Wie TomTom-Sprecher Remco Meerstra gegenüber Reuters bestätigt hat, kooperiert der niederländische Konzern mit dem chinesischen Smartphonehersteller Huawei. Dabei geht es um die Nutzung von Kartenmaterial und anderer Daten wie Verkehrsinformationen. Weitere Details nannte der Meerstra nicht.
Huawei ist auf Alternativen zu Google-Apps und -Diensten angewiesen, da dem Konzern seit letztem Jahr nicht mehr erlaubt ist, amerikanische Technologie für zukünftige Geräte zu verwenden. US-Präsident Trump hatte Huawei im Mai 2019 auf die sogenannte Entity List gesetzt und verbot allen amerikanischen Unternehmen Handelsbeziehungen zu dem chinesischen Elektronikkonzern zu unterhalten. Aus diesem Grund muss Huawei sein neueste Smartphone Mate 30 ohne Google-Dienste ausliefern.
Aus dem Umfeld von Huawei ist zu hören, dass man derzeit nicht damit rechne, dass die USA die Sanktionen gegen das Unternehmen aufheben werden. Intern stelle man sich darauf ein, nie wieder US-Technologie nutzen zu dürfen. Der zweitgrößte Smartphone-Hersteller plant daher auch eine Alternative zu Android zu entwickeln. Das mobile Betriebssystem von Google ist zwar als Open Source nicht von den Sanktionen betroffen und steht daher Huawei nach wie vor zur Verfügung. Doch mit einem eigenen Betriebssystem sei man deutlich unabhängiger.
Wie die Analyse von UBS und Formalhaut Techno Solution des neuesten Huawei-Smartphones Mate 30 ergab, scheint der chinesische Konzern auch ohne US-Hardware gut auszukommen. Satt Komponenten von US-Firmen zu nutzen, weicht das Unternehmen auf europäische und asiatische Hersteller aus. Chips von Cirrus Logic werden im Mate 30 durch Komponenten des niederländischen Konzerns NXP Semiconductors ersetzt. Die von Qorvo oder Skyworks gelieferten Leistungsverstärker kommen von der Huawei-Tochter HiSilicon.
Doch nicht nur Smartphones fertigt Huawei inzwischen ohne US-Komponenten, auch 5G-Basistationen gehören dazu. Das teilte John Suffolk, der oberste Cybersicherheitsbeauftragte des Unternehmens, in einem Interview mit. Derzeit sei die Produktion allerdings auf etwa 5000 Stück pro Monat begrenzt. Doch im Laufe des Jahres will Huawei die Stückzahl von US-freien 5G-Basistationen auf 125.000 pro Monat erhöhen.
Je länger die Sanktionen gegenüber Huawei andauern, desto deutlicher zeigt sich, wer in Wirklichkeit darunter leidet. Es sind die Firmen und Konsumenten in den USA. Im letzten Jahr hat Huawei eigenen Angaben zufolge bei US-Firmen Waren im Wert von 11 Milliarden Dollar gekauft. Auf diesen Betrag müssen diese nun verzichten, da alternative Absatzmöglichkeiten kaum existieren. Daher haben mehrere US-amerikanische Chiphersteller wie Qorvo, Skyworks und Broadcom in diesem Jahr bereits Gewinnwarnungen herausgegeben.
Zudem besteht eine weitere Gefahr: Alle anderen chinesischen Hersteller könnten nun ebenfalls auf den Gedanken kommen, sich von US-Technologie unabhängiger zu machen und dem Beispiel Huawei folgen. Schließlich weiß niemand in diesen Firmen, ob US-Präsident Trump, den selbst eine seriöse Publikation wie die Süddeutsche Zeitung als „einen kleinen, miesen Mafia-Erpresser“ bezeichnet, nicht demnächst auch Oppo und Xiaomi auf die schwarze Liste setzt. Dazu zitiert das Wall Street Journal den Halbleiternalysten der Citigroup, Atif Malik, der in einer kürzlich veröffentlichten Mitteilung sagte, dass es für US-Unternehmen ein „wachsendes inländisches Substitutionsrisiko Chinas“ gebe, insbesondere bei preisgünstigeren Handys.
Zudem dürfte auch unter den US-Konsumenten langsam Unmut darüber aufkommen, dass man dank des eigenen Präsidenten die besten Android-Smartphones in Sachen Kamera, dabei handelt es sich um das Huawei Mate 30 Pro und das Xiaomi Mi Note 10, offiziell nicht kaufen kann.
Da derzeit kaum abschätzbar ist, ob und wann die Sanktionen gegenüber Huawei aufgehoben werden, lenkt der chinesische Konzern derzeit sehr viele Ressourcen in die Entwicklung des eigenen Betriebssystems Harmony OS, das auch eine App-Plattform enthalten soll. Es wird sicher noch eine Weile dauern, bis Harmony OS und der dazugehörige App Store eine echte Alternative für Android und das Google-Ökosystem darstellen. Eines sollte jedoch jedem klar sein, Huawei wird den eingeschlagenen Kurs nicht mehr ändern. Und daher ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis das chinesischen „Android“ das Original ablösen wird. Davor dürfte Google am meisten Angst haben.
Nun mag man einwenden, dass die für Europa wichtigen Apps nicht aus China stammen. Doch das Beispiel TiTok zeigt, dass dies nicht immer so bleiben muss. Die chinesische App wurde bereits weltweit über 1,5 Milliarden Mal heruntergeladen und ist auch hierzulande und den USA sehr populär. Zu populär für so manchen amerikanischen Senator, der in der App eine Sicherheitsbedrohung für die USA zu erkennen sieht. Chinesische Firmen sollten also gewarnt sein: Wer zu erfolgreich ist, wird zur Sicherheitsbedrohung erklärt. Sich von US-Technik zu emanzipieren, dürfte für die meisten Firmen im Reich der Mitte also langfristig eine gute Entscheidung sein. Wenn das Beispiel Huawei Schule macht, gibt es, so scheint es derzeit, nur einen Verlierer: die USA.
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