Namen sind Schall und Rauch. Dennoch sind veränderte Bezeichnungen manchmal ein Zeichen für einen echten Rollenwandel. Mit der fortschreitenden digitalen Transformation hat sich die Rolle des Chief Information Officer (CIO) verändert. Viele große, datengetriebene Unternehmen haben heute einen Chief Digital Officer (CDO) oder Leiter Digitalisierung beziehungsweise planen, diese Stelle einzurichten. Als Verantwortlicher, der auf Basis von Datenanalysen Innovationen vorantreibt und die Firmenstrategie mitbestimmt, ist der CDO damit neben dem CEO der vielleicht wichtigste Vertreter der Geschäftsführung.
Die Verantwortung für die Digitalisierung dürfte in Unternehmen künftig vielerorts klarer geregelt sein. Laut einer Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter 602 deutschen Firmen ab 20 Beschäftigten hatte Ende 2021 zwar nur jedes fünfte Unternehmen einen eigenen Chief Digital Officer/ Digital Data Officer (CDO) beziehungsweise Leiter Digitalisierung. 14 Prozent gaben jedoch an, die Einrichtung einer solchen Stelle aktuell zu planen. Dabei handelt es sich allerdings vorwiegend um größere Unternehmen. So haben bereits zwei Drittel der Konzerne mit 2.000 oder mehr Beschäftigten einen CDO oder Leiter Digitalisierung. Von den Betrieben mit 20 bis 99 Mitarbeitern ist es dagegen nur ein Drittel. Diese Schere könnte künftig weiter auseinandergehen: 30 Prozent der Unternehmen ab 2.000 Beschäftigten planen, eine entsprechende Stelle zu schaffen. Bei den Firmen mit bis zu 99 Angestellten sind es hingegen nur 13 Prozent.
Tiefgreifender Rollenwandel
Ungeachtet dieser unterschiedlichen Dynamik zeichnet sich hier dennoch ein klarer Trend ab: Noch vor zehn Jahren war es der CIO (Chief Information Officer), der gleichsam als betrieblicher „Digital-Chef“ Themen wie Vernetzung, den Schritt in die Cloud sowie digitale Verwaltungsprozesse vorantrieb. Mit der fortschreitenden Digitalisierung bieten IT-Systeme heute jedoch wesentlich mehr als die Möglichkeit, bestehende Abläufe effizienter zu gestalten. Das hat die Rolle des CIO verändert. Durch ausgereifte Methoden der Datenanalyse sowie mittels Künstlicher Intelligenz und Machine Learning entstehen heute völlig neue digitale Geschäftsmodelle. Gleichzeitig verändern sich viele Bereiche im Tagesgeschäft. Zum Beispiel finden Kundenkontakte im Vertrieb zunehmend über digitale Kanäle statt. Die digitale Transformation betrifft damit nicht mehr nur IT und Marketing, sondern alle Abteilungen. Das verändert im Weiteren nicht nur die Unternehmenskultur und Strategie, sondern auch das Rollenverständnis des CIO, der sich sukzessive zum Chief Digital Officer beziehungsweise Digital Data Officer (CDO) weiterentwickelt.
Während der Chief Digital Officer die digitale Innovation und Transformation in einem Unternehmen vorantreibt, richtet der Chief Data Officer die Firmenstrategie an Daten und deren Auswertung aus und kümmert sich ferner um Compliance, Datenschutz und Data Governance. Die beiden Rollen und Bezeichnungen sind noch relativ neu und variieren je nach Betrieb und Branche. Und da die digitale Transformation vorrangig von Daten getrieben wird, lassen sie sich auch kaum voneinander abgrenzen. Ziel eines CDOs sollte aber in jedem Fall sein, auf Basis der aus Daten gewonnenen Insights Innovationen zu fördern.
Strategieberater des CEOs
Ein CDO ist vor diesem Hintergrund für den Unternehmenserfolg und strategische Entscheidungen mitverantwortlich. Neben dem CEO ist er das vielleicht wichtigste Mitglied im Top-Management – sofern das Unternehmen einen digitalen und datenzentrierten Ansatz verfolgt. Denn damit wird die Strategie nicht mehr vom sprichwörtlichen Bauchgefühl bestimmt, sondern ausgehend von datenbasierten Erkenntnissen. Der CDO hilft dabei, diese richtig zu interpretieren und in Handlungsempfehlungen zu übersetzen. Seine Expertise könnte damit für Unternehmen der entscheidende Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Marktbegleitern sein.
