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AWS warnt vor Schweizer Taschenmessern

Das große Portfolio an Tools und Services ist eines der Erfolgsrezepte, die AWS seit der Gründung im Jahr 2006 zum weltweiten Markführer von Cloud-Diensten gemacht haben. Mittlerweile bietet AWS Hunderte von Services an.

Trotz des umfangreichen Angebots will der Cloud-Anbieter allerdings seit jeher keine Allzweck-Werkzeuge liefern. Stattdessen gibt es quasi für jeden nur denkbaren Einsatz ein hochspezialisiertes Tool. Die Philosophie dahinter ist, dass Lösungen, die einem Schweizer Taschenmesser gleichen, am Ende im Einzelfall wenig bringen, wenn man mehr erreichen möchte als Dinge notdürftig zu kreieren bzw. zu reparieren. Schließlich sind die Messer und Schraubenzieher eines Schweizer Taschenmessers bei genauer Betrachtung für den professionellen Gebrauch nicht geeignet. Stattdessen sind spezielle Werkzeuge für jedes Einsatzszenario die deutlich bessere Wahl.

„AWS will kein Schweizer Taschenmesser sein, sondern tief in jeden Einsatzbereich eindringen können und Kunden in jedem Bereich spezialisierte Lösungen anbieten“, erklärt Max Hille, Senior Analyst bei Crisp Research/Cloudflight (Bild: Tillmann Braun).

„AWS will kein Schweizer Taschenmesser sein, sondern tief in jeden Einsatzbereich eindringen können und Kunden in jedem Bereich spezialisierte Lösungen anbieten“, erklärt Max Hille, Senior Analyst bei Crisp Research/Cloudflight. „Dieser Ansatz von AWS zeigt deutlich, dass die Nutzung von Cloud-Lösungen in erster Linie keine Vereinfachung ist, sondern eine Professionalisierung der digitalen Infrastruktur. Die große Zahl an hochspezialisierten Werkzeugen und Services bietet AWS-Kunden viele Möglichkeiten, macht die Sache allerdings auch komplexer, was letztlich auch die Existenz von Beratungsunternehmen wie unserem erklärt“, so Max Hille.

Lösungen für konventionelle Rechenzentren

Früher dominierte bei AWS das Paradigma, dass man entweder komplett in die Cloud geht oder gar nicht. Halbe Sachen wie Hybrid-Lösungen waren lange ein rotes Tuch für Andy Jassy, CEO von AWS, sowie seine Vorstandskollegen. Doch viele Unternehmen – und damit potenzielle Kunden von AWS – haben in den vergangenen Jahren aus unterschiedlichsten Gründen noch massiv in eigene Rechenzentren investiert.

Diesen Unternehmen fällt es nun schwer, diese Investitionen abzuschreiben, wenngleich sie gezwungen sind einen Einstieg in Schlüsseltechnologien wie Machine Learning (ML) und Künstliche Intelligenz (KI) zu finden. Da kaum ein Unternehmen realistischerweise über die Ressourcen für ML oder KI im eigenen Rechenzentrum verfügt, müssen Unternehmen bei diesen Themen auf die Hilfe von Microsoft Azure, Google Cloud, IBM oder AWS setzen. Nicht zuletzt deshalb haben die Cloud-Anbieter auch sogenannte Hybrid-Lösungen im Angebot d.h. der Kunde betreibt weiterhin einen Teil seiner IT im eigenen Rechenzentrum, kann aber nahtlos auf neue, innovative Cloud-Technologien der Anbieter zugreifen.

Auf der jährlichen AWS-Konferenz re:Invent in Las Vegas lag deshalb auch ein großer Fokus auf dem Hybrid-Thema. Gemeinsam mit dem Partner VMware konnten AWS-Kunden auf dem Event bereits ihr Rechenzentrum nahtlos auf die AWS Cloud erweitern. Mit den neuen AWS Outposts können viele AWS-Dienste, Werkzeuge und Cloud-Infrastruktur in jedes beliebige Rechenzentrum importiert werden.

Wie erfolgreich diese Hybrid-Lösungen von deutschen Unternehmen angenommen werden, lässt sich schwer abschätzen. Für AWS steht jedoch schon fest, dass Hybrid nur eine Übergangslösung darstellen soll. Die Übergangsphase dürfte zwischen fünf und zehn Jahre betragen, bis Unternehmen ganz auf Cloud-Computing umgestiegen sind. Am Ende dieses Jahrzehnts wird sich dann zeigen, ob Unternehmen ganz auf eigene Rechenzentren verzichtet haben.

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Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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