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Vehicle-in-the-Loop im Test

Stellen Sie sich vor: Es ist Nacht, und Ihr Auto rast mit eingeschaltetem Fahrassistenten bei Gewitter um eine Kurve. Plötzlich taucht ein dunkles Objekt auf der Fahrbahn auf. Ist es nur ein Schatten? Oder handelt es sich um einen Fußgänger? Ein entgegenkommendes Fahrzeug? Jetzt muss das ADAS (Advanced Driver Assistant System) schnell reagieren. Automobilhersteller haben viele solcher Szenarien zu testen, wenn sie teilautomatisierte Fahrzeuge entwickeln. Denn nur dann lässt sich sicherstellen, dass automatisches Bremsen, Ausweichsteuerung und Einparkhilfe einwandfrei funktionieren.

Der folgende Artikel erläutert, wie sich die unterschiedlichen Testvarianten in den Gesamtprozess einfügen. Wie helfen Simulationen den Automobilherstellern, Kosten zu senken, neue Funktionen schneller zu entwickeln und gleichzeitig die Sicherheit zu verbessern?

Die unterschiedlichen Testszenarien

Sämtliche Software-Tests lassen sich in einer reinen IT-Umgebung durchführen. Allerdings hängt die Leistung der Software zu einem großen Teil von der Hardware sowie von äußeren Einflüssen ab. Daher müssen auch diese Aspekte getestet werden, bevor das Auto für den Einsatz auf der Straße bereit ist. Bei vollständig autonomen Fahrzeugen sind die Anforderungen besonders hoch.

Am Anfang der Tests steht üblicherweise eine reine Software-Simulation (Software-in-the-Loop, SIL). Danach wird auf speziell ausgerüsteten Prüfständen getestet, wie gut die Software mit ausgewählten Hardware-Komponenten zusammenarbeitet (Hardware-in-the-Loop, HIL). Und am Ende wird das Fahrzeug auf einer öffentlichen Straße in einem Praxistest auf die Probe gestellt. Allerdings ist diese letzte Phase zeitaufwändig, kostspielig und potenziell gefährlich. Hier kommen VIL-Simulationen (Vehicle-in-the-Loop) ins Spiel. Sie stellen oftmals ein fehlendes Bindeglied in dem Gefüge aus Simulationen und Praxistests dar.

Software-in-the-Loop

Heutzutage steuert in zahlreichen Fahrzeugen moderne Software die Funktionen für Sicherheit, Autonomie, Komfort, Unterhaltung oder Konnektivität. Und alle Codezeilen dieser Software-Features müssen getestet werden. Mit SIL-Simulationen lässt sich Software hardwareunabhängig in computergestützten Testumgebungen schnell und wiederholbar verifizieren. Dabei können Unternehmen einem Team von SIL-Testern unterschiedliche Arbeitsaufgaben zuweisen, mittels Software-Iterationen schnell und zielgerichtet testen sowie Tasks bedarfsgerecht anpassen, um Engpässe zu beseitigen und den Entwicklungsprozess in allen Phasen zu beschleunigen.

Aus technologischer Sicht können SIL-Szenarien sogar schneller ablaufen als in Echtzeit. Beispielsweise lassen sich bei der Abfolge mehrerer Simulationen einzelne Variablen isolieren, während die restlichen Tests weiterlaufen. Außerdem können SIL-Teams mithilfe von Multi-Threading mehrere Szenarien gleichzeitig durchführen. Die Ergebnisse können sie dann problemlos innerhalb des Entwicklungsteams oder sogar mit anderen Technologieanbietern, OEMs und Drittfirmen austauschen. Und auch die entwickelten Simulationen lassen sich für darauffolgende Test- und Verifikationsaufgaben wieder verwenden – die System- und HIL-Tests.

Hardware-in-the-Loop

Hardware-in-the-Loop-Tests (HIL) beziehen physische Geräte wie Kameras und Radargeräte in die Simulationen ein. Sie werden an einen Prüfstand angeschlossen und liefern Eingaben für das zu testende elektronische Steuergerät (Electric Control Unit, ECU). Auch dieses Set-up ermöglicht zahlreiche Szenarien mit einer hochautomatisierten Multi-Thread-Methode. Dabei können auch Tests stattfinden, die auf der Straße unpraktisch oder zu gefährlich wären.

