Die Auswirkungen des Brexit sind schlimmer als selbst von Pessimisten befürchtet. Laut einer Umfrage des Chartered Institute of Procurement & Supply (CIPS) bei 350 Lieferkettenmanager in Großbritannien gaben knapp 60 Prozent an, dass es inzwischen länger dauert, Waren zwischen dem Kontinent und Großbritannien hin und her zu bewegen als noch im Januar. Äußerst komplexe und teure Zollvorschriften erschweren Exporteuren auf beiden Seiten des Ärmelkanals das Leben. 63 Prozent der Befragten klagten über mindestens zwei bis drei Tage Verzögerung beim Warentransport vom Kontinent nach Großbritannien.
Nun könnten auch neue Hemmnisse beim Datenschutz hinzukommen, erklärt Marc Ahlgrim, Digital Transformation Specialist Risk Mitigation and Compliance, GDPR bei Veritas. Denn seit dem Austritt Großbritanniens aus der EU wird die Rechtsgrundlage für den gegenseitigen Datenaustausch über den Ärmelkanal neu diskutiert. Derzeit gilt für Firmen im Vereinigten Königreich eine Übergangsfrist, in der sie zusätzlich zu ihren geltenden Datenschutzgesetzen ein Datenschutzniveau nach Artikel 44 der DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) bieten müssen. Europäischen Unternehmen, die personenbezogene Informationen an britischen Standorten speichern, drohen hohe Strafzahlungen, wenn diese zusätzlichen Anforderungen nicht erfüllt sind.
Jetzt hat die Europäische Kommission die britischen Datenschutzgesetze nach einer eingehenden Prüfung für „angemessen“ erklärt, zusätzliche Anforderungen sind demnach nicht notwendig. Nach den Worten von EU-Kommissionsvizepräsidentin Věra Jourová bieten die geltenden Regeln einen ausreichenden Schutz persönlicher Daten auf dem Niveau der EU. Allerdings müssen die EU-Mitgliedsstaaten dem Entwurf noch zustimmen. Dafür haben sie bis Juni Zeit, dann endet die Übergangsphase. Erst danach ist der Datenaustausch zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich wieder ohne Einschränkungen möglich.
Nicht nur Großkonzerne, auch Mittelständler und Start-ups in Europa tauschen mit Standorten auf der Insel Daten aus. Gerade bei Cloud-Diensten sowie im Wartungs- und Kundenservice setzen viele Unternehmen aus der EU auf britische Dienstleister. Sie alle dürften den „Angemessenheitsbeschluss“ begrüßen, da er für Rechtssicherheit sorgt.
Allerdings sollten sie sich nicht zu früh freuen, was die Sicherheit beim Datenaustausch zwischen der EU und UK angeht, warnt Marc Ahlgrim, Digital Transformation Specialist Risk Mitigation and Compliance, GDPR bei Veritas: „Unter Umständen bleibt der Beschluss nicht lange wirksam. Wie bei früheren Abkommen zu diesem Thema, zuletzt dem EU-US Privacy Shield und seinem Vorgänger Safe Harbor, besteht auch diesmal die Gefahr, dass NGOs vor den Europäischen Gerichtshof ziehen, um den Beschluss per Klage zu kippen.“ Nach Ansicht von Datenschützern nimmt es Großbritannien mit der Sicherheit von Personendaten nicht sehr genau. Zudem gibt es keine Prüfung, wie gut Daten dort vor dem Zugriff von Geheimdiensten geschützt sind, da das Vereinigte Königreich Mitglied der Five-Eyes-Allianz ist (USA, Kanada, Australien, Neuseeland, UK).
Unternehmen, die personenbezogene Informationen mit Standorten im Vereinigten Königreich austauschen, sollten sich daher für mögliche Compliance-Probleme wappnen. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen umfassende Datenschutzkontrollen und die Implementierung eines automatisierten Datenmanagements, mit dessen Hilfe alte und neue Daten automatisch untersucht, kategorisiert und entsprechend ihrem Inhalt behandelt werden. In der Praxis haben sich fünf Best-Practice-Schritte bewährt, um diese Aufgabe zu lösen:
Die für jeden dieser Schritte eingesetzten Datenmanagement-Werkzeuge folgen im Idealfall einer zentralen Policy, aus der sich Maßnahmen ableiten lassen, die dann automatisch umgesetzt werden. Empfehlenswert ist zudem ein Service, der die verschiedenen Tools an die individuelle Umgebung anpasst und ein erstes Assessment zur generellen DSGVO-Reife durchführt. Aus den Ergebnissen lassen sich schnell individuelle Risiken herauslesen und die großen Probleme als erstes angehen.
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