Mitarbeiterfähigkeiten objektiv bewerten

Ein Blick auf den Schreibtisch reicht heute nicht mehr, denn die Anforderungen und Jobrollen für heutige Belegschaften ändern sich immer schneller. In aktuellen Studien gaben 89 Prozent der Entscheidungsträger an, dass Qualifikationslücken bei Mitarbeitenden ihren Umsatz in den letzten 12 bis 18 Monaten beeinträchtigt haben. 67 Prozent gaben auch an, dass sie aufgrund von Qualifikationslücken Aufträge verloren haben. Nicht nur aufgrund des Fachkräftemangels wird es immer wichtiger, die eigene Belegschaft mit dringend benötigten Qualifizierungen auszustatten und den Aufbau von gefragten Fähigkeiten zu unterstützen. Das ist jedoch leichter gesagt als getan, denn in vielen Unternehmen fehlt die Transparenz über das Qualifikationsniveau der jeweiligen Mitarbeiter.

Um sinnvolle sowie effektive Schulungen und Lerninhalte anzubieten, ist es jedoch notwendig zu wissen, wo man bei jedem Mitarbeitenden ansetzen muss. Im Anschluss an die Schulungen ist es ebenso wichtig zu verfolgen, ob die Inhalte verstanden wurden und in der Praxis angewendet werden können. Schulungsanbieter und Unternehmen verwenden verschiedene Bewertungsarten, um die Effektivität der Schulung für die Lernenden zu messen und zu sehen, wie die Lernenden neu erworbene Fähigkeiten anwenden, um ihre Karriere voranzutreiben. Corporate Learning Experte Skillsoft zeigt die Unterschiede zwischen traditionell verwendeten normativen Bewertungsmodellen und einer kriterienbezogenen Bewertung auf.

Sogenannte „Assessments“, also Bewertungen, haben nicht gerade einen guten Ruf. Bei Vielen lösen sie Erinnerungen an die Schulzeit aus, und zudem sind die Bewertungsgrundlagen nicht immer verständlich oder passend. Wenn Assessments für Lernen im Beruf gut durchgeführt werden, sollte es jedoch überhaupt nicht um Punktzahlen und Rankings gehen, sondern vor allem darum, die passenden Inhalte zu finden und anzubieten, um die Mitarbeitenden bestmöglich in ihrer Fortbildung zu unterstützen. Gute Beurteilungen zeigen zwei wichtige Dinge: Was eine Person bereits weiß und was sie zusätzlich lernen sollte, um wichtige Fähigkeiten für das Unternehmen und die eigene Karriere aufzubauen. Anhand dieser Informationen können effizientere Fortbildungspläne und -inhalte für jeden Einzelnen angeboten werden.

NORMATIVE BEWERTUNGEN

Viele Lernplattformen setzen bisher auf das sogenannte normative Bewertungsmodell. Dieses vergleicht Testergebnisse mit den Ergebnissen anderer Personen, die die gleichen Schulungen und Tests absolviert haben. Die Herausforderung dabei liegt jedoch in der Tatsache, dass die resultierende durchschnittliche „Punktzahl“ möglicherweise nicht dem erforderlichen Kompetenzniveau entspricht, das Organisationen benötigen, um erfolgreich zu sein.

Unsere Bildungseinrichtungen verwenden in der Regel normative Tests, damit die Noten mehr ausdrücken als bestanden/nicht bestanden. Bei Schulklassen liegt jedoch meist ein vergleichbares Ausgangsniveau vor. Im beruflichen Umfeld ist es allerdings fraglich, ob eine solche Bewertungsgrundlage sinnvoll ist, da man Lernende mit völlig unterschiedlichen Hintergründen, Erfahrungen, Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten vergleicht. Was ist zum Beispiel, wenn die Vergleichsmenge der Personen, die den entsprechenden Kurs absolviert haben, vor allem aus Fachexperten besteht, in Ihrem Unternehmen aber Mitarbeiter mit einem ganz anderen Bildungshintergrund die Qualifikation erwerben sollen? Oder umgekehrt, wenn ein Großunternehmen gerade bestimmte Kurse für Praktikanten und Berufsanfänger angeboten hat, bei Ihnen aber erfahrene Mitarbeiter die entsprechende Fähigkeit erwerben sollen. Dann könnte das Vergleichsniveau im Verhältnis zu Ihren Erwartungen zu niedrig sein.

Die Problematik besteht also vor allem darin, dass man üblicherweise den Datenpool gar nicht kennt, auf den sich der Leistungsvergleich stützt.

