Wer ein ERP-System neu einführt, verändert in gewissem Umfang stets auch seine Prozesse. Denn trotz vieler Anpassungsmöglichkeiten kann möglicherweise nicht jeder bestehende Ablauf eins zu eins in der neuen ERP-Software abgebildet werden. Und teils ist dies auch überhaupt nicht gewollt, da ein ERP-Projekt oft auch als Möglichkeit zur Prozessoptimierung genutzt wird. Das heißt: Bereits im Vorfeld der Einführung werden neue (optimierte) Prozesse für mehr Effizienz definiert und mit der ERP-Einführung produktiv gesetzt. Die gesamte Organisation und die betroffenen Mitarbeiter sollten bereits vor dem Go-live auf diese Veränderungen vorbereitet werden – etwa durch Informationsveranstaltungen und gezielte Trainings (vgl. Abschnitt „Veränderungsmanagement und Schulung“).
Eine weitere, oft unterschätzte Herausforderung bei der ERP-Einführung ist die Datenmigration. Gerade in abzulösenden Systemen, die über viele Jahre oder gar Jahrzehnte Bestand hatten, befinden sich in der Regel große Mengen veralteter, redundanter und fehlerhafter Datensätze. Das Ziel sollte es sein, diesen Datenbestand nicht einfach in das zukünftige ERP zu übernehmen, sondern ihn im Vorfeld zu bereinigen. Hierbei können spezielle Tools helfen. Zudem müssen die Daten selbstverständlich in ein Format gebracht werden, das den technischen Anforderungen des neuen Systems entspricht. Nur dann kann die automatisierte Datenübernahme reibungslos funktionieren.
Viele ERP-Projekte überschreiten das vorgesehene Budget und/oder den geplanten Zeitrahmen. Dies hat mehrere Gründe. Oft werden die Kosten beispielsweise nicht detailliert genug bewertet oder Posten wie ERP-Beratungs- und Programmierleistungen unterschätzt. Erschwerend kommen häufig zu geringe Personalressourcen für das ERP-Projekt hinzu. Um dies zu verhindern, sollten wichtige Teammitglieder wie Projektleiter und Key-User zumindest phasenweise komplett aus dem Tagesgeschäft herausgelöst werden. Dieser Zeitbedarf sollte bereits in der Planung realistisch Berücksichtigung finden.
Jede Veränderung führt bei Menschen naturgemäß zu Verunsicherung, teils sogar zu Widerstand. Dies gilt auch, wenn Unternehmen ein ERP-System neu einführen. So wissen die Mitarbeiter beispielsweise nicht, wie sich ihr Tagesgeschäft durch die Implementierung ändern wird. Sie haben möglicherweise Bedenken, ob sie das System bedienen können. Teils kann sogar die Befürchtung entstehen, der eigene Job wäre durch die zukünftige ERP-Lösung gefährdet. Ein gutes Veränderungsmanagement zielt darauf ab, diese Vorbehalte abzubauen, eine positive Grundstimmung zu schaffen und somit die Akzeptanz des zukünftigen ERP-Systems bereits im Vorfeld zu stärken. Dies gelingt vor allem durch folgende Maßnahmen:
● Von Beginn an transparent über die Ziele der ERP-Einführung informieren
● Wegfall und Veränderung einzelner Aufgaben und Prozesse offen darstellen
● Vorteile der künftigen ERP-Software konsequent betonen
● Mitarbeiter in die Ausgestaltung des Systems einbeziehen (im Rahmen der
Anforderungsdefinition)
Von großer Bedeutung für die erfolgreiche Einführung des neuen ERP-Systems ist außerdem das Schulungskonzept. Empfehlenswert sind insbesondere praxisorientierte Trainings in einem Schulungssystem, das weitgehend dem zukünftigen Produktivsystem entspricht.
Nur wer ein geeignetes ERP-System auswählt, wird es auch erfolgreich implementieren und einsetzen können. Daher sollten bereits bei der ERP-Auswahl zahlreiche Aspekte beachtet werden. Wichtig ist natürlich vor allen Dingen, dass das künftige ERP-System die prozessualen und funktionalen Anforderungen des Unternehmens maximal unterstützt. Gerade im Bereich der ERP-Software für den Mittelstand haben sich in diesem Kontext Branchenlösungen bewährt. Diese werden eigens für einen bestimmten Wirtschaftszweig geschaffen und berücksichtigen dessen Anforderungen in besonderem Maße. Zudem sind gerade bei etablierten Lösungen zahlreiche Best Practices vorzufinden, mit denen sich Geschäftsprozesse verbessern lassen. Ein weiterer Vorteil: Mithilfe von Branchen-Templateslässt sich die Einführung deutlich beschleunigen, da weniger individuelle Anpassungen am ERP-System notwendig sind. Bei der ERP-Auswahl sollten branchenspezifische Systeme also stets mit berücksichtigt werden.
● Software sollte weder über- noch unterdimensioniert sein
● Chemie (menschliche Komponente) zwischen Unternehmen und ERP-Partner sollte stimmen
● ERP-Anbieter sollte Referenzen in der entsprechenden Branche vorlegen können
● Auswahl-Prozess sollte stets strukturiert und mithilfe eines professionellen Lastenhefts erfolgen
● bei Unsicherheit kann ein externer ERP-Berater hinzugezogen werden
● es sollte sich um eine zukunftsfähige ERP-Software handeln (technisch entwicklungs- und ausbaufähig)
Ist die neue Software eingeführt, sollten Unternehmen evaluieren, inwiefern sich die gewünschten Erfolge auch tatsächlich eingestellt haben. Möglich ist dies allerdings nur, wenn im Vorfeld der Einführung konkrete und messbare Ziele definiert wurden. Diese können beispielsweise wie folgt lauten:
● Senkung der Prozessdurchlaufzeit um x Stunden pro Vorgang
● Kostensenkung in einem bestimmten Unternehmensbereich in Höhe von x Euro
● Digitale Vernetzung mit x Lieferanten
● Verkürzung der Lieferzeiten um x Tage
Wer Kennzahlen dieser Art regelmäßig erhebt und vergleicht, wird schnell eine Entwicklung (oder auch einen Stillstand) erkennen. Idealerweise erfolgt zusätzlich ein Vergleich mit Benchmarks aus der Branche. Denn auf dieser Basis lässt sich beurteilen, wie das eigene Unternehmen im Vergleich zu Wettbewerb abschneidet. Dadurch werden wiederum optimierungswürdige Geschäftsprozesse sichtbar. Durch stetige Anpassung, Erweiterung und Aktualisierung der Software ist es sodann möglich, die vorhandenen Optimierungspotenziale schrittweise auszuschöpfen.
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