Deutsche Mobilfunknutzer blicken neidisch nach Österreich und der Schweiz. Laut der Studie „State of Mobile Networks DACH“ des Mobile-Crowdsourcing-Unternehmens Tutela aus dem Juni 2020 wird im Ländervergleich der Vorsprung der Nachbarländer greifbar:
In der Schweiz liegt die mittlere Download-Geschwindigkeit bei 30 Mbit/s, in Österreich bei 24,7 Mbit/s und in Deutschland bei 14,7 Mbit/s. Das sind wohlgemerkt die Durchschnittswerte aller drei getesteten Mobilfunknetze pro Land. Der Vergleich des jeweiligen Spitzenreiters und Schlusslichts untereinander zeigt daher einen noch größeren Aufholbedarf: Swisscom bietet eine mittlere Download-Geschwindigkeit von 38 Mbit/s – fast 21 Mbit/s mehr als bei der Telekom und gut 25 Mbit/s mehr als bei Vodafone.
Deutlich wird der Vorsprung der Nachbarn auch beim Vergleich der Zeit, die die Mobilfunkkunden im 3G- bzw. 4G (LTE)-Netz verbringen: Am besten schneidet hier die Schweiz ab, Kunden hatten dort zu fast 90 Prozent der Zeit auch eine LTE-Verbindung. In Deutschland war dies dagegen nur zu knapp 70 Prozent der Zeit der Fall.
In Deutschland legte die Telekom vor und gewann in vier der fünf gemessenen Kategorien. Das bedeutet im Detail:
In der Kategorie Latenz (in eine Richtung gemessen) ging der Sieg an O2 mit einer mittleren Latenz von 14,8 Millisekunden, im Vergleich zu 16,8 Millisekunden bei der Telecom.
Auch hier schärft der Vergleich zwischen dem jeweiligen Spitzenreiter und Schlusslicht das Bild: Kunden von Swisscom haben zu gut 91 Prozent der Zeit eine LTE-Verbindung. In Deutschland liegt O2 vorne und bietet immerhin zu rund 73 Prozent der Zeit LTE. Die Telekom kommt auf nur gut 60 Prozent. Vodafone liegt mit etwa 65 Prozent dazwischen. Diese Zahlen sind aber mit Vorsicht zu genießen: Wird die gesamte mobile Nutzererfahrung betrachtet, führt die Telekom das Feld an.
Die Nutzung mobiler Daten wächst mit einem rasanten Tempo von etwa 25-50 Prozent pro Jahr. Von 50 Prozent ausgehend, ist nach sechs Jahren die Nachfrage nach mobilen Daten zehnmal größer, nach acht Jahren sogar 25-mal. Um herauszufinden, wie die Netze auf diese Herausforderung reagieren sollten, lohnt sich der Vergleich mit anderen Ländern, denn einige Netzwerke transportieren viel mehr Daten als andere. Beispielsweise in Finnland: Die Mobilfunkkunden dort nutzen ihr gutes Netz intensiv und verbrauchen durchschnittlich fast 24 GB/Monat. Der EU-weite Durchschnitt liegt bei 2,8 GB/Monat. Ließe sich das replizieren, stünden Mobilfunknetzbetreibern genug Kapazitäten zur Verfügung, um das Nachfragewachstum von sechs Jahren zu befriedigen.
Ein Grund für die schlechten Ergebnisse: Deutschland hat – auf die Zahl der Nutzer bezogen – mit die geringste Zahl an LTE Funkmasten in der EU-28. Finnland führt mit 3,7 Masten pro 1.000 Einwohner, während es in Deutschland nur 0,7 sind. Für die Leistungsfähigkeit eines Mobilfunknetzes ist allerdings aufgrund von technischen Gründen insbesondere die Dichte der Funkmasten entscheidend: So steigt die verbrauchte Zellkapazität mit zunehmender Entfernung vom Funkmast steil an.
Wenn sich ein Nutzer beispielsweise bei einem Viertel der maximalen Reichweite des Funkmasts befindet, verbraucht er nur etwa 3 Prozent der Kapazität. Bei halber Reichweite steigt dieser Anteil auf etwa 13 Prozent, bei drei Vierteln auf 37 Prozent und am Rand verbraucht er fast die gesamte Kapazität. Das liegt daran, dass am Rand der Zelle das Signal schwach ist und daher die Menge der Informationen, die kodiert werden können, deutlich reduziert werden muss. Um die gleiche Informationsmenge zu transportieren, steigt die Länge der Übertragung, was immer mehr Ressourcen in Anspruch nimmt. Wenn die Funkmasten näher beieinander stehen, sind die Signalpegel am Rand der Zellen viel höher – effektiv arbeiten die Funkmasten dann bei der halben oder bei drei Vierteln der maximalen Reichweite.
