IBM hat mit seinem Q System One ein integriertes System für Quantum-Computing vorgestellt, das über die Cloud von Firmen und Forschungseinrichtungen nutzbar ist. Auf der CES 2019 zeigt der Hersteller dazu eine Nachbildung des Systems. Er kündigte außerdem die Eröffnung eines Q Quantum Computation Center für kommerzielle Kunden im US-Bundesstaat New York an, in dem eine noch nicht bestimmte Zahl von Quantenrechnern untergebracht werden soll.
Als neue Teilnehmer des IBM Q Network wurden weltweit führende Forschungseinrichtungen wie das Argonne National Laboratory, Fermilab und das Lawrence Berkeley National Laboratory genannt. „Während sie die praktischen Anwendungen für das Quantum-Computing ausloten, ist die Zusammenarbeit mit Unternehmen und Organisationen verschiedener Branchen und Disziplinen wesentlich“, lässt sich dazu Bob Sutor zitieren, als Vice President für die IBM-Q-Strategie verantwortlich.
Diese Organisationen erhalten cloudbasierten Zugang zu IBM-Q-Systemen und sollen direkt mit Wissenschaftlern, Ingenieuren und Beratern von IBM arbeiten, um Quantum-Computing zu erforschen. Mit ExxonMobil ist der erste Energiekonzern dabei und will damit Probleme angehen, die rechnerisch schwierig zu lösen sind. CERN, die Europäische Organisation für Kernforschung, will herausfinden, inwieweit Quantencomputer geeignet sind, das wissenschaftliche Verständnis des Universums voranzubringen. Die Forscher wollen Quantum-Maschinenlernen-Technik einsetzen, um durch den Large Hadron Collider erzeugte Teilchenkollissionen zu klassifizieren.
IBM Q System One ist ein 20-Qubit-System, dessen Stabilität der Hersteller herausstellt. Er bezeichnet es als das „weltweit erste voll integrierte universelle Quantum-Computing-System, das für wissenschaftliche und kommerzielle Nutzung geschaffen wurde“. Der Quantencomputer beeindruckt auch äußerlich. Es befindet sich in einem drei Meter hohen und luftdicht abgeschlossenen Würfel aus Borosilikatglas. Der Rechner selbst ist zusätzlich isoliert und wie schwebend an der Decke aufgehängt. Das dient nicht nur dem ästhetischen Design, vielmehr ist die empfindliche Elektronik auf die kontrollierte Umgebungstemperatur angewiesen.
Quantencomputer arbeiten im Gegensatz zu den heute gebräuchlichen Digitalrechnern nach den Gesetzen der Quantenmechanik und nicht auf Basis der Gesetze der klassischen Physik und Informatik. Wichtigster Unterschied ist, dass ein Quanten-Bit (Qubit) nicht nur die Zustände „0“ und „1“ kennt, sondern auch beliebige Überlagerungszustände von 0 und 1 zugelassen sind.
Das könnte millionenfache parallele Berechnungen erlauben und dem Quantencomputer einen kaum vorstellbaren Leistungsvorsprung gegenüber herkömmlicher Computertechnik verschaffen. Quantencomputing basiert auf der Quantentheorie und verwendet subatomare Partikel zur Datenspeicherung. Entsprechende Computer sollen deutlich schneller arbeiten als heutige Systeme und jegliche Aufgaben berechnen können. Forschung zu Quantenrechnern betreiben unter anderem auch Microsoft, Intel und weitere Unternehmen. Im letzten Jahr meldete Google einen Durchbruch beim Quantencomputing mit einem 72-Qubit-Rechner.
Durch diese neue Rechenarchitektur könnten beispielsweise in Sekundenbruchteilen sehr starke Verschlüsselungen geknackt werden. Zudem sind damit Simulationen möglich, die sich mit einem klassischen Rechner nicht nachbilden lassen, was für die Entwicklung von Medikamenten oder neuen Materialien einen erheblichen Vorteil verspricht. Auch autonome Systeme oder künstliche Intelligenz könnten von Quantencomputing profitieren.
Noch nicht als wirklich praktisch einsetzbaren Quantenrechner sieht allerdings Winfried Hensinger, Professor für Quantentechnologien an der University of Sussex, das IBM Q System One. „Stellen Sie sich das nicht als einen Quantencomputer vor, der all die Probleme lösen kann, wie es von Quantum-Computing erwartet wird“, sagte er gegenüber The Verge. „Stellen Sie es sich als eine Prototyp-Maschine vor, die es erlaubt, einige Anwendungen zu erproben und weiterzuentwickeln, die sich in der Zukunft als nützlich erweisen könnten.“
Auch Duncan Jones, Forschungsleiter von Thales eSecurity, sieht 2019 noch nicht als das Quantum-Jahr – aber doch als das Jahr, um sich darauf vorzubereiten. Er führt einige Experten an, die davon ausgehen, dass es nie zu einer groß angelegten Implementierung von Quantum-Computing kommen wird. Andererseits sei aber auch ein plötzlicher Durchbruch nicht auszuschließen – und deshalb eine umfassende Vorbereitung ebenso notwendig wie ein gutes Verständnis der Technologie.
Duncan verweist auf von Quantencomputern ausgehende Gefahren für die IT-Sicherheit, da Informationssysteme heute nur deshalb sicher sind, weil moderne Computer bestimmte mathematische Probleme nicht lösen können. Ein ausreichend leistungsfähiger Quantencomputer aber bedeute, dass wesentliche kryptographische Technologien unsicher werden. „Niemand kann mit Bestimmtheit sagen, wann ein ausreichend leistungsfähiger Quantencomputer existieren wird“, argumentiert der Sicherheitsexperte. „Also müssen alle Sicherheitssysteme vor diesem ungewissen Zeitpunkt mit Algorithmen aktualisiert werden, die stark genug sind, Angriffe abzuwehren, die entweder von klassischen Computern oder von Quantencomputern ausgehen.“
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