Huawei verklagt US-Regierung

Der chinesische Telekommunikationskonzern Huawei hat bei einem Gericht in Texas Klage gegen die US-Regierung eingereicht. Damit will der Hersteller von Mobilfunktechnologien und Smartphones das von der US-Regierung verhängte Verbot der Huawei-Produkte aufheben.

Das gab das Unternehmen am Donnerstag auf einer Pressekonferenz am Hauptsitz in Shenzhen, China, bekannt. Die Klage wurde vor dem US-Bezirksgericht im östlichen Bezirk von Texas mit Hauptsitz in Plano erhoben. In Bezug auf die Klage sagte der stellvertretende Vorsitzende von Huawei, Guo Ping, dass der US-Kongress „keine Beweise“ für sein Verbot von Huawei-Produkten und -Ausrüstungen vorgelegt habe und somit die Entscheidung „verfassungswidrig“ sei.

Deutschland plant derzeit, Huawei nicht vom bevorstehenden 5G-Ausbau auszuschließen. Erst letztes Jahr hatte der chinesische Telekommunikationskonzern sein Huawei Security Innovation Lab in Bonn eröffnet. Zur Einweihung durfte Huaweis Vorstandsvorsitzender Ken Hu Bonns Stadtdirektor Wolfgang Fuchs und BSI-Präsident Arne Schönbohm begrüßen (Bild: Huawei).

„Das Verbot hindert uns daran, unsere US-Kunden zu bedienen, schadet unserem Ruf und nimmt uns die Möglichkeit, Kunden außerhalb der USA zu bedienen“, sagte Guo. „Es verstößt gegen die Trennung von Machtprinzipien, bricht US-Rechtstraditionen und verstößt gegen die Natur der US-Verfassung. Huawei ist bereit, diese Klage als angemessenes und letztes Mittel einzureichen.“

„Die US-Regierung hat Huawei seit langem als Bedrohung bezeichnet. Es hat unsere Server gehackt und unsere E-Mails und unseren Quellcode gestohlen“, sagte Guo Ping. „Dennoch hat die US-Regierung nie Beweise für ihre Anschuldigungen geliefert, dass Huawei eine Bedrohung für die Cybersicherheit darstellt.

„Dennoch unternimmt die US-Regierung alle Anstrengungen, um das Unternehmen zu beschimpfen und die Öffentlichkeit über Huawei irrezuführen. Schlimmer noch, die US-Regierung versucht, uns von den 5G-Märkten in anderen Ländern abzuhalten.“

„Wir sind gezwungen, diese rechtliche Maßnahme als angemessenes und letztes Mittel zu ergreifen. Wir freuen uns auf das Urteil des Gerichts und hoffen, dass es sowohl Huawei als auch dem amerikanischen Volk zugute kommen wird.“

In dem Rechtsstreit geht es um die Ergänzung des National Defense Authorization Act (NDAA), den Präsident Donald Trump im vergangenen Jahr unterzeichnet hat. Das Gesetz verbietet es der US-Regierung und ihren Auftragnehmern, bestimmte Telekommunikations- und Videoüberwachungsgeräte von Huawei sowie einer Handvoll anderer chinesischer Kommunikationsunternehmen, darunter ZTE, zu kaufen. Das Verbot gilt für Komponenten und Dienstleistungen, die für ein Regierungssystem als „wesentlich“ oder „kritisch“ erachtet werden.

John Suffolk, Global Cybersecurity and Privacy Officer von Huawei, betonte, dass in den letzten Jahren, als Malware-Angriffe wie Petya und WannaCry eine globale Bedrohung darstellten, „nichts davon von Huawei kam“.

„Die globale Lieferkette generiert viele tausend Schwächen und Schwachstellen“, sagte Suffolk. „Allein in den Jahren 2017 und 2018 gab es 30.000 solcher veröffentlichten Schwachstellen von Unternehmen. Neun der zehn größten Organisationen, die Schwachstellen veröffentlichen, waren amerikanische Unternehmen.“

Der Chief Legal Officer von Huawei, Song Liuping, stellte auch fest, dass Huawei keine Gelegenheit hatte, sein „ausgezeichnetes Sicherheitsniveau“ zu verteidigen, da das Verbot ohne ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren in Kraft getreten war.

„Huawei hatte noch nie die Möglichkeit, seine Ankläger zu überprüfen…. Der US-Kongress hat einfach als Gesetzgeber, Staatsanwalt und Geschworener gleichzeitig angegriffen, im Widerspruch zur amerikanischen Verfassung“, sagte Song. Huawei beantragt eine dauerhafte einstweilige Verfügung über die Beschränkungen der NDAA und ein deklaratorisches Urteil, dass die Beschränkungen verfassungswidrig sind.

„Wir sind bereit, mit dem US-Präsidenten und seiner Regierung zusammenzuarbeiten, um eine Lösung zu finden, bei der Huawei-Produkte für das amerikanische Volk verfügbar sind und die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten vollständig geschützt ist“, sagte Song.

Viele Vorwürfe, keine Beweise

Die US-Behörden werfen Huawei unter anderem vor, dass sie gesetzlich verpflichtet seien, auf Geheiß der Regierung Daten aus seinen Netzwerken auszuhändigen. Das stelle ein Sicherheitsrisiko dar und würde die nationale Sicherheit der USA und seiner Verbündeten bedrohen. Dabei vergessen die USA offensichtlich, dass sie mit dem Patriot Act wie die chinesische Regierung ebenfalls über ein Gesetz verfügt, das US-Unternehmen zur Herausgabe von Daten verpflichtet.

Dass US-Behörden außerdem zahlreiche Geräte amerikanischer Hersteller in der Vergangenheit mit Hintertüren versahen, erwähnen die US-Geheimdienste in ihren Warnungen vor Huawei nicht. Unerwähnt bleibt auch, dass eine vom Weißen Haus 2012 beauftragte Risikostudie keine Beweise für Spionagesoftware in Huawei-Produkten fand. Trotzdem belasteten die Vorwürfe die Beziehung zwischen dem chinesischen Konzern und den USA, was schließlich 2013 zum Rückzug von Huawei aus dem US-Markt führte.

Hierzulande untersucht das BSI Hard- und Software auf mögliche Sicherheitslücken. BSI-Präsident Arne Schönbohm sieht derzeit keinen Anlass für einen Huawei-Boykott. „Für so gravierende Entscheidungen wie einen Bann braucht man Belege“, sagte der BSI-Chef im Dezember, diese lägen seiner Behörde nicht vor.

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Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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