Vehicle-in-the-Loop

VIL-Tests ermöglichen wiederholbare Simulationen für jedes denkbare Szenario und reduzieren die Anforderungen für Straßentests um bis zu 70 Prozent. In dieser Phase ist ein echtes Fahrzeug auf einer Teststrecke mit einem menschlichen Fahrer unterwegs. Mithilfe einer im Fahrzeug integrierten computergestützten Testumgebung lassen sich unterschiedliche Objekte und Elemente simulieren – beispielsweise ein Fußgänger, der die Straße überquert oder Fahrzeuge, die eine Kurve schneiden. In diesen Fällen reagiert das Fahrzeug auf die virtuellen Objekte, weicht aus oder hält entsprechend den definierten Anforderungen an. Aufwendige Teststrecken oder spezielle Dummy-Testobjekte werden nicht benötigt. Im Rahmen des Entwicklungs- und Release-Prozesses lässt sich die Software schnell auf ihre Funktionen überprüfen.

Für erfolgreiche VIL-Tests sind allerdings komplexe IT-Umgebungen notwendig, mit denen die reale Welt simuliert wird: Straßenschilder, Ampeln, Fahrbahnmarkierungen. Und natürlich gehören dazu auch virtuelle Verkehrsteilnehmer, die mit ihrem Handy telefonieren und ihre Aufmerksamkeit nicht auf die Straße richten. Bei autonomen Fahrszenarien müssen VIL-Tests sogar überprüfen, wie gut der Kontrollwechsel zwischen dem menschlichen Fahrer und dem autonomen System ist.

Mithilfe von VIL-Simulationen lassen sich die Funktionen fortschrittlicher Security-Systeme als Teil einer schnellen Softwareentwicklung einfach überprüfen. Spezielle Testumgebungen oder Tools können reduziert werden während sich Testszenarien im Fahrzeug beliebig unter gleichen oder wechselnden Bedingungen wiederholen lassen. VIL eignet sich insbesondere, um eine grundlegende und notwendige Systemrobustheit und Verlässlichkeit zu erreichen, bevor Testfahrzeuge von Technologiepartnern oder Automobilherstellern die notwendigen Fahrzeugfeldtests auf Teststrecken oder öffentlichen Straßen umsetzen. Vermutlich werden VIL-Tests in Zukunft durch den Einsatz von Augmented- und Virtual-Reality-Technologie unterstützt und auf ein neues Level gehoben. Dabei versetzt ein Headset den Testfahrer in die simulierte Umgebung, und er muss nicht mehr auf ein Display am Armaturenbrett schauen.

Fazit

Durch den verstärkten Einsatz von Software in modernen Fahrzeugen können Hersteller innovative Technologien für ein besseres Fahrerlebnis implementieren und diese schnell erweitern. Gründliche Tests und Validierungen müssen jedoch weiterhin ein integraler Bestandteil des gesamten Entwicklungsprozesses sein. Nur so lässt sich das geforderte Höchstmaß an Sicherheit für die jeweiligen Systeme sowie deren Zusammenspiel gewährleisten. Und deshalb werden SIL, HIL und VIL auch in absehbarer Zukunft eine entscheidende Rolle bei der Fahrzeugentwicklung spielen. Die Wirksamkeit dieser Tests hängt auch von der Qualität der Modellierungssoftware ab. Aptiv unterstützt hier beispielsweise durch ein eigenes benutzerdefiniertes Protokollierungs- und Visualisierungstool, das in der Lage ist, Live-Fahrdaten in präzise Testskripte und Eingangsparameter umzuwandeln. Somit können verschiedene Entwicklungsabteilungen unabhängig ihrer Standorte und Aufgaben jederzeit auf Daten aus der realen Welt zugreifen.

ZDNet.de Redaktion

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