Britischen Strafverfolgern ist offenbar ein wichtiger Schlag gegen das organisierte Verbrechen gelungen. Sie knackten die Verschlüsselung der weltweit verfügbaren Kommunikationsplattform EncroChat. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse führten nun zur Verhaftung von 746 Personen sowie der Beschlagnahmung von Schusswaffen, Bargeld und mehr als zwei Tonnen Drogen.
Die Ermittlungen gegen EncroChat und ähnliche Dienste hätten schon im Jahr 2016 begonnen, heißt es in einer Pressemitteilung der Ermittler. Vor zwei Monaten sei die Plattform schließlich zusammen mit Partnern in Frankreich und den Niederlanden infiltriert worden. Die dabei gewonnen Daten seien auch an Europol weitergegeben worden. Im Rahmen der Operation Venetic seien seitdem ohne Wissen der EncroChat-Nutzer alle ihre Schritte überwacht worden. Die EncroChat-Server wurden zudem inzwischen abgeschaltet.
Allein in Großbritannien wurden nun bei diversen Hausdurchsuchungen 746 Personen verhaftet und 77 Schusswaffen sowie vier Granaten und mehr als 1800 Schuss Munition beschlagnahmt. Den Ermittlern fielen zudem mehr als zwei Tonnen illegale Drogen der Kategorien A und B. Darunter fallen Drogen wie Crack, Kokain, Heroin und Crystal Meth sowie Cannabis, Amphetamine, Barbiturate und Ketamine. In einem illegalen Labor fanden sich zudem 28 Millionen Valium-Tabletten. Die Ermittler beschlagnahmten aber auch Bargeld in Höhe von 54 Millionen Pfund und Luxusgegenstände wie hochwertige Fahrzeuge und Uhren.
Allerdings stellten die EncroChat-Betreiber am 13. Juni fest, dass ihre Plattform kompromittiert wurden. In einer Nachricht an alle Nutzer empfahlen sie, die für die Nutzung von EncroChat ausgegebenen Smartphones zu vernichten. Die Telefone wurden mit vorinstallierten Apps für Messaging und VoIP-Telefonate sowie einem Kill Switch für eine Löschung aus der Ferne ausgeliefert. Für einen Vertrag mit einer Laufzeit von sechs Monaten verlangten die Betreiber eine Gebühr von rund 1500 Pfund.
Zu dem Zeitpunkt lagen den Ermittlern allerdings schon Millionen von Nachrichten und mehrere Hunderttausend Fotos vor. Laut National Crime Unit wurden die Ermittlungen gegen die gefährlichsten Verbrechergruppen priorisiert.
„Die Infiltration dieser Kommando- und Kontroll-Kommunikationsplattform für den kriminellen Markt Großbritanniens ist so, als hätte man in jeder Spitzengruppe des organisierten Verbrechens im Land eine Insider-Person“, kommentierte NCA Director Nikki Holland den Erfolg der Ermittler. „Diese Operation zeigt, dass Kriminelle nicht ungestraft davonkommen, wenn sie verschlüsselte Geräte benutzen, um unter dem Radar abscheuliche Verbrechen zu planen“, ergänzte die britische Innenministerin Priti Patel.
Unklar ist, wie nach dem endgültigen Austritt Großbritanniens aus der EU solche Ermittlungserfolge möglich sein werden. Das Ende der britischen EU-Mitgliedschaft bedeutet möglicherweise auch das Ende jeglicher Zusammenarbeit im Bereich Justiz. Selbst eine Auslieferung von möglichen Straftätern nach Großbritannien wäre ohne ein neues Abkommen zwischen Brüssel und London nicht möglich – viele EU-Staaten haben keine separaten Auslieferungsabkommen mit dem Vereinigten Königreich.
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