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Huawei befreit sich von US-Technik

Nach einem Bericht des Wall Street Journal nutzt der chinesische Mobilfunkkonzern Huawei für das im September vorgestellte, hierzulande aber noch nicht erhältliche, Smartphone Mate 30 keine Komponenten von US-Firmen. Das habe eine Analyse von UBS und Formalhaut Techno Solution ergeben.

Seit Mai 2019 ist es, bis auf wenige Ausnahmen, US-Unternehmen untersagt, Produkte an Huawei zu liefern. Davon betroffen sind in erster Linie die Hersteller von Mobilfunktechnik wie Qualcomm und Prozessorlieferant Intel. Auch Software fällt unter die US-Sanktionen, sodass Huawei bei neuen Smartphones vollständig auf die Google-Dienste wie Play Store und Google Pay verzichten muss. Einige dieser Angebote wie etwa der Play Store und Maps lassen sich zwar nachinstallieren, doch auf tiefer im System integrierte Dienste wie Google Pay müssen Anwender verzichten.

Trotz US-Embargo kann Huawei in den ersten neun Monaten 2019 26 Prozent mehr Smartphones absetzen (Bild: Huawei).

Wie die Analyse von UBS und Formalhaut Techno Solution ergeben hat, scheint Huawei die Folgen der US-Sanktionen zumindest in puncto Hardware gut zu verdauen. Satt Komponenten von US-Firmen zzu nutzen, weicht das Unternehmen auf Produkte aus Europa und Asien zurück. Chips von Cirrus Logic werden im Mate 30 durch Komponenten des niederländischen Konzerns NXP Semiconductors ersetzt. Die Qorvo oder Skyworks gelieferten Leistungsverstärker liefert nun die Huawei-Tochter HiSilicon.

Doch nicht nur Smartphones fertigt Huawei inzwischen ohne US-Komponenten, auch 5G-Basistationen gehören dazu. Das teilte John Suffolk, der oberste Cybersicherheitsbeauftragte des Unternehmens, in einem Interview mit. Derzeit sei die Produktion allerdings auf etwa 5000 Stück pro Monat begrenzt. Doch im nächsten Jahr will Huawei die Stückzahl von US-freien 5G-BAsistationen auf 125.000 pro Monat erhöhen.

Einschätzung

Je länger die Sanktionen gegenüber Huawei andauern, desto deutlicher zeigt sich, wer in Wirklichkeit darunter leidet. Es sind die Firmen und Konsumenten in den USA. Im letzten Jahr hat Huawei eigenen Angaben zufolge bei US-Firmen Waren im Wert von 11 Milliarden Dollar gekauft. Auf diesen Betrag müssen diese nun verzichten, da alternative Absatzmöglichkeiten kaum existieren. Daher haben mehrere US-amerikanische Chiphersteller wie Qorvo, Skyworks und Broadcom in diesem Jahr bereits Gewinnwarnungen herausgegeben.

Zudem besteht eine weitere Gefahr: Alle anderen chinesischen Hersteller könnten nun ebenfalls auf den Gedanken kommen, sich von US-Technologie unabhängiger zu machen und dem Beispiel Huawei folgen. Schließlich weiß niemand in diesen Firmen, ob US-Präsident Trump, den selbst eine seriöse Publikation wie die Süddeutsche Zeitung als „einen kleinen, miesen Mafia-Erpresser“ bezeichnet, nicht demnächst auch Oppo und Xiaomi auf die schwarze Liste setzt. Dazu zitiert das Wall Street Journal den Halbleiternalysten der Citigroup, Atif Malik, der in einer kürzlich veröffentlichten Mitteilung sagte, dass es für US-Unternehmen ein „wachsendes inländisches Substitutionsrisiko Chinas“ gebe, insbesondere bei preisgünstigeren Handys.

Zudem dürfte auch unter den US-Konsumenten langsam Unmut darüber aufkommen, dass man dank des eigenen Präsidenten die besten Android-Smartphones in Sachen Kamera, dabei handelt es sich um das Huawei Mate 30 Pro und das Xiaomi Mi Note 10, offiziell nicht kaufen kann.

Ersatz für Android

Da derzeit kaum abschätzbar ist, ob und wann die Sanktionen gegenüber Huawei aufgehoben werden, lenkt der chinesische Konzern derzeit sehr viele Ressourcen in die Entwicklung des eigenen Betriebssystems Harmony OS, das auch eine App-Plattform enthalten soll. Es wird sicher noch eine Weile dauern, bis Harmony OS und der dazugehörige App Store eine echte Alternative für Android und das Google-Ökosystem darstellen. Eines sollte jedoch jedem klar sein, Huawei wird den eingeschlagenen Kurs nicht mehr ändern. Und daher ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis das chinesischen „Android“ das Original ablösen wird. Davor dürfte Google am meisten Angst haben.

Nun mag man einwenden, dass die für Europa wichtigen Apps nicht aus China stammen. Doch das Beispiel TiTok zeigt, dass dies nicht immer so bleiben muss. Die chinesische App wurde bereits weltweit über 1,5 Milliarden Mal heruntergeladen und ist auch hierzulande und den USA seh populär. Zu populär für so manchen amerikanischen Senator, der in der App eine Sicherheitsbedrohung für die USA zu erkennen sieht. Chinesische Firmen sollten also gewarnt sein: Wer zu erfolgreich ist, wird zur Sicherheitsbedrohung erklärt. Sich von US-Technik zu emanzipieren, dürfte für die meisten Firmen im Reich der Mitte also eine gute Entscheidung sein. Wenn das Beispiel Huawei Schule macht, gibt es, so scheint es derzeit, nur einen Verlierer: die USA.

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Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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