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Amazon Vice President tritt aus Protest zurück

In den USA herrscht traditionell das Prinzip „Hire and Fire“ und wer aufmuckt, wird seinen Job nicht lange behalten. Amazon gibt aktuell ein Negativbeispiel ab. Das Unternehmen profitiert wie kaum ein anderes von der Krise, aber die einfachen Mitarbeiter werden schlecht behandelt. Diese protestieren, weil die Arbeitsbedingungen in den Lagerhäusern unzumutbar sind und kaum Schutzvorkehrungen getroffen werden.

Der Kanadier Tim Bray, Senior Prinicipal Engineer und Vice President Distinguished Engineer bei Amazon Web Services (AWS), trat aus Protest gegen dieses Verhalten der Geschäftsleitung zurück. Bray kam Ende 2014 zu AWS, nachdem er vier Jahre lang bei Google als Android-Entwickler tätig gewesen war. Davor war er Direktor für Webtechnologie bei Sun Microsystems, wo er eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Java und dessen Open-Source-Entwicklung unter der GPL spielte. Er verließ Sun einen Monat nach der Übernahme durch Oracle.

Der 64-Jährige Bray hatte zuvor die Kultur bei AWS in einem Blogpost 2017 gelobt: „Ich brauche das Geld nicht wirklich, aber ich habe noch nicht aufgehört.“ Jetzt war für ihn aber das Maß voll: „Der 1. Mai war mein letzter Tag bei Amazon Web Services nach fünf Jahren und fünf Monaten. Ich habe aus Bestürzung darüber gekündigt, dass Amazon Whistleblower entlassen hatte, die die Klagen und die Angst vor COVID-19 an die Öffentlichkeit brachten“, schrieb er in seinem persönlichen Blog.

Amazon war bereits im Januar in den Schlagzeilen, weil es angeblich damit gedroht hatte, Klimaaktivisten zu entlassen. Im April 2020, mitten im Coronavirus-Ausbruch in den USA, berichtete die Washington Post, die dem Amazon-Chef Jeff Bezos gehört, dass Amazon mehrere Angestellte entlassen habe, die zur Gruppe Amazon Employees for Climate Justice (AECJ) gehörten und die in ihren Lagerhäusern sicherere Arbeitsbedingungen und mehr Schutz bei der Arbeit gefordert hatten.

Bray weist darauf hin, dass er einer der 8.702 Unterzeichner des offenen Briefes der Amazon Employees for Climate Justice (AECJ) war, in dem die Aktionäre aufgefordert wurden, eine Resolution zu unterstützen, in der Amazon aufgefordert wird, Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen.

Für Bray war es der Knackpunkt, als Amazon Mitte April zwei AECJ-Führerinnen, Emily Cunningham und Maren Costa, entließ, unmittelbar nachdem sie intern für eine Petition geworben hatten, in der Coronavirus-Schutzmaßnahmen für Lagerarbeiter gefordert wurde. Die beiden hatten für den 16. April auch einen Video-Call organisiert, an dem Amazon-Lagerarbeiter aus aller Welt und die prominente Aktivistin Naomi Klein teilnahmen.

„Die Rechtfertigungen waren lächerlich; es war für jeden vernünftigen Beobachter klar, dass sie wegen Whistleblowing gefeuert wurden“, schreibt er. Bray erklärt, er habe seine Bedenken zunächst intern vorgetragen, weil ein VP nicht öffentlich abtrünnig werden sollte. Einzelheiten zu dem Gespräch hat Bray nicht verraten. Er sagt aber, dass er viele der gleichen Argumente, die er in seinem Blogbeitrag ausführlich dargelegt hat, vorgebracht hat. „Ein Amazon VP zu bleiben, hätte in Wirklichkeit bedeutet, dass ich Aktionen, die ich verachtet habe, abgesegnet hätte. Deshalb bin ich zurückgetreten.“

Bray merkt an, dass er glaubt, Amazon habe „diesem Thema Priorität eingeräumt und massive Anstrengungen in die Sicherheit der Lagerhäuser gesteckt“. Er argumentiert aber auch, dass die Entlassung von Mitarbeitern durch Amazon, die sich beschwert haben, symptomatisch für den modernen Kapitalismus sei. Amazon behandle die Menschen in den Lagerhäusern als austauschbare Einheiten für Pick-and-Pack.

Aus diesem Grund argumentiert Bray auch, dass die Behörden Amazon Regeln auferlegen müssen. „Wenn uns bestimmte Dinge nicht gefallen, die Amazon macht, müssen wir gesetzliche Regelungen finden, um diese Dinge zu stoppen.“ Er verweist auf das positive Beispiel Frankreich, das den Verkauf von Amazon eingeschränkt hat.

Bray verweist auf den großen Unterschied, wie Amazon als Arbeitgeber mit den einfachen Lagerarbeitern und den privilegierten hochbezahlten Angestellten von AWS umgeht. AWS „ist eine andere Geschichte. Dort werden die Angestellten menschlich behandelt und eine Work-Life-Balance angestrebt. AWS ist im Großen und Ganzen eine ethische Organisation“.

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ZDNet.de Redaktion

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