Im Mai hatte die US-Regierung Huawei auf die sogenannte Entity-List gesetzt, die es US-Unternehmen verbietet, Geschäftsbeziehungen zu dem chinesischen Elektronikkonzern zu unterhalten. Die wenige Tage später beschlossene Ausnahmegenehmigung erlaubte jedoch einigen US-Staaten, weiterhin Geschäfte mit dem chinesischen Konzern zu tätigen. Damit sollte ein regulärer Betrieb bestimmter vorhandener Netzwerktechniken und –Geräte in ländlichen Regionen sichergestellt werden. Diese Regelung, die offiziell gestern ausgelaufen ist, hat das US-Handelsministerium nun zum dritten Mal um weitere 90 Tage verlängert. Sie gilt bis zum 16. Februar 2020.
Allerdings umfasst die Ausnahmeregelung keine Lieferung von Software an neue Geräte. Somit werden neue Huawei-Smartphones, die nach der Verhängung der US-Sanktionen vorgestellt werden, keine Software von US-Konzernen wie Google enthalten. Damit wird zum Beispiel das Mate 30 standardmäßig nicht mit Google Apps wie dem Play Store oder Maps ausgeliefert. Da Android Open Source ist, darf Huawei seine Smartphones mit dem von Google entwickelten Betriebssystem allerdings ausrüsten. Dennoch arbeitet der Konzern auch an einer Alternative.
Noch werden die neuen Mate-30-Smartphones nicht in Europa zum Verkauf angeboten, sodass man nur schwer abschätzen, ob es ohne Google Apps überhaupt Käufer finden wird. Ältere Huawei-Smartphones, die vor der Verhängung der US-Sanktionen erschienen sind, dürfen weiterhin mit Sicherheitsupdates versorgt werden.
Gleichzeitig hat das US-Handelsministerium US-Unternehmen eine Lizenz in Aussicht gestellt, die es Firmen wie etwa Google erlaubt, trotzt US-Embargo Huawei weiterhin mit Software zu unterstützen. Ob und wann solche Lizenzen genehmigt werden, ist derzeit ungewiss. Sicher ist nur, dass zahlreiche US-Firmen eine solche beantragt haben.
Trotz US-Embargo meldete Huawei zuletzt gute Geschäftszahlen. Das Unternehmen erzielte in den drei Quartalen dieses Jahres einen Umsatz von 610,8 Milliarden CNY (knapp 78 Milliarden Euro), was einer Steigerung von 24,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Nettogewinnmarge des Unternehmens betrug in diesem Zeitraum 8,7 Prozent. Allerdings dürfte sich das US-Embargo erst nächstes Jahr auswirken, wenn die neuen Geräte ohne Google-Dienste womöglich deutlich weniger verkauft werden als die bislang verfügbaren mit Google-Software.
Die USA und China befinden sich im Handelskrieg. Die Amerikaner stören sich an dem größer werdenden Handelsbilanzdefizit mit China. Im Mai führte die Trump-Regierung einen Zollsatz von 25 Prozent auf chinesische Produkte im Wert von 250 Milliarden Dollar ein. Die Einführung von zusätzlichen Zöllen begann im März letzten Jahres, wobei Trump zu der Zeit erklärte, dass eine Untersuchung durch den US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer zu dem Schluss gekommen sei, dass China Spionage zum Erwerb von geistigem Eigentum und vertraulichen Geschäftsinformationen betreiben.
Durch den Handelsstreit zwischen den USA und China ist Huawei direkt von Sanktionen betroffen. Zudem machen die Amerikaner Sicherheitsrisiken bei Verwendung von Huawei-Technik geltend. Sie argumentieren, dass durch die Verwendung von Huawei-Geräten der chinesische Staat durch eine Hintertür Zugriff auf Daten erlangen könnte. Huawei hat diese Möglichkeit stets bestritten und verweist auf zahlreiche Zertifizierung seiner Geräte. Kein anderer Hersteller habe mehr Zertifizierungen erhalten als Huawei. Bislang haben die USA auch keine Belege für ihre Behauptungen vorgelegt. Im Gegenteil: Eine von der US-Regierung 2012 erfolgte Untersuchung ergab keine Hinweise auf Hintertüren.
Der Handelskonflikt führt auch in den USA zu einem breiten medialen Echo. Der frühere Redenschreiber des US-Handelsbeauftragten und Forbes-Autor John Brinkley berichtet, dass eine Studie von Ökonomen der Harvard University, der University of Chicago und der Federal Reserve Bank of Boston vom Mai 2019 über die Auswirkungen von Zöllen auf die US-Wirtschaft ergab, dass die Kosten für Zölle „weitgehend auf die USA gefallen sind. Darin heißt es auch, dass die höheren Kosten der Importe für einige Waren, wie Waschmaschinen, an die Verbraucher weitergegeben werden“.
Auch Microsoft-Chefanwalt Brad Smith gehört zu den Kritikern der Huawei-Sanktionen. „Das Huawei-Verbot ist so, als würde man eine Hotelkette daran hindern, Betten zu kaufen“, sagte Smith.
Erst kürzlich hat auch Microsoft-Mitbegründer Bill Gates die Paranoia gegenüber China als schlecht für Innovationen bezeichnet.
Während die USA ihre Verbündete, darunter auch Deutschland, zum Verzicht auf Huawei-Technik drängen, scheint es andernorts wesentlich entspannter zuzugehen.
Zum Druck amerikanischer Behörden auf europäische Mobilfunkkonzerne, die auf die Technik des chinesischen Netzwerkanbieters setzen, sagte der Verwaltungsratspräsident des Schweizer Mobilfunkkonzerns Sunrise Peter Kurer im Interview mit der NZZ im April: „Der gesunde Menschenverstand spricht gegen solche Bedenken. Huawei ist mit einen Marktanteil von 30 Prozent globaler Marktführer. In einer solchen Position können sie sich nicht das Geringste erlauben, was ihrer Reputation schaden könnte. Vielmehr als westliche Lieferanten, die sich eher Fehltritte erlauben können, befindet sich Huawei unter dem Mikroskop der Weltöffentlichkeit. Die Diskussion ist politisch und wird nicht mit Fakten geführt. In den vergangenen Wochen ist sie allerdings rationaler geworden. Der Tenor lautet nun: «Ja, Sicherheit ist wichtig. Aber sie betrifft nicht nur einen einzelnen Anbieter, sondern alle.» Wir nehmen die Sorgen rund um Datenschutz, Überwachung und Cyberattacken extrem ernst. Wenn etwas in unseren Netzen nicht sauber ist, dann entdecken wir das.“
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