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5G: Britische Mobilfunkprovider setzen auf Huawei

Nach einem Bericht von ZDNet UK setzen britische Mobilfunkbetreiber beim Aufbau ihrer 5G-Netze auf Technik des chinesischen Elektronikkonzerns Huawei. Damit warten sie nicht auf eine Entscheidung der britischen Regierung, die über den Einsatz der Huawei-Technik noch nicht entschieden hat.

Alle wichtigen britischen Mobilfunkbetreiber haben zugesagt, 5G-Netze noch in diesem Jahr in Betrieb zu nehmen. Wie der Mobilfunkkonzern Three auf Anfrage von ZDNet UK mitteilt hat, bleibt den Mobilfunkkonzernen auch gar nichts anderes übrig, als Huawei-Technik einzusetzen: „Wenn Du 5G dieses Jahr auf den Markt bringen willst, ist Huawei die einzige Option.“

Britische Provider setzen beim 5G-Ausbau auf Technik von Huawei (Bild: ZDNet.de)

Vodafone hat ZDNet UK zufolge bereits zwischen 150 und 200 Basisstationen im Einsatz, mit steigender Tendenz. Diese wieder abzubauen, würde Dutzende von Millionen Pfund kosten. EE Limited teilte mit, dass die erste Phase seines 5G-Netzes auf dem bestehenden 4G-Netz laufen wird – mit Huawei-Geräten als Teil des Funkzugangsnetzes.

Als die britischen Mobilfunkbetreiber ihre 5G-Netze entwarfen, war der Einsatz von Huawei-Geräten relativ unumstritten, da die Hardware des chinesischen Unternehmens seit vielen Jahren in britischen Mobilfunknetzen eingesetzt wird. Experten zufolge haben die Chinesen was Leistung, Skalierbarkeit und Preis anbelangt einen Vorsprung von etwa 1,5 Jahren im Vergleich zu anderen 5G-Anbietern.

Im Handelsstreit zwischen der USA und China ist der chinesische Hersteller allerdings zum Ziel von Sanktionen geworden. Die USA argumentieren, dass durch die Verwendung von Huawei-Geräten der chinesische Staat durch eine Hintertür Zugriff auf Daten erlangen könnte. Huawei hat diese Möglichkeit stets bestritten und verweist auf zahlreiche Zertifizierung seiner Geräte. Kein anderer Hersteller habe mehr Zertifizierungen erhalten als Huawei. Bislang haben die USA auch keine Belege für ihre Behauptungen vorgelegt. Im Gegenteil: Eine von der US-Regierung 2012 erfolgte Untersuchung ergab keine Hinweise auf Hintertüren.

In einem Interview mit der Financial Times erklärte Huawei-Gründer Ren Zhengfei zur Existenz von Hintertüren in Huawei-Produkten folgendes: „Wir werden so etwas nie tun. Wenn ich es auch nur einmal getan hätte, hätten die USA Beweise, die sie in der ganzen Welt verbreiten könnten. Dann würden die 170 Länder und Regionen, in denen wir derzeit tätig sind, den Kauf unserer Produkte einstellen, und unser Unternehmen würde zusammenbrechen. Wer würde danach die Schulden bezahlen, die wir haben? Unsere Mitarbeiter sind alle sehr kompetent, sodass sie kündigen und ihr eigenes Unternehmen gründen würden, sodass ich allein unsere Schulden begleichen könnte. Ich würde lieber sterben.“

5G-Ausbau ohne Huawei so gut wie unmöglich

Zudem kommt, dass alle britischen 4G-Netze mit Produkten von Huawei realisiert sind und zum Aufbau eines 5G-Netzes diese weiterverwendet werden müssen, wenn man nicht viel Geld in die Hand nehmen sowie eine Unterbrechung der Netzversorgung in Kauf nehmen will. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Betreiber darauf setzen, dass die britische Regierung die Nutzung von Huawei-Technik in weniger kritischen Teilen ihrer Netze erlaubt.

In seinem Cyber Security Labs können Kunden und Sicherheitsspezialisten den Source-Code von Huawei auf Schwachstellen untersuchen (Bild: ZDNet.de).

Keine Backdoor gefunden

Die britische Cybersicherheitsbehörde hat erklärt, dass sie keine Hinweise auf böswillige Aktivitäten von Huawei gesehen hat. Während sie schlechte technische Praktiken kritisierte und sagte, dass „schwere Schwachstellen“ in Huawei-Produkten entdeckt wurden, sagte sie auch, dass das Risiko, Geschäfte mit dem chinesischen Netzwerkriesen zu tätigen, überschaubar sei. Und Präsident Trump hat angedeutet, dass der derzeitige Streit um Huawei gelöst werden könnte, wenn die laufenden Handelsgespräche mit China zu seiner Zufriedenheit geführt werden können.

Da jedoch die beiden Kandidaten für den Premierminister-Posten versprochen haben, den Rückzug Großbritanniens aus der Europäischen Union bis Ende Oktober abzuschließen, ist nicht klar, wie viel Zeit der neue Premierminister für Entscheidungen über die Telekommunikationsinfrastruktur hat.

Am Ende wird die Entscheidung des neuen Premierministers einen großen Teil der Politik betreffen. So wie das Vereinigte Königreich seinen äußerst umstrittenen Ausstieg aus der EU vollendet, wird es sich entscheiden müssen, ob es die USA verärgern will, indem es die Verwendung von Huawei-Geräten erlaubt oder China verärgern will, indem es sie verbietet.

Für ein Land, das nach fast 50 Jahren in der EU auf eigene Faust die Welt erkunden will, könnte die Entscheidung über Huawei viel darüber aussagen, wie das Vereinigte Königreich seinen zukünftigen Platz in der Welt sieht.

Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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