Im Herbst 2018 hatte Google das Aus seines als Konkurrent zu Facebook im Juni 2011 gestarteten sozialen Netzwerks verkündet – angeblich wegen einer Datenpanne. Ginge es immer danach wäre Facebook schon vor Jahren eingestellt worden. Die Gründe für das Aus der nach wie vor von Millionen Menschen genutzten Facebook-Alternative dürften woanders zu suchen sein.
Googles Dienste dienen dem Unternehmen einzig und alleine dem Erwerb von Nutzerdaten, die es in Form von Online-Werbung gezielt einsetzen kann. Die Einnahmen aus Online-Werbung liegen, trotz aller Anstrengungen, sich davon unabhängig zu machen, im letzten Quartal bei 83 Prozent. Damit ist klar: Google ist in erster Linie ein Werbeunternehmen.
Um Werbeeinnahmen zu erzielen, benötigt Google also Dienste mit denen es Geld verdient. Mit Google+ hat das Unternehmen aber keine Werbeeinnahmen erwirtschaftet. Damit war das soziale Netzwerk für das Unternehmen nutzlos, zumal es auch Facebook nicht den Wind aus den Segeln nehmen konnte und den Aufstieg des Unternehmens von Mark Zuckerberg als Konkurrent im Online-Werbemarkt nicht verhindern konnte. Die heutige Einstellung von Google+ ist also für Google folgerichtig, wenn man die reinen Umsatzzahlen als Entscheidungsbasis heranzieht.
Dennoch könnte sich das Vorgehen von Google als Bumerang erweisen. Schließlich hat das soziale Netzwerk noch zahlreiche Nutzer, deren Vertrauen in Google mit der Schließung von Google+ nicht gestiegen ist. Googles Anzahl an eingestellten Produkten ist inzwischen so groß, dass es eine eigene Webseite mit dem bezeichnenden Namen Google Cemetery darüber Buch führt.
Zu den jüngsten „Beerdigungen“ zählen beispielsweise Inbox, Google Allo, Chromecast Audio und der Url-Kürzungsdienst goo.gl. Alles Produkte, die bei den Nutzern durchaus beliebt sind, aber keinen Umsatz generieren. Wenn Google in Zukunft ein neues Produkt vorstellt, dürften sich angesichts der jüngeren Vergangenheit die Nutzer erst einmal fragen: Wie lange kann ich das nutzen? Wann wird das wieder eingestellt? Vertrauen in ein Unternehmen sieht anders aus.
Während für Konsumenten Google+ nun Geschichte ist, können Anwender des kostenpflichtigen Dienstes G Suite das soziale Netzwerk weiternutzen. Es soll als Enterprise-Collaborations-Tool weitergeführt werden und die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit in Unternehmen vereinfachen. Die neue Version bietet laut Google auch Kontrollfunktionen für Administratoren, um Berechtigungen festzulegen oder Gruppen zu definieren. Kennzahlen informieren zudem über die Nutzung des Tools innerhalb des Unternehmens. Auch eine Moderationsfunktion ist geplant.
Google+ soll in Unternehmen aber auch die Kommunikation zwischen Führungskräften und Mitarbeitern verbessern. Hierfür integriert Google benutzerdefinierte Streams, die Mitarbeiter mit themenbezogenen Informationen versorgen. „So könnte beispielsweise ein benutzerdefinierter Stream für Global Leadership die gesamte Kommunikation von Führungskräften umfassen und es den Mitarbeitern ermöglichen, direkt mit der Führung ins Gespräch zu kommen“, schrieb Produktmanager David Conway im Oktober im Google-Cloud-Blog. Das alles klingt nach einer Alternative zu Microsoft Teams.
Für Nutzer von Google+, die auf der Suche nach einer Alternative sind, die den Schutz der Privatsphäre achtet, könnte MeWe eine gute Wahl sein. Der Gründer Mark Weinstein konnte den WWW-Erfinder Tim Berners Lee als Berater gewinnen. MeWe stellt erklärtermaßen die Privatsphäre der Nutzer in den Mittelpunkt.
„Die ursprüngliche Idee des Webs war die eines Raums für Zusammenarbeit, der Kommunikation durch geteilte Informationen erlaubt“, so Lee. Die Missbrauchsmöglichkeiten des offenen Internets seien jedoch äußerst verlockend geworden für Regierungen sowie große Unternehmen. „MeWe gibt die Macht des Internets zurück an die Menschen mit einer Plattform, die für Zusammenarbeit und Privatsphäre geschaffen wurde.“
MeWe bezeichnet sich als das soziale Netzwerk der nächsten Generation und verspricht: „Keine Werbung. Keine Spyware. Kein Mist.“ Es sichert den Mitgliedern in einem Rechtekatalog zu, auf das Tracking, das Teilen persönlicher Informationen mit anderen und Gesichtserkennung zu verzichten. „Es sind Deine Freunde“, heißt es ausdrücklich. „Wir spionieren nicht deine Kontaktliste aus.“
MeWe bietet auch einen Import-Funktion von Google+-Daten, sodass bisherige Posts mit umgezogen werden können.
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