Das Kammergericht Berlin hat eine von drei einstweiligen Verfügungen gegen die Bloggerin und Instagram-Influencerin Vreni Frost aufgehoben. Obwohl nur ein Teilerfolg für die Beklagte, schafft das Urteil mehr Rechtssicherheit vor dem Hintergrund einer Abmahnwelle durch den Verband Sozialer Wettbewerb.
Die Urteilsbegründung führt aus, dass nicht alle im Internet veröffentlichten Beiträge eines Influencers generell als Werbung zu kennzeichnen sind, nur weil sie Links zu Produktanbietern enthalten. Im Einzelfall sei vielmehr zu überprüfen, ob es sich nicht um redaktionelle Beiträge handelt. Ausdrücklich stellen die Richter dabei fest, dass Meinungsfreiheit nicht vom Gegenstand der Berichterstattung abhängt. Berichte über Modetrends seien nicht weniger schützenswert als Berichte über gesellschafts- und tagespolitische Themen.
Die Bloggerin hatte eidesstattlich versichert, dass sie für die in den fraglichen Beiträgen getragene Kleidung nicht bezahlt wurde, und Rechnungen für die selbst gekauften Produkte vorgelegt. Zudem konnte sie darauf verweisen, dass sie bezahlte Postings stets als Werbung kenntlich gemacht hatte. Das Gericht kam bei seiner Prüfung zum Schluss, dass der Beitrag tatsächlich redaktionell und meinungsbildend war. Zwei weiteren Postings maßen sie allerdings keinen Informationsgehalt zu, der die Verlinkung zu den Unternehmen rechtfertigte, und sahen in ihnen daher weiterhin einen Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG).
Als „Riesenschritt in Richtung Transparenz und Rechtssicherheit“ begrüßte Vreni Frost das Urteil im Gespräch mit Horizont. „Das Gericht hat nicht nur mir, sondern der ganzen Branche einen fairen Weg geebnet, um die Werbekennzeichnung in Zukunft sinnvoll einzusetzen.“
Frost kommt aus der PR-Branche, möchte lieber nicht Influencerin genannt werden und findet auch Instagram nicht immer gut, obwohl dort sehr aktiv. Sie betreibt seit bald zehn Jahren den Blog Neverever.me und stellt sich dort als Maître d’Internet und Sinnfluencer vor.
Aus dem Urteil folgt für sie und andere im Influencer-Marketing-Geschäft, dass sie nicht mehr pauschal all ihre Beiträge als Werbung kennzeichnen müssen. „Damit ist klar: Auch, wenn man keine Gegenleistung für die Erwähnung einer Marke oder eines Unternehmens erhalten hat, kann im Einzelfall das Setzen eines Links immer noch als Werbung zu qualifizieren sein“, kommentiert Rechtsanwalt Christian Solmecke „Umgekehrt führt aber nicht jede Verlinkung dazu, dass ein Beitrag als Werbung zu kennzeichnen sein soll. Letztlich kommt es darauf an, ob es einen Grund gibt, aus dem eine Marke verlinkt wird. Influencer sollten dies in ihrem Post zukünftig deutlich machen.“
Auf Nachfrage von ZDNet.de, ob das Urteil nur für Influencer oder auch für Presserzeugnisse gelte, sagte RA Solmecke: „Das Urteil betrifft allgemein das UWG – dieses haben auch andere Anbieter zu beachten. Grundsätzlich ist immer im Einzelfall zu prüfen, ob in einem konkreten Einzelfall das Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Teil beachtet wurde. Allerdings gibt es mehrere Gründe, die vermuten lassen, dass diese konkrete Rechtsprechung in der Praxis eher für Influencer angewendet werden wird als für Presseerzeugnisse. Während es in der Fernsehwerbung sogar eine rechtliche Privilegierung für die Kennzeichnung von Werbung gibt (weil hier nicht so viel Zeit ist, alle Infos preiszugeben), existiert diese in Presseerzeugnissen zwar nicht generell. Dennoch lässt sich eine Tendenz der Rechtsprechung dahingehend beobachten, dass Presseverlage mehr Freiheiten haben, wenn sie auf kommerzielle Inhalte verlinken. Hier scheinen die Gerichte per se einen Schwerpunkt beim Redaktionellen zu sehen. Bei Influencern ist es genau umgekehrt: Hier scheint eine Art „Generalverdacht“ für die Werbung zu bestehen. Dies wurde in der Vorinstanz noch sehr deutlich, beim KG Berlin scheint dies immer noch durch. Diese Ungleichbehandlung haben Influencer immer wieder kritisiert. Möglicherweise wird der BGH sich damit befassen müssen.
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