KRITERIENBASIERTE BEWERTUNGEN

Ein Ansatz, der sich gerade erst für Assessments im Bereiche Corporate Learning durchsetzt, ist die kriterienbasierte Bewertung. Dabei erhalten die Schulungsabsolventen für richtige Antworten oder Ergebnisse eine bestimmte Punktzahl. Anstelle eines Vergleichs mit einer unbekannten Menge anderer Kursabsolventen wird die Bewertung anhand von vordefinierten Kriterien verglichen, die von Fachexperten festgelegt wurden. Auf diese Weise lässt sich beurteilen, ob die Schulungsteilnehmer den Anforderungen des Unternehmens bzw. den Anforderungen für ein bestimmtes Qualifizierungsniveau entsprechen.

Für Schulungsteilnehmer und Lernende in Unternehmen besteht das wichtigste Maß für die erreichte Kompetenz außerdem in der Fähigkeit, das erworbene Wissen in einem Übungslabor (Practice Lab), einer Fallstudie oder einem Praxisprojekt umzusetzen. Auch dieses Assessment sollte eine Lern- und Schulungslösung im Idealfall bieten.

ANWENDUNG DER BEWERTUNGSMODELLE IN DER PRAXIS

Ein Mitarbeiter kann den Theorieteil einer Qualifizierungsmaßnahme vollständig beherrschen, aber nicht fähig sein, das Erlernte in die Praxis zu übertragen. Personalverantwortliche kennen diese Problematik, denn nicht immer sind Universitätsabsolventen oder Fachkräfte mit den besten Abschlüssen auch in der Praxis die fähigsten Mitarbeiter. Aber wie lässt sich ermessen, ob Schulungen in Unternehmen auch die gewünschten Erfolge in der praktischen Anwendung erzielen?

Eine geeignete Grundlage bietet die sogenannte Blooms Taxonomie. Sie liefert eine Basis, um Entwicklungen beim Erwerb von Fähigkeiten einzustufen. Die Taxonomie hat sechs Stufen, die jeweils einer Stufe des Lernprozesses entsprechen:

  • Stufe 1: Erinnern – Die Schulungsteilnehmer erinnern sich an die gelernten Fakten und Konzepte
  • Stufe 2: Verstehen – Sie können die Konzepte erklären
  • Stufe 3: Anwenden – Sie verwenden die Informationen in neuen Situationen in der Praxis
  • Stufe 4: Analysieren – Sie können unterschiedliche Ansätze und Lösungen vergleichen
  • Stufe 5: Bewerten – Sie können ihren Standpunkt oder ihre Schlussfolgerungen begründen
  • Stufe 6: Erstellen – Sie lösen Probleme oder gehen neue Aufgabenfelder unter Verwendung der erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse an

Die Ebenen von Blooms Taxonomie verwenden absichtlich Verben, um zu beschreiben, was eine Person in jeder Phase tut. Das liegt daran, dass Blooms Taxonomie um Lernziele herum organisiert ist – das heißt: kurze, klare Beschreibungen dessen, was ein Lernender in einem bestimmten Schritt des Lernprozesses erreichen sollte. Lernziele sind für den effektiven Erwerb jeder Fähigkeit notwendig und geben den Lernpfaden unabhängig vom Fachbereich eine Struktur.

Wenn jemand beispielsweise lernt, wie man Funktionen in Python schreibt, könnten die Lernziele in jeder Phase so aussehen:

  • Stufe 1: Erinnern Sie sich daran, wofür eine Funktion in einem Programm oder Skript verwendet wird.
  • Stufe 2: Beschreiben Sie in Ihren eigenen Worten, was eine Funktion macht und wieso sie in Python im Vergleich zu anderen Sprachen einzigartig ist.
  • Stufe 3: Erstellen Sie einen Python-Code, der eine integrierte Funktion aufruft.
  • Stufe 4: Vergleichen und analysieren Sie Funktionen und wählen Sie die beste Funktion für vordefinierte Spezifikationen.
  • Stufe 5: Schreiben Sie eine vorhandene Funktion um, um sie effektiver zu machen, ohne ihre Leistung zu beeinträchtigen.
  • Stufe 6: Schreiben Sie eine brandneue Funktion oder wählen Sie die beste Funktion aus, um eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen.

„Wenn Sie Corporate Learning Optionen anschauen, lohnt es sich also zu hinterfragen, was in Assessments einfließt und auf welcher Basis sowie welchen Bewertungsmodellen sie aufsetzen“, erklärt Andreas Rothkamp, VP für die Region DACH bei Skillsoft. „Das Aufstellen von Lernzielen macht Blooms Taxonomie und kriterienbasierte Beurteilungen zu einem praktischen Rahmen für die Steuerung und Bewertung des Lernfortschritts. Daher setzen wir diese Kombination gezielt ein, damit die Lernenden in jeder Phase ein klares, konkretes Ziel, auf das sie sich konzentrieren können – und eine objektive Methode, um zu messen, ob sie dieses Ziel erreicht haben.“

ZDNet.de Redaktion

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