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Arbeitswelt auf der Langstrecke

Das Motto, das ich derzeit in die Arbeitswelt hinausrufen möchte, heißt „Durchhalten“! Betrachten Sie die Arbeitsform, die Ihr Unternehmen gerade gewählt hat, sportlich: Der Sprint durch die Pandemie mit vielen Wechseln der Arbeitsorte und -möglichkeiten, spontanen Anpassungen und pandemiebedingten Beschneidungen ist zu einem Langstreckenlauf geworden. Geht es um neue Arbeitsformen, heißt es nun, nach einem ambitionierten Start geduldig, beharrlich und ausdauernd Runde für Runde zu drehen. Auch wenn es manchmal schwerfällt, sich und andere zum Weitermachen zu bewegen, wenn die Puste ausgeht oder ein Stolperstein zwischen die Füße gerät: Es zahlt sich aus, weiterzulaufen.

Sprints und Langstrecke

Das Kernelement, sowohl im Management als auch beim Laufen, ist das Setzen und Planen von Zielen. Im Arbeitsalltag gilt es, sich schnell zu entscheiden: Handelt es sich um Projekte, die eine kurze Laufzeit haben oder geht es um die Umsetzung langfristiger Planungen? Für die Kurzstrecken braucht es viel Kraft und hohe Geschwindigkeit. Übersetzt heißt das, man muss umgehend ins Handeln kommen, blitzschnell reagieren, um Projekte und Aufgaben kurzerhand erledigen oder Probleme lösen zu können.

Bei Langstrecken ist es wichtig, einen detaillierten Plan zu haben, über welchen Weg man welches Ziel erreichen möchte. Auf Langzeit ausgelegte Pläne können schnell frustrieren, da der Erfolg immer in weiter Ferne scheint und die Motivation rasch verloren gehen kann. Daher sollte das Ziel mit den einhergehenden Auswirkungen immer im Fokus bleiben, um die Motivation auch langfristig aufrechtzuerhalten. Denn auch mit einer guten Planung können unvorhergesehene Schwierigkeiten auftauchen. Ob es auf einer Langstrecke zu einem Wetterumschwung kommt und man sich mit Regen abfinden muss oder auf der Arbeit die Belastung unerwartet größer wird – es hilft, sich nicht beirren zu lassen und die Motivation hochzuhalten.

Kurz- oder Langstrecke? Fest steht: Niemals die Motivation verlieren und an den gesetzten Zielen und Visionen festhalten. Nur so lassen sich anvisierte Erfolge erzielen!

Stolpern, fallen, wieder aufstehen, weitermachen

Egal, welches Tempo auf welcher Strecke: Die Qualität darf nie leiden. Auf der Aschebahn wie auf dem Büroparkett heißt es, jeden Schritt gezielt und konzentriert zu setzen. Dennoch lassen sich Fehltritte, Stolpern, Ausrutscher nicht vermeiden. Hier sollte das berühmte Mantra von Samuel Beckett gelten: “Try again. Fail again. Fail better.” Oder vielleicht auch das von Jon Bon Jovi: “Success is falling nine times and getting up ten.“ Scheitern ist für viele Menschen ein Stolperstein. Aber hält man durch und nimmt die Hürden, die sich in den Weg stellen, bringt das oft weiter als ein glatter Zieleinlauf. Zu stolpern, aber wieder aufzustehen und weiterzumachen, lässt völlig neue Gipfel erklimmen. Und manchmal kommen Erfolge von messbaren Zielen eben erst mittel- oder langfristig.

Nie aufgeben!

Druck, Dynamik, Geschwindigkeit

Im Sport wie im Management muss man sich permanent gegen Widerstände durchsetzen und durch Fairness und Leistung überzeugen. Hohe Professionalität drückt sich in zielgerichteter Vorbereitung aus. Um in einer kritischen (Wettkampf-)Situation alle Schritte sicher abrufen zu können, werden einzelne Abläufe so lange wiederholt, bis sie sitzen. Dabei sind die unterschiedlichen Zeiten und Bedingungen für das individuelle Training wichtig: Nicht-lineare Trainings- und Arbeitszeiten kommen dem Athleten wie der Führungskraft und ihren Teammitgliedern entgegen. Und doch fördern und trainieren Kernzeiten die Zusammenarbeit, den Teamgeist und die Gesamtleistung von Teams. Außerhalb der festgelegten Zeiten steht es allen Mitstreitenden frei zu arbeiten, wann immer ihre Kreativität, ihre Kraft, ihr Wille am stärksten sind. Sind aber Möglichkeiten und Grenzen für die teamreservierten Zeiten klar definiert, ergeben sich auch Ruhe- und Regenerationszonen, in denen ungestörte Pausen möglich sind.

