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Digitalisiert und fit für die Zukunft: Was der Digital Citizen Equity Index über Bürger und Länder aussagt

Gastbeitrag Der Gartner Digital Citizen Equity Index bildet das digitale Vertrauen, Verstehen und die digitale Selbstbestimmung der Bürger ab – und bestimmt damit näher, wie erfolgreich die Umsetzung von Digitalisierungsstrategien in bestimmten Regionen ist. Er soll CIOs und IT-Führungskräften in Unternehmen und in der Verwaltung dabei helfen ihr Umfeld besser zu verstehen, damit die eigene IT-Strategie noch besser umgesetzt werden kann. Dabei gilt: Je höher der Digital Citizen Equity Index, desto höher ist die digitale Präsenz und Aktivität der Bürger sowie deren Bereitschaft einen digitalen Beitrag zu leisten.

Bettina Tratz-Ryan, die Autorin dieses Beitrags, ist Research Vice President und verantwortlich für Gartners Empfehlungen zu den digitalen Transformationsthemen Intelligente Geschäftsfelder, Smart Cities und Industrie 4.0 (Bild: Gartner).Die Analyse des Digital Ditzen Equity Index ergibt, dass Bürger und Unternehmen in Norwegen, Dänemark, UK, Schweiz und Schweden grundsätzlich ein hohes Vertrauen in ihre Fähigkeiten haben die digitalen Angebote in ihren Ländern optimal ausnutzen zu können. Die Bürger und Unternehmen in Deutschland befinden sich mit ihrem digitalen Selbstvertrauen im aktuellen Index im Mittelfeld auf Platz 14 von insgesamt 33 untersuchten Ländern. Dies zeigt große Unterschiede innerhalb von Europa auf, aber woran lassen sich diese genau festmachen?

Ein wichtiger Faktor zur Ermittlung des Digital Citizen Equity Index ist die Befähigung des Einzelnen, also in welchem Grad die Bürger digital interagieren und digitale Anwendungen nutzen. Dabei unterscheidet der Index zwischen drei Arten der Befähigung, die digitale Bürger ausmachen:

  • Teilnehmende: Die Bürger nehmen in der Regel an der Gesellschaft teil und sind auf grundlegende Weise digital engagiert.
  • Aktive: Die Bürger zeigen eine gute Beteiligung an der digitalen Gesellschaft, indem sie ein breites Spektrum an verfügbaren Diensten und Technologien nutzen, wirken aber nicht interaktiv mit.
  • Mitwirkende: Die Bürger tragen aktiv zur digitalen Wirtschaft und Gesellschaft bei. Sie sehen in der Technologie eine transformative Möglichkeit, Leben und Arbeit zu beeinflussen, um so eine gesellschaftliche Veränderung zu ermöglichen

Ein hoher Wert im Index zeigt also eine ausgeprägte digitale Präsenz und Beteiligung im digitalen Alltag im Land. Die Bürger der digitalen Gesellschaft vertrauen darauf, dass die digitalen Angebote, die Wissensentwicklung und die Fähigkeiten, die die Regierung und die Industrie bereitstellen, nützlich und ausreichend für sie sind. Diese bieten den Bürgern die Möglichkeit, zu lernen und an der digitalen Gesellschaft teilzunehmen.

Deutschland: Die Schere zwischen teilnehmender und mitwirkender Bürgerbeteiligung klafft weit auseinander

In Deutschland ergibt sich die Einordnung im Mittelfeld des Index daraus, dass sowohl die Zahl der digital teilnehmenden Bürger als auch die Zahl der digital Mitwirkenden überdurchschnittlich hoch im weltweiten Vergleich liegt. Dagegen sind weniger Bürger als im durchschnittlichen Gesamtindex auf der mittleren Stufe zu finden. Dies bedeutet, dass deutsche Bürger und Industriebetriebe entweder starke Nutzer von Internetdiensten und digitalen Techniken sind, oder im anderen Extrem starke Affinität zu digitalen Interaktionen wie Automatisierung in der Industrie, oder im Alltag haben.

Ein wichtiger Grund dafür liegt darin, dass die Deutschen häufig als konservativ und zu vorsichtig bezeichnet werden, wenn es um den Schutz ihrer Privatsphäre, Datenaustausch und die Nutzung digitaler Dienste geht. Die Bundesregierung hat zahlreiche Digitalisierungsinitiativen ins Leben gerufen und Strategien für Kernbranchen wie Produktion und Lieferkette, Industrie 4.0., für die Städte der Zukunft sowie für die digitale Gesellschaft initiiert. Trotzdem hinkt die Übernahme von Konzepten, Plattformen und Technologien im Vergleich mit anderen Ländern noch hinterher. Ein wichtiger Grund hierfür liegt in dem mangelnden gesellschaftlichen Vertrauen in die positiven Effekte der Digitalisierung in die Stärkung der einzelnen Interessierten.