Wie eine Studie von Thoughtworks.com zeigt, sind Mitarbeiter mit fundierten digitalen Kompetenzen entscheidend für den unternehmerischen Erfolg: Von den 74 Prozent der Firmen, die sich in der digitalen Transformation befinden, halten aber nur 34 Prozent diese auch für tatsächlich erfolgreich. Als einer der Hauptgründe gilt der Fachkräftemangel: Selbst für Unternehmen mit einer dedizierten Modernisierungsstrategie ist es derzeit schwer, die richtigen Talente zu finden. Laut Studie sind digitale Fähigkeiten und Kompetenzen für mehr als 80 Prozent der CEOs heute wichtiger als die reine Technologie. 75 Prozent der Unternehmen arbeiten deshalb mit externen Partnern zusammen, um unternehmensinterne digitale Lücken zu schließen. Vor diesem Hintergrund sollte der CDO dem Geschäftsführer als enger Berater zur Seite stehen und folgende Qualitäten mitbringen:
1) Leadership
Als Scout für Innovation und treibende Kraft für deren Umsetzung muss der CDO ein sogenanntes Digital Mindset im Unternehmen einführen und verankern. Er ist Disruptor, der Bestehendes umkrempelt, aber gleichzeitig auch Diplomat. Als Leader, Vordenker und Motivator muss er in der Lage sein, die Führungsebene zu überzeugen, aber auch die Mitarbeiter aller Abteilungen mitzunehmen.
2) Business-Strategie
Der Chief Digital Officer befasst sich nicht nur mit der Einführung von digitalen Technologien. Noch wichtiger ist die strategische Komponente seiner Arbeit. Eine wesentliche Rolle spielen dabei Datenanalysen. Der Chief Digital Office kann damit auch gleichzeitig Chief Data Office sein.
3) Datenkompetenz
In einem digitalisierten Unternehmen definiert nicht ein Bauchgefühl die Business-Strategie, sondern Handlungsempfehlungen, die sich aus fundierten Datenanalysen ableiten lassen. Der CDO ist zwar kein Datenwissenschaftler, verfügt aber über ein tiefes Verständnis für das datenzentrierte Business.
4) Agilität
Da sich Märkte, Anforderungen an Produkte und die Bedürfnisse der Kunden immer schneller verändern, müssen Unternehmen in der Lage sein, zeitnah zu reagieren. Der CDO kennt agile Methoden wie Scrum. Damit lassen sich bestehende Produkte schnell an neue Marktanforderungen anpassen oder komplett neue Lösungen entwickeln, die das Portfolio des Unternehmens erweitern und moderner machen.
5) Pragmatismus
Der CDO steht für eine Balance von Transformation und Disruption. Denn es geht zwar oft um Veränderung und Innovation, in der Praxis handelt es sich dabei aber meist eher um eine Evolution als um eine Revolution. Es kommt weniger darauf an, mit der nächsten disruptiven Technologie alles neu zu erfinden, sondern vielmehr darauf, etwas Erfolgreiches zu optimieren und weiterzuentwickeln.
Oliver Rozić, Vice President Product Engineering bei Sage, kommentiert: „Der CDO ist nicht mehr reiner IT-Spezialist und IT-Verwalter. Er ist Business-Enabler und Vordenker für Innovation im Unternehmen. Gleichzeitig braucht er einen gesunden Pragmatismus. Oft haben schon kleine Anpassungen der Strategie massive Auswirkungen und sorgen für nachhaltigen unternehmerischen Erfolg und Wettbewerbsvorteile. Wir sehen vor dem Hintergrund dieser Entwicklung auch, dass in Zukunft nicht mehr nur jenes Unternehmen das erfolgreichste ist, welches die modernsten IT-Systeme im Einsatz hat. Entscheidend wird vielmehr sein, die Technologie mit den richtigen Masterminds zusammen zu bringen.“
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