Low-Code-Entwicklung ist längst nichts Neues mehr. In der ERP-Welt klingen die Vorteile dieses Konzepts in der Tat verlockend. Denn im Gegensatz zu den bekannten Systemen der großen Player sind jene Lösungen flexibel erweiterbar und vor allem einfach zu bedienen. Doch Unternehmen sollten genau hinschauen. Denn nicht überall, wo Low Code draufsteht, ist auch Low Code drin. Es gibt viele Software-Lösungen auf dem Markt, die aus Marketinggründen zwar als Low Code bezeichnet werden. Doch unter der schicken Haube schlummern oftmals nur die herkömmlichen starren und unflexiblen Programme. Das volle Potenzial einer Low-Code-Entwicklungsplattform – insbesondere Flexibilität, Benutzerfreundlichkeit und einfache Wartung – lässt sich jedoch nur dann vollständig nutzen, wenn das System von Grund auf und durchgängig in Low Code programmiert ist.
Scheinbare Low-Code-Anwendungen fallen eher unter die Kategorie Content-Management-System. Damit lassen sich zwar einfach und schnell neue Benutzeroberflächen generieren, doch die Business-Logik oder das Datenmodell bleiben mit solch einer Software unangetastet. Diese Applikationen bieten in Wahrheit meist nur schicke, besser bedienbare Oberflächen für die klassischen ERP-Monolithen und zapfen deren Daten lediglich an.
Einige Anbieter gehen sogar noch einen Schritt weiter und propagieren mittlerweile „No-Code“-Plattformen. Die No-Code-Fraktion will vollständig ohne geschriebenen Code auskommen. Das ist allerdings mehr Marketing-Gag als ernstzunehmender Trend und liefert kaum Mehrwert für die User. Mit solchen Lösungen lassen sich allenfalls simple Eingabefelder auf die Benutzeroberfläche ziehen und dort bedienen.
Ernstzunehmende ERP-Anwendungen auf Low-Code-Basis beinhalten hingegen sämtliche Bausteine, aus denen auch traditionelle Systeme bestehen. Dies beginnt bei der Anwendungslogik für die Arbeitsabläufe, dem Datenmodell, APIs für die Integration externer Ressourcen und setzt sich fort bis hin zur Benutzerschnittstelle. Nur wenn jene Systeme komplett in einer Low-Code-Umgebung entwickelt wurden, lassen sich die Vorteile hinsichtlich Flexibilität, Benutzerkomfort und Updates vollständig nutzen. Dies gilt vor allem für Datenbankmodelle, die Speicherprozesse und die Business-Logik. Immerhin müssen sie komplexe Geschäftsaufgaben zuverlässig erfüllen. Durchgängiger Low Code bietet daher ein wesentlich größeres Potenzial und ist deutlich mehr als nur ein hübsches ERP-Make-up.
Planen Unternehmen ihr bestehendes ERP-System abzulösen oder zu modernisieren, so ist der Umstieg auf Low-Code-Applikationen aus vielen Gründen eine lohnenswerte Alternative. Stellt der Anbieter eines klassischen ERP-Systems beispielsweise den Support für eine Version ein, erweist sich die Migration auf eine neue Lösung in der Regel als enorm kompliziert und kostenintensiv. Selbst Update-Prozesse sind durch die starre Architektur oftmals eine große Herausforderung. Mit einer Low-Code-Lösung entfällt jedoch der regelmäßige Zwang zum Update oder zur Migration. Neue Funktionen wie ein Gantt-Diagramm oder ein neues Control lassen sich je nach Bedarf auch nachträglich einbauen. Die Anwender sind dabei in der Lage, ihre Software selbst und ohne ausgeprägte Programmierkenntnisse per Drag & Drop zu individualisieren. Low-Code-Anwendungen werden zudem – je nach Bedarf des Kunden – entweder als modulares Paket oder als voll ausgebaute Entwicklungsumgebung angeboten. Feature Bloat und unhandliche, überfrachtete Benutzeroberflächen gehören somit der Vergangenheit an.
Auch bei den Betriebs- und Wartungskosten bietet durchgängiger Low Code Vorteile gegenüber klassischen Lösungen an. Viele ERPs beanspruchen traditionell einen Großteil des IT-Budgets in Unternehmen. Ein Grund dafür: Die hohen Preise für Consultingleistungen und Beraterstunden für aufwendiges Customizing. Da Betriebs-, Wartungs- und Updateprozesse bei Low-Code-Anwendungen meist einfacher und schneller umzusetzen sind, fallen hier deutlich weniger Aufwände und damit geringere Kosten an.
Ein weiterer Grund, warum Low Code die Zukunft gehört, erschließt sich vielleicht erst auf den zweiten Blick: der allgegenwärtige Fachkräftemangel. Denn für die hochspezialisierte ERP-Welt wird es künftig eine noch größere Herausforderung, jederzeit genügend qualifizierte Mitarbeiter für komplizierte Systeme bereitzustellen. Aufgrund des demographischen Wandels gehen zudem viele ältere Experten in absehbarer Zeit in den Ruhestand. Dies hat vor allem für den Service- und Support-Bereich enorme Auswirkungen. Um ein Low-Code-System zu implementieren und zu verwalten, sind hingegen keine tiefgreifenden Experten- oder Informatikkenntnisse nötig. Es genügt Grundwissen in HTML, CSS und JavaScript. Low Code ist damit auch eine überzeugende Antwort auf das zunehmende Fachkräfteproblem.
Unternehmen, die sich ein neues ERP-System anschaffen wollen, sollten daher auch den Markt abseits der großen Player scannen. Denn die Einführung muss nicht zwangsläufig teuer und kompliziert sein. Low-Code-Lösungen haben sich durch ihre höhere Flexibilität, einfachere Bedienung und niedrige Kosten längst zu einer ernsthaften Alternative gemausert. Die hierarchische Struktur von klassischen ERPs ist hingegen komplex, kostenaufwendig und unflexibel. Damit entsprechen diese Systeme nicht mehr den sehr spezifischen Anforderungen der Unternehmen, die passgenaue Lösungen bevorzugen und ihre Prozesse nicht an der Software ausrichten möchten. Vor allem, da die Betreiber klassischer ERP-Systeme jederzeit den Support aufkündigen und damit ihre Kunden zum Wechsel zwingen können, sollten Alternativen frühzeitig eruiert werden. Der beste Weg, um aus dieser starren und teuren ERP-Falle zu entkommen, heißt Low Code.
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