungslegung.
II. Anders als beispielsweise im Strafrecht, wo der Untersuchungsgrundsatz gilt und das Gericht von sich aus Tatsachen zu ermitteln hat (Amtsermittlung), gilt im Zivilprozess der Beibringungs- oder Verhandlungsgrundsatz. Er besagt, dass die Parteien dem Gericht die Tatsachen vortragen müssen, auf die das Gericht seine Entscheidung stützen soll. Sind diese Tatsachen streitig, muss das Gericht hierzu Beweis erheben. Sind die Tatsachen unstreitig oder nicht hinreichend bestritten, darf das Gericht keinen Beweis erheben. In der Praxis bedeutet dieser Grundsatz, dass Tatsachen, die beispielsweise von Klägerseite mit hinreichender Detailtiefe („substantiiert“) vorgetragen wurden, ebenso substantiiert von der Beklagtenseite bestritten werden müssen. Das ist Standard im Zivilpro-zess, im hiesigen Fall bestanden indes einige Besonderheiten: Die Klägerin konnte in Ermangelung der ursprünglichen Schaltpläne des Chip-Herstellers zu der Funktionsweise des Chips nur anhand eines Teardown-Reports vortragen, den sie anhand eines reverse engineering-Prozesses hatte er-stellen lassen. Ein Teardown-Report kann Ungenauigkeiten aufweisen. Die Kammer ging aber aus prozessualen Gründen davon aus, dass der Klägerin mehr nicht abverlangt werden konnte, weil die Schaltpläne des Zulieferers nicht öffentlich zugänglich sind. Die Beklagtenseite bestritt zwar, dass der Chip so funktioniere, wie es die Klägerin behauptete, sah sich aber wegen Geheimhaltungsinte-ressen ihres Zulieferers außerstande vorzutragen, wie der Chip denn stattdessen funktioniere. Das aber wäre nach Auffassung der Kammer für ein ausreichendes Bestreiten erforderlich gewesen.
Weil es an diesem substantiierten Vortrag fehlte, musste die Kammer die Ausführungen der Klägerin zur Funktionsweise des Chips unterstellen und durfte diese nicht näher aufklären. Eine Beweiser-hebung auf der Grundlage eines nicht ausreichenden Vortrags ist eine sogenannte Ausforschung und kann die gegnerische Seite (hier die Klägerin) in ihren Rechten verletzen. Daher ist bei der Prüfung, ob Beweise zu erheben sind, der Vortrag beider Seiten genau zu untersuchen. Bei dieser Prüfung unterstützte Prof. Dr. van Waasen als gerichtlich bestellter Sachverständiger das Gericht.
III. Vor dem Landgericht München I werden im März 2019 zwei weitere Verfahren der Klägerin gegen die Beklagtenseite wegen der behaupteten Verletzung des Europäischen Patents EP 1 988 602 „mo-nopolähnliche Antenne“ verhandelt (führendes Aktenzeichen 7 O 7358/18).
In 2 Verfahren betreffend das Europäische Patent 1 199 750 B1 („Postpassivierungsstruktur“) zwi-schen denselben Parteien ergingen unter dem 11.10.2018 klageabweisende Urteile. Diese sind noch nicht rechtskräftig (führendes Aktenzeichen 7 O 14453/17).
Verkündungstermine in 8 weiteren Verfahren, ebenfalls zwischen den hiesigen Parteien, betreffend die Europäischen Patente 1 955 529, 3 094 067, 1 956 806 und 3 054 658 wurden mit heutigem Beschluss auf den 31.01.2019 verschoben (führendes Aktenzeichen 7 O 14454/17).
Der Cybersecurity Report von Hornetsecurity stuft 2,3 Prozent der Inhalte gar als bösartig ein. Die…
Die Hintermänner haben es auf Zugangsdaten zu Microsoft Azure abgesehen. Die Kampagne ist bis mindestens…
Cloud-Plattform für elektronische Beschaffungsprozesse mit automatisierter Abwicklung elektronischer Rechnungen.
Mindestens eine Schwachstelle erlaubt eine Remotecodeausführung. Dem Entdecker zahlt Google eine besonders hohe Belohnung von…
Nur rund die Hälfte schaltet während der Feiertage komplett vom Job ab. Die anderen sind…
Security-Experten von Check Point sind einer neuen Angriffsart auf die Spur gekommen, die E-Mail-Schutzmaßnahmen umgehen…