Auf Phasen der Höchstleistung müssen solche der Erholung folgen, um die Kräfte wieder sammeln und zum nächsten Spiel (und Sieg) antreten zu können.

Die DNA der Höchstleistung

Die beiden Wissenschaftler*innen Friederike Fabritius und Hans Werner Hagemann machen in ihrem Werk „Neurohacks“ drei Neurotransmitter als „DNA der Höchstleistung“ aus: Dopamin, Noradrenalin und Acetylcholin. Sie erklären, wie wir gehirngerecht und glücklicher arbeiten können. In erster Linie hängen Höchstleistungen vom optimalen Maß an emotionaler Erregung ab – was fälschlicherweise oft als Stress bezeichnet wird, obwohl das individuelle Leistungsprofil nicht verallgemeinerbar ist. Jede und jeder von uns muss sich selbst angemessen fordern, denn „die besten Leistungen erzielen wir nicht, wenn wir uns langweilen oder in Panik geraten, sondern wenn wir uns ein wenig überfordert fühlen. Dann schüttet das Gehirn genau die richtige Menge Noradrenalin aus, um uns in Bestform zu bringen. Die Wissenschaftler erläutern weiter, dass die Umgebung dem persönlichen Leistungsprofil nicht nur angepasst werden kann, sondern muss, und dass gute Führungskräfte dafür sorgen sollten, dass die verschiedenen Faktoren im Einklang sind.

Individuelle und möglichst flexible Arbeitsbedingungen sind ausschlaggebend dafür, dass jede und jeder ein individuelles Leistungsoptimum erreichen kann.

Auf das richtige Equipment kommt es an

So wichtig wie beim Laufen das passende Schuhwerk für die richtige Haltung und Schonung der Füße und Gelenke ist, so wichtig sind auch die richtigen technologischen Tools des modernen Arbeitsplatzes. Beim verteilten, (oft) globalen (Zusammen-) Arbeiten sind die besten Tools cloud-basiert beziehungsweise– wie die Inhalte, auf die das gesamte Team in jeweils aktueller Version gemeinsam oder zeitversetzt zugreifen kann – in einer Cloud-Plattform zusammengeführt. Nicht nur die Arbeit kann so synchronisiert werden, sondern auch das Teammanagement. Denn arbeitet man verteilt, muss man nicht nur solo performen und Ergebnisse erzielen, sondern auch als Teil eines Teams stark sein. Projekte müssen zu jeder Zeit wie bei einem Staffellauf smart übergeben werden können, ohne den Stab bzw. den Überblick zu verlieren. Wichtig ist auch, sich dem Tempo der Teammitglieder anzupassen und die Trainings- und Arbeitszeiten zu akzeptieren, sich für eine ideale Zusammenarbeit und saubere Übergabe aufeinander abzustimmen. Smarte Tools und eine reibungslose Zusammenarbeit wirken dem „work about work“, also der unnützen Arbeit mit der Arbeit, entgegen, um sich nicht in Klicks zu verlieren, sondern sich auf die eigentlichen, produktiven Inhalte konzentrieren zu können. Der Fokus ist wichtig, sodass anspruchsvolle Aufgaben in die frühen und konzentrierten Morgenstunden gelegt werden sollten –um wie beim Sport die frischen Energien des Körpers und Geistes nutzen zu können.

Fehlen die richtigen Tools, verliert man sich in Millionen Klicks, die Arbeit wird unstrukturiert und inkonsequent – man gleicht einem Läufer mit zusätzlichen Gewichten an den Beinen.

