Einem interdisziplinären Forschungsteam von IBM, Mercedes Benz Research sowie Virginia Tech ist es gelungen, einige Moleküle mit einer höheren Genauigkeit als bisher zu simulieren, ohne dass dafür mehr Qubits benötigt wurden. Die Forscher schafften es tatsächlich, mehr Informationen in die mathematischen Funktionen zu packen, die zur Durchführung der Simulation verwendet wurden, was bedeutet, dass das Ergebnis des Prozesses viel präziser war, und das ohne zusätzliche Rechenkosten. Die Wissenschaftler nennen ihren Forschungsbericht „A Tale of Colliding Electrons” in Anspielung auf das Buch von Charles Dickens „Eine Geschichte aus zwei Städten“ (Originaltitel: A Tale of two Cities).
„Das heißt, dass die Eigenschaften für paradigmatische Moleküle wie Fluorwasserstoff (HF) auf den heutigen kleinen Quantencomputern mit höherer Genauigkeit berechnet werden können“, so die Forscher, die damit den Quantencomputern zu einem „Mehr an Leistung“ zu verhelfen.
Daimler als ein langjähriger Partner von IBM in der Quantenforschung zeigt großes Interesse an den Ergebnissen, die einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von leistungsfähigeren, langlebigeren und günstigeren Batterien leisten könnten. Daimler hat seit langem erkannt, welche Rolle Elektrofahrzeuge bei der Reduzierung der Emissionen und des Verbrauchs fossiler Brennstoffe spielen werden. Die Zusammenarbeit mit IBM im Bereich Quantencomputing steht im Einklang mit dieser Elektrifizierungsinitiative.
Seit 2015 arbeitet Daimler an der Weiterentwicklung von Lithium-Ionen-Batterien zu Lithium-Schwefel-Batterien – einem ungiftigen und leicht verfügbaren Material, das die Kapazität und Ladegeschwindigkeit von Elektrofahrzeugen erhöhen würde.
Das Design einer Batterie auf Basis neuer Materialien erfordert ein genaues Verständnis, welche Verbindungen wie zusammenkommen sollen. Der Prozess beinhaltet die genaue Beschreibung aller Eigenschaften aller Moleküle, aus denen die Verbindung besteht, sowie der Partikel, aus denen diese Moleküle bestehen, um zu simulieren, wie die Verbindung in vielen verschiedenen Umgebungen reagieren wird. Mit anderen Worten, es ist eine unglaublich datenintensive Arbeit, bei der unendlich viele Molekülkombinationen getestet werden müssen, bevor die richtige gefunden ist.
Mit den klassischen Methoden, die es heute gibt, lassen sich diese Simulationen nicht mit der Präzision durchführen, die für einen Durchbruch, wie ihn Daimler anstrebt, erforderlich ist. „Das ist ein großes Problem bei der Entwicklung von Batterien der nächsten Generation“, erklärt Dr. Heike Riel, Leiterin von IBM Research Quantum (Promotion Universität Bayreuth). „Klassische Computer und die Modelle, die wir seit vielen Jahren in der Physik und Chemie entwickelt haben, können diese Probleme noch nicht lösen.“
Aber die Aufgabe könnte von Quantencomputern mit hoher Geschwindigkeit gelöst werden. Qubits und ihre Fähigkeit, verschiedene Informationen gleichzeitig zu kodieren, ermöglichen es Quantenalgorithmen, mehrere Berechnungen auf einmal auszuführen – und es wird erwartet, dass Quantencomputer eines Tages in der Lage sein werden, scheinbar unlösbare Probleme in wenigen Minuten zu bewältigen.
Dazu brauchen Physiker Quantencomputer, die viele Qubits unterstützen; aber die Skalierung von Qubits ist kein Kinderspiel. Die meisten Quantencomputer, darunter auch der von IBM, arbeiten mit weniger als 100 Qubits, was bei weitem nicht ausreicht, um die komplexen Moleküle zu simulieren, die für bahnbrechende Entwicklungen wie Lithium-Schwefel-Autobatterien benötigt werden.
Einige der Eigenschaften dieser Moleküle werden in Computerexperimenten typischerweise mit einer mathematischen Funktion dargestellt, die Hamiltonian genannt wird und die Raumfunktionen der Teilchen, auch Orbitale genannt, repräsentiert (Benannt nach dem irischen Mathematiker Sir William Rowan Hamilton (1805-1865)). Mit anderen Worten: Je größer das Molekül, desto größer das Orbital, und desto mehr Qubits und Quantenoperationen werden benötigt.
„Wir können derzeit nicht genügend Orbitale in unseren Simulationen auf Quantenhardware darstellen, um die Elektronen, die in komplexen Molekülen in der realen Welt vorkommen, zu korrelieren“, so Dr. Riel.
Anstatt auf einen größeren Quantencomputer zu warten, der gewichtige Berechnungen übernehmen könnte, beschlossen die Forscher, zu sehen, was sie mit der aktuellen Technologie tun können. Um die Ressourcenbeschränkungen zu kompensieren, erstellte das Team einen sogenannten „transkorrelierten“ Hamiltonian – einen, der so transformiert wurde, dass er zusätzliche Informationen über das Verhalten der Elektronen in einem bestimmten Molekül enthält.
Diese Information, die die Neigung negativ geladener Elektronen betrifft, sich gegenseitig abzustoßen, passt normalerweise nicht auf bestehende Quantencomputer, da sie zu viel zusätzliche Rechenleistung erfordert. Indem die Forscher das Verhalten der Elektronen direkt in einen Hamiltonian einbauten, erhöhten sie daher die Genauigkeit der Simulation, ohne jedoch mehr Qubits zu benötigen.
Die Methode ist ein neuer Schritt, um die Eigenschaften von Materialien trotz der bisher begrenzten Ressourcen auf einem Quantencomputer mit hoher Genauigkeit zu berechnen. „Je mehr Orbitale man simulieren kann, desto näher kommt man der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse eines tatsächlichen Experiments“, so die Wissenschaftler. „Bessere Modellierung und Simulationen werden letztendlich zur Vorhersage von neuen Materialien mit bestimmten Eigenschaften führen, die von Interesse sind.“
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