Videokonferenz statt Hörsaal, Portal statt Briefkasten, Online-Sprechstunde statt Büro –Corona hat den Hochschulen einen Digitalisierungsschub verliehen und schon kommt mit Künstlicher Intelligenz die nächste Herausforderung.
65 Prozent der Studierenden haben bereits ChatGPT genutzt, weitere 22 Prozent können sich das vorstellen, insgesamt 95 Prozent haben schon davon gehört. Lediglich 9 Prozent kennen ChatGPT zwar, können sich eine Nutzung aber nicht vorstellen. Nur 4 Prozent haben noch nie davon gehört oder gelesen.
Der KI-Einsatz ist jedoch weitgehend ungeregelt. Nur rund ein Drittel (37 Prozent) der Studierenden berichtet von einschlägigen Regeln an ihrer Hochschule. Das sind Ergebnisse einer neuen Studie des Bitkom zur Digitalisierung an Hochschulen, für die rund 500 Studierende online befragt wurden.
„Künstliche Intelligenz ist aus dem Uni-Leben nicht mehr wegzudenken. Viele Studierende nutzen generative KI wie ChatGPT, nur die wenigsten Hochschulen wissen aber, wie sie damit zum Beispiel bei Prüfungen, Studienarbeiten oder in der wissenschaftlichen Forschung umgehen sollen“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst.
Bislang werde ChatGPT von den Studierenden vor allem als Recherche-Tool genutzt. Laut Bitkom-Umfrage setzen es 68 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer zur Recherche ein, weitere 40 Prozent zur Erstellung von Zusammenfassungen, jeweils 37 Prozent zur Vorbereitung von Präsentationen und zur Korrektur von Texten, 35 Prozent zur Übersetzung von Texten.
Aber auch im Prüfungskontext spielt ChatGPT eine Rolle: Ein Drittel (33 Prozent) hat es schon für die Prüfungsvorbereitung genutzt, 26 Prozent für das Schreiben von Hausarbeiten, 9 Prozent für das Schreiben von Abschlussarbeiten und 4 Prozent sogar während einer laufenden Prüfung.
Insgesamt sind die Studierenden beim KI-Einsatz für Prüfungen aber gespalten: 44 Prozent finden, die Nutzung von ChatGPT für Hausarbeiten und Abschlussarbeiten sollte verboten werden. 54 Prozent sagen, durch ChatGPT können sich Studierende einen ungerechten Vorteil verschaffen.
Gleichzeitig meinen drei Viertel (74 Prozent) der Studierenden, man sollte in der Hochschule lernen, wie man ChatGPT richtig nutzt. 44 Prozent finden, der Einsatz von ChatGPT sollte an allen Hochschulen Standard sein. Andererseits sind aber auch 60 Prozent der Ansicht, der Einsatz von ChatGPT führe dazu, dass Studierende weniger selbstständig denken und lernen.
Obwohl ein Großteil der Studierenden KI also schon nutzt, wird laut Umfrage nur einer Minderheit dabei Regeln an die Hand gegeben: Insgesamt 37 Prozent der befragten Studierenden wissen, dass es an ihrer Hochschule Regeln zum Einsatz generativer KI wie zum Beispiel ChatGPT gibt: 17 Prozent wissen von zentralen Regeln für die Hochschule insgesamt, bei einem Fünftel (20 Prozent) werden Regeln vereinzelt vom Lehrpersonal festgelegt.
Ein Drittel (33 Prozent) gibt an, keine Regeln zu haben und weitere 30 Prozent wissen nicht, ob es an ihrer Hochschule Regeln gibt oder haben dazu keine Angabe gemacht. Wintergerst: „Eine Regel, die niemand kennt, ist bedeutungslos. Um es aber für alle auch im Prüfungskontext fair und verbindlich zu halten, gilt es, transparente und klare Regeln zu schaffen und umzusetzen. Damit die Potenziale der Technologie genutzt werden können, brauchen Studierende und Lehrende Sicherheit, was beim Einsatz von KI in Wissenschaft und Lehre verboten, was erlaubt und was sogar erwünscht ist.“
Was die Digitalisierung generell angeht, hätten die deutschen Hochschulen, so die Studie weiter, in den vergangenen Jahren aus Sicht der Studierenden einen Sprung gemacht. 73 Prozent der Befragten sagen, die Coronapandemie habe zu einem Digitalisierungsschub an ihrer Hochschule geführt. Ebenfalls 73 Prozent meinen allerdings, die deutschen Hochschulen hinken im internationalen Vergleich stark hinterher. 64 Prozent sind der Meinung, die deutschen Hochschulen hätten die Digitalisierung verschlafen.
Demgegenüber sehen 18 Prozent der Studierenden die deutschen Hochschulen als Vorreiter der Digitalisierung. Wintergerst: „Gerade im internationalen Wettbewerb um die klügsten Köpfe und besten Ideen ist es wichtig, die Hochschulen digital auf die Höhe der Zeit zu bringen. Digitale Hochschulen sind ein Standortfaktor erster Güte.“
Insgesamt geben die befragten Studierenden der Digitalisierung der eigenen Hochschule im Durchschnitt immerhin die Schulnote 2,7. Deutschlands Hochschulen schneiden damit sehr viel besser ab als Deutschlands Schulen, denen Eltern in einer Bitkom-Umfrage jüngst die Note 4 gaben.
Ungeachtet dessen sprechen sich 7 von 10 Studierenden (68 Prozent) für eine stärkere Nutzung digitaler Technologien an ihrer Hochschule aus. 87 Prozent der Befragten fordern, die Hochschulen sollten mehr in Digitalisierung investieren. „Studierende erwarten, dass Hochschulen digitale Technologien so selbstverständlich einsetzen wie sie selbst“, sagt Wintergerst. „Dafür brauchen die Hochschulen finanzielle Sicherheit. Deshalb muss das im Koalitionsvertrag angekündigte Bundesprogramm Digitale Hochschule kommen. Wer ausgerechnet an der Digitalisierung der Bildung spart, spart an der falschen Stelle.“
Die Mehrheit der Studierenden hat zurzeit die Möglichkeit, bei Bedarf online an Lehrveranstaltungen teilzunehmen: Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Studierenden kann dem Hochschulbetrieb teilweise online folgen, bei 13 Prozent ist das immer möglich.
Hybride Veranstaltungen, bei denen sowohl Präsenz- als auch Online-Teilnahmen möglich sind, werden von den Studierenden favorisiert. Müssten sie sich für den Rest ihres Studiums für eine Art der Lehrveranstaltung festlegen, wählen 45 Prozent der Studierenden die hybride Variante. Ein Drittel (36 Prozent) würde sich hingegen für reine Präsenzveranstaltungen entscheiden, 13 Prozent für reine Online-Veranstaltungen und 6 Prozent für aufgezeichnete Veranstaltungen, die online verfügbar sind.
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