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Bericht: EU plant Kartelluntersuchung gegen Apple

Die EU-Wettbewerbskommission wird in den nächsten Wochen eine förmliche Untersuchung gegen Apple einleiten und damit auf eine Kartellbeschwerde von Spotify reagieren. Das berichtet die Financial Times und beruft sich auf Informanten, die mit der Untersuchung vertraut sind. Die Entscheidung soll nach einer Prüfung von Spotifys Beschwerde sowie einer Umfrage unter Kunden, Konkurrenten und anderen Marktteilnehmern gefallen sein.

Wenn die EU-Regulierer Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht feststellen, können sie Unternehmen zur Änderung ihrer geschäftlichen Praktiken zwingen und Geldbußen in einer Höhe von bis zu 10 Prozent ihres weltweiten Umsatzes verhängen. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hatte sich bereits als durchsetzungsfähig bewiesen, als sie Apple zu einer Steuernachzahlung von 13,1 Milliarden Euro zwang. Eine förmliche Kartelluntersuchung kann sich Jahre hinziehen, wenn betroffene Unternehmen nicht von sich aus ein Vergleichsangebot machen und sich bindend verpflichten, ihre geschäftlichen Praktiken zu ändern.

Apple scheint jedoch in keiner Weise kompromissbereit zu sein. „Nachdem Spotify den App Store jahrelang für ein dramatisches Wachstum seines Geschäfts benutzt hat, möchte es alle Vorteile des App-Store-Ökosystems behalten – einschließlich der erheblichen Umsätze dank der App-Store-Kunden – ohne jegliche Beiträge zu diesem Marktplatz zu leisten“, kommentierte der iPhone-Hersteller die Beschwerde des Konkurrenten zum eigenen Streamingdienst Apple Music. „Spotify steht es frei, Apps für unsere Produkte und Plattformen zu schaffen sowie mit ihnen zu konkurrieren. Und wir hoffen, dass sie das tun.“

Spotify hatte im März bei der Europäischen Kommission eine Kartellbeschwerde gegen Apple eingereicht. Der Musikstreamingdienst warf dem iPhone-Hersteller darin vor, durch in den letzten Jahren eingeführte Regeln in seinem App Store absichtlich die Wahlmöglichkeiten der Kunden einzuschränken und Innovation zu behindern. Im Prinzip agiere Apple gleichzeitig als Marktteilnehmer und als Schiedsrichter, der andere App-Entwickler bewusst benachteiligt.

„Nachdem wir vergeblich versucht haben, die Probleme direkt mit Apple zu klären, fordern wir jetzt die Europäische Union auf, zu handeln und fairen Wettbewerb durchzusetzen“, sagte dazu Spotify-CEO Daniel Ek, der den Streamingdienst 2006 in Schweden gründete.
„Apple betreibt eine Plattform, die für über eine Milliarde Menschen rund um die Welt den Zugang zum Internet bedeutet. Apple ist Besitzer sowohl der iOS-Plattform als auch des App Store – und ein Konkurrent zu Diensten wie Spotify.“ Theoretisch sei das in Ordnung, aber Apple sichere sich auf Schritt und Tritt unfaire Vorteile.

Als Beispiel nannte Ek, dass der iPhone-Hersteller von Spotify und anderen digitalen Diensten „eine 30-prozentige Steuer auf alle Käufe durch Apples Bezahlsystem“ einbehalte, sogar beim Upgrade vom kostenlosen auf den Premium-Service. Das bringe Spotify in eine Zwickmühle: Entrichte es die Steuer an Apple, müsse es höhere Preise verlangen und sei nicht mehr konkurrenzfähig. Verwende Spotify aber Apples Bezahlsystem nicht, um die Steuer zu vermeiden, schade ihm Apple mit einer Reihe von technischen und anderen Maßnahmen. Apple schränke etwa Spotifys Kommunikation mit den eigenen Kunden ein und blockiere Upgrades für eine bessere Nutzererfahrung. Dazu gehöre auch der Ausschluss von Spotify und anderen Apple-Konkurrenten von Apple-Services wie Siri, HomePod und Apple Watch.

„Wir erwarten keine Sonderbehandlung“, betonte Ek. Er wolle nur die gleiche Behandlung wie zahlreiche andere Apps im App Store, etwa Uber oder Deliveroo, die nicht der Apple-Steuer unterworfen seien. Es gehe im Übrigen auch nicht um Spotify gegen Apple, vielmehr sollten dieselben fairen Regeln für junge und etablierte, kleine und große Unternehmen gelten. Erstens sollen demnach alle Apps durch ihre Leistung konkurrieren – und somit auch Apple Music nicht auf der Plattform des Besitzers bevorzugt sein. Zweitens fordert Spotify, dass die Verbraucher beim Bezahlsystem wirklich wählen können. Drittens soll App Stores nicht erlaubt sein, die Kommunikation zwischen Diensten und ihren Nutzern zu kontrollieren.

Der konkurrierende Musikstreamingdienst Deezer und der Europäische Verbraucherverband (BEUC) teilen die Bedenken Spotifys hinsichtlich Apples Geschäftspraktiken. Laut Spotifys Anwalt Thomas Vinje haben andere Gruppen ähnliche Bedenken, jedoch „zu viel Angst, um sich mit Apple anzulegen“.

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ZDNet.de Redaktion

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