Aufgrund ihres „one-to-many“-Ansatzes und auch weil die Technologieanbieter mehrere Upgrades pro Jahr vorschreiben, muss der Umgang mit den Anwendungen weiterentwickelt werden. Anpassungen sind bei Public-Cloud-Implementierungen nur auf Umwegen möglich, der Kern-Code von SaaS-Lösungen kann nicht verändert werden. Denn bei Public-Cloud-, Multi-Tenant- oder SaaS-Geschäftsanwendungen handelt es sich um geschlossene Systeme. So können ERP-Anbieter nicht nur regelmäßig Updates und neue Versionen bereitstellen, sondern auch ihren gesamten Kundenstamm gleichzeitig auf die jeweils neueste Version umstellen.
Die Auswahl von und der Umgang mit SaaS- oder Cloud-basierten ERP-Anwendungen erfordern eine andere Denkweise als bisher. Anwenderunternehmen können ERP-Systeme daher nicht länger als Basisplattform ansehen, die durch zahlreiche Anpassungen modifiziert wird. Stattdessen sollten sie SaaS-Lösungen soweit möglich so einsetzen, wie vom Hersteller vorgesehen. Das funktioniert jedoch nur dann, wenn zwei bewährte Verfahren angewandt werden:
Zwischen den beiden Praktiken besteht eine gewisse Spannung: Die erste erfordert, dass die Verantwortlichen für die Planung einige Geschäftsanforderungen ernst genug nehmen, um ihre Auswahl und Entscheidung darauf zu stützen. Die zweite sieht die meisten anderen Anforderungen als flexibel genug an, um sie an die gewählte Lösung anzupassen.
Das Ziel sollte also immer sein, möglichst wenige Anpassungen vorzunehmen. Trotzdem wird es Fälle geben, in denen kleine, aber wichtige Änderungen unvermeidbar sind – zum Beispiel weil eine Lösung, die zu 100 Prozent passt, nicht auf dem Markt verfügbar ist. Eventuell muss das Unternehmen auch Kompromisse bei bestimmten Anforderungen eingehen, weil es einen wirklich differenzierenden (oder sogar innovativen) Bedarf gibt. Wie notwendige Anpassungen umgesetzt werden sollten, wird durch die zwei Faktoren „Komplexität“ und „Integration“ bestimmt:
Fast alle Unternehmen müssen ein gewisses Maß an Anforderungen unterstützen, die über die Basisfunktionalität der ERP-Lösung hinausgehen. Solche Anforderungen können manchmal außerhalb des Systems gelöst werden, beispielsweise durch den Aufbau eines eigenständigen Moduls und dessen Integration. Das ist aber oft zu schwierig. Das Team im Unternehmen muss daher mit vertretbarem Aufwand Lösungen mit engen Berührungspunkten zu den umliegenden Prozessen liefern. Dies gilt insbesondere für Integrationen zwischen dem ERP und anderen Anwendungen oder wenn einige Prozesse angepasst werden müssen, zum Beispiel um Industriestandards zu erfüllen.
Dafür wurden zwei bewährte Verfahren entwickelt:
Anwendungsleiter müssen neue Releases der ERP-Anwendung regelmäßig analysieren und mit den Geschäftsprozessexperten zusammenarbeiten, um die Änderungen mit den offenen Anforderungen zu vergleichen. Der jeweilige ERP-Anbieter kann zudem Informationen über die Teilnahme an Nutzervereinigungen („User Groups“) geben, je nachdem wo es diese gibt. Diese Gruppen ermöglichen es den Kunden der Public-Cloud-Lösung, Rückmeldung darüber zu geben, welche neuen Funktionen in kommenden Versionen gewünscht werden. Sobald die Basislösung ähnliche konfigurierbare Funktionen bietet, sollte die intern entwickelte Änderung zurückgezogen und durch neue Standardfunktionalität ersetzt werden.
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