Lieferprobleme ebnen Weg zur Kreislaufwirtschaft

Positives aus der Krise mitnehmen: Die derzeit gestörten Lieferketten und die damit einhergehenden Verknappung von Komponenten haben spürbare Auswirkungen auf die Herstellung neuer IT-Produkte. Das klingt bestürzend, hat jedoch bei genauerer Analyse keineswegs nur negative Seiten. Denn möglicherweise nutzen die Anwendenden ihre noch gut funktionierende IT wie PCs oder Laptops einfach länger als geplant, statt sie zu entsorgen, weil sie einfach vermeintlich „zu alt“ seien.

Das schont Ressourcen, denn beispielsweise macht die Herstellungsphase rund 80 Prozent der Ökobilanz eines Laptops aus. Die Unterbrechung von Lieferketten kann daher für so manchem eine gute Gelegenheit sein, zweimal nachzudenken, bevor ein neues Produkt beschafft wird. Dies wiederum hilft dabei, den Übergang zu neuen, stärker kreislauforientierten Geschäftsmodellen zu beschleunigen.

Weltweiter Komponentenmangel

Neben einem Anstieg der weltweiten Nachfrage und den durch die Pandemie bedingten, logistischen Schwierigkeiten hat die zunehmende, allgemeine Verunsicherung in der Welt die derzeitige Situation begünstigt: Allerorten mangelt es an Komponenten, die für die Herstellung neuer Produkte benötigt werden. Besonders ist hier jedoch der IT- und Telekommunikationssektor betroffen.

Zwar gab es in den letzten Monaten immer wieder Anzeichen dafür, dass die aktuelle Knappheit nur von kurzer Dauer sein würde. Allerdings hat sich bislang hierfür noch keine Lösung abgezeichnet. Führende Experten auf diesem Gebiet warnen nun sogar, dass es Jahre dauern könnte, bis einige der Probleme gelöst sind, die die Lieferketten der Unternehmen betreffen. Angesichts der aktuellen Lage – mit einer unsicheren wirtschaftlichen Entwicklung, steigenden Zinsen und einer Inflationsspirale, die sich in der Folge auch auf die Nachfrage auswirkt – wird sich diese Einschätzung unter Umständen verändern, aber der Mangel an Komponenten hat auch sein Gutes.

Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit ist der Erwerb neuer Produkte eine der schlechtesten Entscheidungen. Das lineare Wirtschaftsmodell, dass auf kontinuierlichem Konsum von Gütern und der Nutzung von Produkten basiert, ist seit vielen Jahrzehnten – wenn nicht gar Jahrhunderten – das Modell der Wahl. Es hat die Art und Weise definiert, wie Produkte entworfen werden. Die Verknappung von Bauteilen zwingt nun jedoch alle dazu, ihren Konsum zu überdenken. Es stellt sich die Frage, ob voll funktionsfähige Produkte tatsächlich ersetzt werden müssen. Wer den eigenen Computer oder das Smartphone ein Jahr länger nutzt, trägt bereits erheblich zu einer deutlichen Reduktion der Umweltauswirkungen bei.

Produktdesign unterstützt Kreislaufwirtschaft

Der Wandel hin zu einem Produktdesign, das die Kreislaufwirtschaft fördert – oder zumindest in Richtung eines Designs, das den Austausch von Komponenten mit begrenzter Lebensdauer wie Akkus erlaubt – sollte für Organisationen zunehmend zu einer Selbstverständlichkeit werden. Eine Reihe von Unternehmen sucht bereits nach neuen Wegen, um ihre Rentabilität zu steigern, indem Produkte länger genutzt werden. Und die Rufe nach einem Ende der Wegwerfgesellschaft werden in der Folge immer lauter werden.

Aufgrund der Verknappung von Komponenten werden auch völlig neue Geschäftsmodelle wie Second-Hand, Reparatur, Vertrieb von Services anstelle von Produkten und das Refurbishment immer attraktiver. Bei der Aufbereitung werden elektronische Produkte, die einige Jahre alt sind, überholt, sensible Daten entfernt, abgenutzte Komponenten ersetzt und dann weiterverkauft. Dies beinhaltet oft auch eine Form von Garantie, die den Käufern zusätzliche Sicherheit bietet.

Auf Basis neuer Technologien und Geschäftsmodelle kann eine effizientere Materialnutzung erzielt werden, was mittel- und langfristig zu einer geringeren Umweltbelastung führt. Die dafür notwendigen Schritte kommen einer Revolution des Wirtschaftsmodells gleich. Doch der Wandel von einem linearen Wirtschaftssystem hin zu einer Kreislaufwirtschaft ist angesichts der katastrophalen Ökobilanz unseres aktuellen Wirtschaftens unumgänglich. Für die Unternehmen bedeutet dies erhebliche Herausforderungen gleichzeitig bieten sich ihnen aber auch ungekannte Chancen.

ZDNet.de Redaktion

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