Cisco dürfte wenig begeistert von Riverbeds aktueller Ankündigung der SteelConnect EX Series sein, genau wie Security-Anbieter. Integriert der Hersteller in die neueste Erweiterung seiner SD-WAN- und WAN-Acceleration-Produkte doch umfangreiche Routing- und Sicherheitsfunktionen, die mit der Zeit noch erweitert werden sollen.
Riverbed, traditionell aus der WAN-Beschleunigung kommend, hatte schon in die Serie SteelConnect CX grundlegende Routingfunktionen eingebaut. Sie wendet sich ans Marktsegment unterhalb der internationalen Großunternehmen, Cloud-Provider, Carrier und Systemintegratoren. Mit der EX-Variante werden Funktionalität und Zielgruppe nach oben angepasst.
Die Motivation für diese Produktentwicklung liegt auf der Hand: Infrastrukturen werden immer komplexer. Zu ihnen gehören neben der Zentrale längst Niederlassungen, mobile Systeme, ein oder mehrere Cloud-Anbieter mit SaaS-, PaaS- oder IaaS-Angeboten sowie vielleicht externe Sekundärrechenzentren. Die Netze werden immer umfangreicher und umfassen längst unterschiedliche Verbindungstypen: von der geschützten MPLS-Verbindung über Internet-Connectivity nebst VPNs bis hin zu mobilen Verbindungen über die öffentlichen Providernetze.
Gleichzeitig steigt die Bedeutung der Infrastruktur für den Geschäftserfolg: Kunden, die im Web nicht schnell genug bedient werden, gehen woanders hin, komplexe Architekturen skalieren im entscheidenden Moment schlecht und blocken so erweiterte Geschäftsaktivitäten ab. Anwenderprobleme lassen sich oft genug nur durch erratisches und zeitintensives Suchen nach der Fehlerquelle lösen, das nicht immer erfolgreich ist. Dann folgt der nächste Workaround.
„Das bringt drei grundlegende Herausforderungen mit sich: Das Infrastrukturmanagement wird immer schwieriger, die Leistung ist nicht mehr sicher vorhersagbar, und schließlich haben Anwender heute auch in der Unternehmensinfrastruktur hohe Erwartungen an das Nutzungserlebnis, was aber oft mit Einbußen bei der Sicherheit einhergeht“, sagte Michael Rudrich, Vice President Central Europe anlässlich der Produktvorstellung vor Pressevertretern in München. „Wir adressieren das mit SteelConnect EX durch Funktionen für die Bereiche SD-WAN, Sicherheit und WAN-Optimierung.“
Die Lösungen der EX-Serie sind mehrschichtig aufgebaut. Der Anwender kann auswählen, was er braucht. Basis sind Kern-Netzwerkservices wie Enterprise Routing, Multicast, VRRP (Virtual Routing Redundancy Protocol), Enterprise QoS, Segmentierung, MP-BGP (Multiprotocol-Border Gateway Protocol) und PPPoE (Point-to-Point-Verbindungen über Ethernet). Für Industry-of-Things-Umgebungen ist SteelConnect EX unter anderem durch die volle IPv6-Unterstützung für IPv6, weitere Funktionen sollen folgen.
Auf dieses Funktionsportfolio werden SD-WAN-Fähigkeiten aufgelagert. Dazu gehören beispielsweise ein Overlay zwischen IPSEC und VxLAN, Packet Racing, also der Transport besonders latenzsensitiver Daten über spezielle Pfade, ein integriertes LTE-Modem, Unterstützung für WLAN, Applikations-SLAs, Provisionierung ohne händische Eingriffe und Korrekturmechanismen, von denen besonders Sprache profitiert. Das sichert die flexible Unterstützung möglichst vieler Verbindungstypen, die dann zur jeweils benötigten Infrastruktur zusammengeklickt werden können.
Die umfangreichen Sicherheitsfunktionen machen deutlich, dass es Riverbed darauf angelegt hat, auch etablierten Security-Anbietern in dem angepeilten Highend-Markt Konkurrenz zu machen: Vorhanden sind eine Next-Generation Firewall, DDOs-Vorbeugungsmechanismen, ein IPS-IDS (Intrusion Prevention/Intrusion Detection System), ein SSL-Proxy, Filterfunktionen für URLs, Malwareschutz, Antivirus, Authentisierung sowie optional UTM (Unified Threat Management) auf den Layern 4 bis 7.