In der niedrigsten Vertrauenskategorie der digitalen anwesenden Bürger, nutzen über 94 Prozent der Deutschen das Internet, hauptsächlich für Social Media und Nachrichten. Millennials und die Generation Z übernehmen jedoch auch neue Angebote sehr schnell und erzeugen so sehr spannende digitale Aktivitäten. Dies wird beispielsweise deutlich in einer aktiven Start-up-Community für künstliche Intelligenz (KI) in den Städten. Auch die Entwicklung von Robotik und Automatisierung in Schlüsselindustrien ist sehr weit fortgeschritten. Dennoch fällt die Lücke zwischen digital nur teilnehmenden und digital beitragenden Bürgern auf. Dies zeigt sich auch in den Bedenken der Bundesregierung über den langsamen Anstieg der digitalen Qualifikationen im Land. Akademische Möglichkeiten für die Qualifizierung sind zwar vorhanden, die Bildungs- und Ausbildungswege benötigen aber Zeit und sind häufig veraltet.

Folgerungen für Führungskräfte

CIOs und Führungskräften in deutschen Unternehmen zeigt der Digital Citizen Equity Index: Sie sollten mit Gesellschaft und Politik an der breiten Bildung arbeiten, beispielsweise durch Lernzentren, Freiwilligenarbeit und Bürgerarbeit. So können sie helfen, die digitalen Möglichkeiten im gemeinsamen gesellschaftlichen Rahmen aufzuzeigen. Vor allem weil die Zahl der aktiven Bürger auf dem mittleren Niveau so gering ist, wird es nicht damit getan sein, die langsame „natürliche“ Entwicklung der Fähigkeiten abzuwarten.

Durch die Digitalisierung der wirtschaftlichen Wertschöpfung werden immer mehr Anforderungen an die Besetzung von digitalen Arbeitsplätzen mit unterschiedlichen Berufsprofilen gesteckt. Daher dient die strategische Vernetzung von Industrie und Gesellschaft auch dem Selbstzweck, langfristig den Arbeitsmarkt und damit auch die Kompetenzen der Arbeitnehmer zu lenken. CIOs sollten spezielle Digitalisierungs-Programme mit klaren Ergebniszielen vorantreiben, um ein „digitales Selbstbewusstsein“ in den Köpfen der derzeitigen passiven Konsumenten des Internets zu fördern. Das Risiko für CIOs besteht darin, dass die Optionen für Qualifikation und Investition versiegen könnten. Auch wenn die digitale Geschäftsinfrastruktur von der Bundesregierung unterstützt wird, entwickelt sich die Bürgerbeteiligung nur langsam.

Auf Unternehmensebene sollten sich CIOs und IT-Führungskräfte, die Projekte für die digitale Transformation leiten, von reinen Technologieexperten zu digitalen Botschaftern entwickeln. Innovationen und Transformationen können so weiter vorangetrieben werden. Autonome und digitale Fortschritte am Arbeitsplatz stehen dabei klar im Mittelpunkt, zu den weiteren wichtigen Faktoren gehören die Mensch-Maschine-Schnittstelle, Fragen zum Datenschutz sowie das Verständnis von Unternehmensführung.

IT-Strategien auf das Umfeld abstimmen

Der Digital Citizen Equity Index gibt CIOs und IT-Führungskräften in Wirtschaft und Verwaltung die Möglichkeit, ihre IT-Strategien direkt auf ihr Umfeld abzustimmen. Die CIO-Umfrage 2019 von Gartner ergab, dass weltweit der Mangel an digitaler Kultur und Veränderungsmanagement das größte Hindernis für die Erreichung ihrer Ziele darstellt. IT-Verantwortliche im Unternehmen müssen die digitale Einsatzbereitschaft ihrer Märkte, ihres Mitarbeiterpools sowie ihrer Bürger- und Regierungsumgebung in ihre Infrastruktur- und Betriebsstrategie einbeziehen.

CIOs und IT-Führungskräfte, die branchenübergreifende Innovationen unterstützen möchten, sollten deshalb auf folgendes achten:

  • Grundlage ist ein Bewusstsein für den Grad der digitalen Präsenz und Aktivität im Umfeld des Unternehmens – der Digital Citizen Equity Index gibt dafür einen Anhaltspunkt.
  • Auf dieser Basis können Produkte und die Unternehmensabläufe an den Digital Citizen Equity Index jeder Region individuell angepasst werden. Dafür sollten Führungskräfte die lokale Einstellung zu Technologie und Digitalisierung bewerten und berechnen, welche Kosten dort anfallen und wo die lokale Infrastruktur ergänzt werden muss.
  • Zur Unterstützung der Produktentwicklung und von Innovationsprojekten können Führungskräfte Digital Citizen Personas nutzen und daran festmachen, ob digitale Optionen bei Kaufentscheidungen einbezogen und akzeptiert werden.
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Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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