Korruptionsrisiko steigt

Money talks: Nahezu jeder dritte Risikoexperte (30 %) erwartet ein erhöhtes Bestechungs- und Korruptionsrisiko für sein eigenes Unternehmen gegenüber dem Vorjahr. Das hat der aktuelle „2022 Anti-Bribery and Corruption (ABC) Benchmarking Report“ von Kroll ergeben. Im Rahmen der Studie wurden 700 Risiko-Experten weltweit befragt. Nur 14 % der Befragten in Deutschland rechnen mit einem geringerem Risiko, während die Mehrheit (56 %) von keinen signifikanten Veränderungen ausgeht.

Verglichen mit den anderen in der Studie repräsentierten EU-Staaten zeigen sich die Experten in Deutschland insgesamt optimistischer. 10 % erwarten ein signifikant geringeres Risikos für ihr Unternehmen gegenüber dem Vorjahr. In Frankreich und Großbritannien sehen das jeweils nur 2 % der Befragten so. Betrachtet man die Sorgen um regulatorische Veränderungen für 2022, so ergibt sich für Deutschland erneut ein positiveres Bild: Während 48 bis 50 % der Risikoexperten in Frankreich, Italien und Großbritannien eine Ausweitung befürchten, tun dies nur 36 % ihrer deutschen Kollegen.

Andreas Stöcklin, Head of EMEA Corporate Finance und Germany Country Leader bei Kroll, meint: „Die deutschen Experten schätzen die Risikoentwicklung im weiteren Jahresverlauf generell optimistischer ein als ihre europäischen und internationalen Kollegen. Allerdings ist klar, dass manche Folgen der Pandemie weiterhin große Risikofaktoren bleiben, beispielsweise Lieferkettenunterbrechungen und Homeoffice.“ Und weiter: „Diese Veränderungen werden uns höchstwahrscheinlich noch eine Weile begleiten, wodurch es umso wichtiger wird, dass Firmen einen Weg finden, sie in ihr ‚Anti-Bribery and Corruption‘-Programm zu integrieren. Es ist ein ermutigendes Zeichen, dass nur 4 Prozent der Befragten in Deutschland ihr ABC-Programm als ineffektiv einstufen.“

ESG und Partnerunternehmen

Die Mehrheit (68 %) der deutschen Risikoexperten ist überzeugt, dass ESG ein Teil von ABC-Programmen sein sollte. In Deutschland sind die vier am häufigsten in ABC-Programme integrierten ESG-Aspekte: die Eindämmung des Klimawandels (41 %), Inklusion, Gerechtigkeit und Diversität (41 %), Arbeitnehmerrechte (41 %) sowie Luft- und Wasserverschmutzung (31 %). Den primären Katalysator für die Aufnahme von ESG in ABC-Programme stellt für die deutschen Befragten (24 %) die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens dar. Damit wird dieser Punkt in Deutschland wesentlich schwerer gewichtet als in den anderen repräsentierten europäischen Staaten, insbesondere im Vergleich zu Frankreich, wo nur 4 % der Befragten die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens als primären Katalysator einstufen.

Bei der Frage, wie sich das Risiko innerhalb des eigenen Unternehmensnetzwerks im vergangenen Jahr entwickelt hat, fallen die Antworten in den europäischen Staaten weitestgehend ähnlich aus. Interessanterweise ergibt sich jedoch ein anderes Bild, wenn man die Rolle von Lieferkettenunterbrechungen betrachtet. Ein Drittel (33 %) der deutschen Risikoexperten führen Lieferkettenunterbrechungen als Grund für ein erhöhtes Risiko bei Drittunternehmen an, wohingegen der europäische Durchschnitt bei nur 22,5 % liegt.

Stöcklin fährt fort: „Der Report zeigt, dass 44 % der Befragten in Deutschland überzeugt sind, dass Vermittler das Risiko für Bestechung und Korruption oder Geldwäsche erhöhen. Trotzdem führen 52 % der deutschen Risikoexperten keine Enhanced Due Diligence (EDD) zu Drittunternehmen durch, womit Deutschland das Schlusslicht bei EDDs in Europa bildet. Nach unserer Erfahrung bei der Implementierung und Evaluation von ABC-Programmen durch deutsche Unternehmen könnten zwei Gründe hierfür verantwortlich sein: Entweder sehen die Verantwortlichen keine unmittelbare Notwendigkeit für die Durchführung von EDDs aufgrund fehlender Mittel für ABC-Due-Diligence, oder sie sind überzeugt, dass sie bereits umfassende Risiko-Assessments durchführen. Dessen ungeachtet machen die Umfrageergebnisse unseres Erachtens deutlich, dass deutsche Risikoexperten ein intensiveres ABC- und AML-Training und ein tiefergehendes Verständnis für die Rolle der EDD in einem risikobasierten Ansatz benötigen.“

Blockchain-Nutzung

30 % der Befragten in Deutschland geben an, dass sie Blockchain als Teil ihrer ABC-Programme nutzen. Damit liegt Deutschland deutlich über dem globalen Durchschnitt von 24 % sowie leicht über dem europäischen (27 %). Allerdings scheint bei der Blockchain-Nutzung unter deutschen Risikoexperten zwei Lager zu geben: 48 % erklären, weder Blockchain-Technologie zu benutzen, noch dies zu beabsichtigen. Nur 12 % der Befragten, die Blockchain bislang nicht verwenden, wollen dies in Zukunft tun.

Stöcklin schlussfolgert: „Unsere Studie zeigt, dass Deutschland bei der Blockchain-Nutzung bislang nicht hinter die anderen Länder zurückgefallen ist. Der hohe Prozentsatz an Befragten, die Blockchain auch in Zukunft nicht nutzen wollen, dürfte sich jedoch bald ändern, da sich die Dynamik des Handels und des Austauschs auf globaler Ebene weiterentwickelt und Blockchain-basierte intelligente Verträge Betrug und Korruption wirksam eindämmen können.“

ZDNet.de Redaktion

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