Mittlere Download-Raten beispielsweise sind laut den Experten von Tutela nicht optimal geeignet, um die Qualität der Verbindung und damit die tatsächliche Nutzererfahrung zu erfassen. Daher hat Tutela seine Tests und Messungen so aufgebaut, dass sie auch die tatsächliche Performance erfassen – und nicht nur die maximale. Eine gute Verbindung ist eine Verbindung, die den Nutzern erlaubt, das zu tun, was sie tun wollen: Surfen im Web, Mobile Gaming, Verwenden von Apps, Telefonieren mit Kontakten, Streamen von Videos und Videoanrufe beispielsweise.
Um objektiv beurteilen zu können, wie gut Mobilfunknetzwerke ihren Nutzern erlauben, diese Dinge zu tun, hat Tutela einen Standard entwickelt, genannt Consistent Quality. Einfach ausgedrückt handelt es sich um zwei Gruppen von Schwellenwerten, die Core und Excellent genannt werden. Eine Core-Verbindung ist gut genug für eine Gruppe von Anwendungsszenarien wie SD-Videostreaming, Web Browsing, E-Mails und VOIP-Anrufe, aber bei anspruchsvolleren Anwendungen ist es wahrscheinlich, dass es zu Verzögerungen oder Buffering kommt. Wenn eine Verbindung den Excellent-Standard erreicht, ist sie für die Gruppe der anspruchsvollsten mobilen Anwendungsfälle, wie HD-Gruppen-Videoanrufe oder 1080p-Videostreaming, gut genug.
In Bezug auf die Consistent Quality führt Österreich knapp den Ländervergleich an: Österreich bot seinen Mobilfunkteilnehmern im Vergleich zur Schweiz und zu Deutschland durchweg das beste Mobilfunkerlebnis. 88 Prozent der Tests erfüllten die Schwellenwerte für Excellent Consistent Quality. Das heißt, österreichische Nutzer konnten fast immer 1080p Videos streamen, HD-Videoanrufe tätigen oder mobil spielen.
Nach Österreich belegte die Schweiz mit einem Anteil von 87,6Prozent Excellent Consistent Quality den zweiten Platz. Deutschland folgt mit 78,5Prozent Excellent Consistent Quality. Diese Prozentzahlen sind abstrakt, bedeuten aber konkret, dass deutsche Mobilfunknutzer in vier von fünf Fällen mobile Anwendungen nur eingeschränkt nutzen konnten. Zudem erreichte die Verbindungsqualität bei gut 5 Prozent der Messungen in Deutschland noch nicht einmal die Schwellenwerte für die Core Consistent Quality.
„Mobilfunkkunden in der gesamten DACH-Region, insbesondere die in Österreich und der Schweiz, stehen sehr gute und konsistente Verbindungen zur Verfügung“, erklärt Tom Luke, Vice President bei Tutela. „Obwohl sich der Schwerpunkt jetzt stark hin zur 5G-Bereitstellung verlagert und die Infrastruktur und Technologie umfassend erneuert werden, kommen die Nutzer wahrscheinlich weiterhin in den Genuss einer gleichbleibend hohen Qualität der Nutzererfahrung. Es ist wichtig, diese im kommenden Jahr aufrecht zu erhalten, zumal sich einige Frequenzauktionen verzögern, was ein Hindernis auf dem Weg zur 5G-Exzellenz darstellen könnte.“
Tutela hat für den Report 7,4 Milliarden Datensätze von Smartphone-Nutzern aus sogenannten Common Coverage Areas in der DACH-Region ausgewertet. Common Coverage Areas sind laut Tutela Gebiete, in denen die Mehrheit der Mobilfunknetzbetreiber ihre Dienste anbieten. Unter den Tutela Daten, die für den Report ausgewertet wurden, befinden sich mehr als 83 Millionen Geschwindigkeitstests und 1,02 Milliarden Latenztests (in eine Richtung gemessen), die zwischen dem 1. Oktober 2019 und dem 31. März 2020 DSGVO-konform per Mobile Crowdsourcing gesammelt wurden. In allen drei Ländern wurden jeweils drei Mobilfunknetze untersucht.
Der komplette Report steht kostenlos zum Download zur Verfügung.
Der von zahlreichen Ländern wegen der Coronakrise eingeführte Lockdown und die damit verbundene soziale Distanzierung haben neue Rekorde im Online-Videoverkehr gebracht. Erfahren Sie in diesem Webinar, wie Sie Daten untersuchen und quantifizieren, um die Belastung von Netzwerken und CDNs einzuschätzen.
Mindestens eine Anfälligkeit erlaubt eine Remotecodeausführung. Angreifbar sind alle unterstützten Versionen von Android.
Ein einziges IT-Problem kann ein gesamtes Unternehmen zum Stillstand bringen. Insbesondere sicherheitsrelevante Vorfälle bedrohen dabei…
Viele Sicherheitsanwendungen erkennen die absichtlich beschädigte Dokumente nicht als gefährliche Dateien. Die Hintermänner haben es…
Ab einem Alter von 10 Jahren haben die meisten ein eigenes Smartphone. Hälfte zwischen 6…
Energieeffiziente flüssigkeitsgekühlte Rechenzentren bringen wissenschaftlichen Fortschritt in Biowissenschaften und Medizin voran.
Der Manager verlässt auch das Board of Directors. Während der Suche nach einem Nachfolger leiten…