Laut einer aktuellen IDG-Studie hat jedes zweite Unternehmen in Deutschland mindestens ein IoT-Projekt umgesetzt, von denen die Mehrheit einen messbaren Erfolg brachte. Trotzdem gibt es noch Hindernisse: Die größte technische Herausforderung ist für 31 Prozent der befragten Firmen die mangelnde Netzqualität der vorhandenen WiFi-Infrastruktur. Damit stößt eine wichtige drahtlose Vernetzungstechnologie auf herbe Kritik. Denn viele Industrieunternehmen haben in den vergangenen Jahren ihre Betriebsgelände und Fabrikhallen aufwendig vernetzt – nicht nur mit WiFi. Drahtgebundene und drahtlose Netze koexistieren nebeneinander. So ist Industrial Ethernet wichtig für die Vernetzung von fest installierten Maschinen. Doch viele Firmen haben Bedarf an mobilen Lösungen, beispielsweise für autonome Transportfahrzeuge. Auch hier existieren mehrere Connectivity-Verfahren nebeneinander, etwa neben WiFi auch noch 2G-Mobilfunk.
WiFi eignet sich nur wenig für industrielle Ansprüche: Es bietet kein deterministisches Zeitverhalten, wie es für die Fertigungssteuerung und das Industrial IoT unentbehrlich ist. Selbst moderne Entwicklungen wie WiFi 6 sind nur ein Ersatz, während herkömmlicher Mobilfunk in Form von 2G und 3G auch wegfällt, da diese Netze mittelfristig ausgeschaltet werden. Allerdings gibt es bereits seit einiger Zeit einen drahtlosen Vernetzungsstandard, der sich besser für das Industrial IoT eignet und sich deshalb langfristig durchsetzen wird: Private 5G-Campusnetze, die unabhängig von öffentlichen Netzen sind. Sie bieten 5G-Kommunikation in einem kleinen Bereich – ideal für Betriebsgelände. Auch das Verknüpfen mehrerer Standorte zu einem gemeinsamen Campusnetz ist möglich. Dadurch entsteht für die Unternehmen ein eigenes, vom herkömmlichen Mobilfunknetz getrenntes Netz mit allen Funktionen der öffentlichen Angebote, zum Beispiel Machine-To-Machine-Kommunikation und anderen Mehrwertdiensten. Aufgebaut wird das Netz wie das globale 5G: Am Standort muss es je nach Geländegröße eine oder mehrere Funkzellen geben. Zunehmend werden traditionelle Funkmasten durch Mikrozellen ersetzt, auch innerhalb von Gebäuden. Die Berechtigung zur Verwendung dieser Netze wird mittels SIM-Karten oder eSIMs erteilt, die für das jeweilige Netz kodiert sind. Der Vorteil: Die vorhandene Ausstattung für das Industrial IoT bleibt, jedoch arbeitet sie nun in einem privaten Netz. So können Unternehmen die meisten 5G- oder LTE-fähigen IoT-Geräte und -Gateways einfach in privaten 5G- oder LTE-Campusnetzen weiternutzen.
Campusnetze bieten Zuverlässigkeit und Skalierbarkeit, sowie hohe Datenraten und niedrige Latenzzeiten. Dank dieser Parameter eignen sie sich für eine Vielzahl an Industrieanwendungen, sogar ein Parallelbetrieb ist möglich. So kann das Betriebsgelände mit einer Vielzahl von Kameras überwacht werden, während gleichzeitig Maschinendaten im großen Stil übertragen werden. Die Unternehmen erhalten also mit einem privaten 5G-Campusnetz ihre eigene Kommunikationsinfrastruktur. Sie haben dabei mehrere technische Möglichkeiten: Erstens den völlig vom öffentlichen Netz getrennten Eigenbetrieb der 5G-Infrastruktur und zweitens eine ganze Palette an Zwischenlösungen. Bei letzteren werden Teile der öffentlichen Netzinfrastruktur des Anbieters mitgenutzt, um die Kosten für die 5G-Installation im Rahmen zu halten. Das kann zum Beispiel der Netzwerkkern (5G-Core) sein oder die Zugangsinfrastruktur (Radio Access Network, RAN) oder auch beides. Im letzteren Fall wird dem Kunden vom Telefonanbieter einfach ein dediziertes „Slice“ – quasi ein privates, logisch getrenntes 5G-Teilnetz – zur Verfügung gestellt.
Beim Slicing wird ein 5G-Netz in mehrere unabhängige logische Netze aufgeteilt, die unterschiedliche Eigenschaften haben können, was Bandbreite, Latenz und andere Qualitätsmerkmale anbelangt. Jeder Slice kann so je nach Eigenschaft für eine Funktion konfiguriert werden. Auch öffentliche und dedizierte private Slices können von einem Telekombetreiber gleichzeitig angeboten werden.
Allerdings: Private 5G-Netze sind nicht nur deutlich leistungsfähiger als andere Vernetzungsstandards, sondern auch komplexer in ihrem Aufbau und damit teurer. Zudem sind 5G-fähige Endgeräte notwendig, etwa IoT-Devices und Router. Im Moment erfordert der Aufbau eines 5G Netzes noch vergleichsweise hohe Investitionen, doch die Zeit wird dieses Problem lösen. Durch den raschen Ausbau der öffentlichen 5G-Netze erscheinen immer mehr geeignete Geräte auf dem Markt. Analystenberichte zeigen schon jetzt, dass Großunternehmen hierzulande bereit sind für 5G und die damit verbundenen neuen mobilen Infrastrukturen.
Hand in Hand steigt auch das Angebot an 5G-Services für Unternehmen: Zunehmend bieten Cloud-Provider wie AWS oder Microsoft den Betrieb kompletter privater 5G-Campusnetze in ihrer Cloud-Infrastruktur an. Dabei haben sie Interessent:innen und Nutzer:innen ihrer IoT-Services im Blick, denen sie nun auch die entsprechende Connectivity aus einer Hand anbieten können. Das ist zwar Konkurrenz für die Telefonanbieter, doch der 5G-Markt wächst ständig und bietet damit Platz für alle. Analysten beziffern die aktuelle Größe des Marktes für private 5G-Netze auf mehr als 1,3 Milliarden US-Dollar und erwarten ein jährliches Wachstum von knapp 40 Prozent.
Fazit: Dank ihrer Vorteile für Unternehmen können Campusnetze in Zukunft einige der bisherigen Technologien ersetzen, vor allem WiFi. Außerdem verändert sich durch die wachsende Zahl der Anbieter von Private 5G die Wettbewerbssituation und es ist mit Preissenkungen zu rechnen. Private 5G steht vor einem Boom in der Industrie – Unternehmen sollten jetzt frühzeitig ihre Connectivity-Strategie anpassen.
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