High-Intervall-Training und -Leistung

Beim HIT-Training wechseln hochintensive Phasen mit Ausdauerphasen ab. Der Stoffwechsel kommt auf Hochtouren, binnen kürzester Zeit sind erstaunliche Leistungssteigerungen zu verzeichnen. Die sehr regelmäßig durchzuführenden Trainings mit den sich wiederholenden Rhythmen verlangen viel ab, zeigen aber auch deutlich schnell positive Ergebnisse der Anstrengung. Auch das Management erinnert manchmal an HIT: Es kommt häufig vor, dass es ganz plötzlich eine große Anstrengung gibt und danach (für eine gewisse Zeit) wieder alles entspannt läuft. Mit diesen Intervallen klarzukommen, steigert das Leistungsvolumen. Das Aufbringen eines gewissen Pulses an Bemühung macht oft aus einem guten Projekt ein großartiges und ermöglicht es dem ausführenden Team, hoch performant aufzutreten. Das heißt natürlich nicht, dass Projekte künstlich in die Länge gezogen werden sollen. Aber oft lohnt sich eben die Mühe, ein scheinbar fertiges Konzept oder Dokument noch einmal zu lesen, zu redigieren oder zu kommentieren, damit das Ergebnis noch besser wird.

Training und Arbeit in Leistungsintervallen eröffnet neue Möglichkeiten, Komfortzonen zu verlassen, die Ausdauer zu stärken und an den Aufgaben zu wachsen.

Balance von Belastungs- und Ruhephasen

Regelmäßigkeit ist die halbe Miete. Dazu zählt auch, regelmäßig Pausen einzulegen. In der Sportlergemeinde laufen viele Menschen Gefahr, sich „in den Keller“ zu trainieren – das trifft auch auf die Arbeit zu. Obwohl sie permanent müde sind und besser pausieren sollten, arbeiten und trainieren viele Menschen einfach weiter und setzen damit oftmals ihrer Gesundheit und Leistungsfähigkeit langfristig zu. Dabei sind es genau die Ruhephasen, die einem am weitesten bringen. Nach jeder großen Belastung sollte man sich Zeit nehmen, um sich wieder zu regenerieren, damit man beim nächsten Antritt wieder frisch und voller Energie ist. Da heißt es dann auch manchmal, nicht noch einmal loszulaufen, um auf das Sportpensum für die Woche zu kommen bzw. am Ende des Tages nicht noch ein weiteres Arbeitsprojekt zu starten. Ruhepausen sind für die Regeneration des Körpers und des Geistes wichtig, um konzentriert, wach und in Form zu bleiben.

Das Spielfeld ist virtuell und darf es gerne auch bleiben

Ein typischer Tag im Leben von Sporttreibenden oder Arbeitenden sollte in unterschiedliche Etappen bzw. Zeitfenster unterteilt sein: In Kerntrainingszeiten, in denen sich die Sport- bzw. Arbeitsteams zur Zusammenarbeit zusammenfinden und gemeinsam an den Stellschrauben des Gesamterfolges drehen. Doch ebenso wichtig sind hochkonzentrierte Phasen für Stillarbeit bzw. Individualtrainingseinheiten, in denen der Fokus ungestört auf dem eigenen Output liegt.

Eine Möglichkeit wäre es, den Tag in zwei mehrstündige Einheiten zu teilen, wovon eine Einheit für Einzelarbeit, die andere für Gruppenarbeiten fest reserviert sind. Für zweiteres und die Arbeit in globalen Teams nutzt man Zeitfenster, die in möglichst vielen Zeitzonen überlappen. Die restliche Zeit kann individuell nach dem eigenen Terminkalender und bevorzugten Arbeitsmustern strukturiert sein – egal, ob die Person gerne früh aufsteht oder lang schläft, nachts lang durchhält, Kinder in die Kita oder zur Schule bringen muss, ein Familienmitglied pflegt…

Will man die individuell besten Voraussetzungen für Höchstleistung schaffen, ist es wichtig, das Training, also den Arbeitstag non-linear nach der eigenen Leistungskurve auszurichten. Von pauschalen Ansichten, wie ein “normaler” Arbeitstag auszusehen hat und wo die Arbeit verrichtet wird, sollten wir uns für immer verabschieden. Beweisen wir alle unser Durchhaltevermögen auf dem bereits begonnenen Langstreckenlauf, werden wir wirtschaftlich die Liga halten bzw. es wieder zur Medaille bringen!

ZDNet.de Redaktion

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