Eine Ebene darüber liegen die Funktionen für den Bereich, mit dem sich Riverbed schon seit seiner Gründung bestens auskennt: Die Optimierung des Netzes und des Anwendungstransports dahin, wo Daten und Apps gerade benötigt werden. Dazu gehören die Unterstützung der unentbehrlichen Netzprotokolle TCP/UDP, SSL/HTTPS und der Support mobiler Verbindungen. Die EX-Serie beschleunigt die Übertragung von Files, E Mail, Videos, SaaS- und IaaS-Diensten. Funktionen wie Kompression und Deduplizierung sind, wie kaum anders zu erwarten, integriert.
Über alledem liegt eine Management- und Orchestrierungsschicht. Sie verringert den Administrationsaufwand durch übersichtliche grafische Darstellungen, Templates und weitere Funktionen. Gerade die grafischen Schnittstellen erleichtern es, Transparenz zu gewinnen.
Die SteelConnect EX-Serie setzt sich aus insgesamt sieben Modellen von Ex-285 für sehr kleine Niederlassungen bis EX-3080 fürs zentrale Rechenzentrum oder den Netzwerk-/Cloud-Hub zusammen. Dazu kommen zwei spezielle Managementsysteme: SteelConnect EX Director und SteelConnect EX Analytics für die Analyse der Betriebsdaten.
Die Lizenzierung erfolgt in den drei Stufen Essentials, Standard, Advanced. Zu den Kernfunktionen der Essentials-Lizenz kommen bei der Standard-Lizenz noch weitere SD-WAN-Funktionen, verbesserte Voice-Fähigkeiten und Möglichkeiten zum einfachen gruppenbezogenen Infrastrukturdesign hinzu. Die Advanced-Lizenz umfasst die komplette SD-WAN-Funktionspalette sowie L4-L7 UTM (Unified Threat Management).
Welche Anwendungsszenarien können die zukünftigen Kunden mit der Serie besonders gut adressieren? „Wir haben die Systeme so konzipiert, dass sie viele der Anfangsschwierigkeiten beim Einsatz von SD-WAN beheben“, erklärt Jörg Knippschild, Senior Manager Solutions Engineering Central Europe. „Dabei haben wir uns an den Anforderungen ausgerichtet, die Kunden täglich an uns herantragen.“
Die wichtigste Priorität sind höhere Verfügbarkeit und verbesserte Anbindungen. Die flexiblen Konfigurationsmöglichkeiten eines SteelConnect EX-SD-WAN ermöglichen es, ad hoc die gewünschten Verbindungsqualitäten bereitzustellen: sehr schnelle oder sehr zuverlässige Verbindungen beispielsweise, jeweils in der gerade benötigten Bandbreite und nur so lange wie nötig. Entscheidungen zwischen Sicherheit und Leistung, die zu unbefriedigenden Kompromissen führen, werden so oft hinfällig.
Auch in bereits vorhandene Umgebungen lässt sich die Lösung wegen ihrer modularen Konstruktion und der konsequenten Ausrichtung an Standards gut integrieren. Für Transparenz sorgt das rundum erneuerte Network Performance Management (NPM), bestehend aus der AppResponse Cloud und dem Softwaretool NetIM 2.0, das in der Cloud läuft und gegenüber der Vorversion erheblich stärker skalierbar ist. AppResponse Cloud unterstützt jetzt neben AWS auch die AWS GovCloud und Azure sowie AWS Traffic Mirroring und Azure Virtual TAP (Terminal Access Point), mit dem sich virtuelle Infrastrukturkomponenten einfacher überwachen lassen.
Zu den Vorteilen, die Riverbed anhand der Erfahrungen von Beta-Usern für seine neue Lösung reklamiert, gehören ein bis zu knapp neunfacher Kapazitätszuwachs der an SteelConnect EX angebundenen Leitungen und eine aufs Vierfache erhöhte Produktivität der Aufgaben, die über diese Leitungen erledigt werden. SaaS-Applikationen sollen in einem Zehntel der Zeit den Schreibtisch erreichen, Fehler in der Infrastruktur innerhalb etwas mehr als drei Stunden behoben werden. Ausfallzeiten verringern sich um 70 Prozent.
Weil Applikationen während Cloud-Migrationen ständig überwacht werden, reduzieren sich deren Risiken und ermöglichen ein einfacheres Management hybrider Clouds. IaaS-Umgebungen können sich so um den Faktor 100 beschleunigen und es werden nur noch fünf Prozent der bisher genutzten Bandbreite benötigt.
Man darf gespannt sein, wie die neue Serie am Markt ankommt. Riverbeds Europa-Verantwortlicher Rudrich hat dazu klare Vorstellungen: „Wir zielen mit dieser Ausstattung und unserem moderaten Preisniveau darauf, in den Infrastrukturen potentieller Kunden die bisherigen Lieferanten abzulösen. Denn unsere Geräte sind von vorn herein auf die softwaredefinierte Netzwerkwelt hin zugeschnitten und optimiert.“
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