Ob im Automotive-Bereich oder in der Produktion: Simulationen und Digitale Zwillinge sind für viele Unternehmen unverzichtbar. Doch gerade hochdynamische Prozesse lassen sich mit herkömmlicher Software oft nicht zufriedenstellend abbilden. Nun haben Forschende am Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM ein Werkzeug entwickelt, das ohne starres Rechengitter arbeitet und in der Lage sein soll, komplexe Abläufe mit großer Zeitersparnis und damit kostengünstig zu simulieren. Dafür werden sie mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2024 ausgezeichnet.
Starre Vorgaben passen selten zu agilen Prozessen – was für Organisationen zutrifft, gilt auch für Simulationsmethoden. Sollen komplexe Vorgänge wie zum Beispiel Aquaplaning oder die Zerspanung von Metall virtuell abgebildet werden, lassen sich vorab nicht alle Bewegungen der Komponenten vorhersehen und in einem passenden Rechengitter, wie es für Simulationen üblicherweise verwendet wird, anlegen.
Vor dieser Herausforderung stand bereits vor über 20 Jahren eine Forschungsgruppe am Fraunhofer ITWM. »Unsere allererste Aufgabe im Projektteam bestand darin, die Entfaltung eines Airbags während des Fahrzeug-Crashs zu simulieren«, berichtet Jörg Kuhnert, der auch damals schon Teil der Gruppe war. »Bis auf real durchgeführte, kostenintensive Crashtests gab es keine Möglichkeit, die Sicherheit von Neuentwicklungen in diesem Bereich schnell zu überprüfen.« Denn: Je mehr Objekte sich in einer Situation bewegen und miteinander interagieren, desto schwieriger ist es, sie unter vertretbarem Aufwand mit klassischen Simulationsmethoden zuverlässig abzubilden.
Basierend auf der Dissertation von Jörg Kuhnert entwickelte das Team daher den neuen gitterfreien Ansatz. Dieser ermöglicht es, besonders komplexe und dynamische Situationen in der Simulation zu zeigen. Sämtliche seither erzielten Forschungsergebnisse flossen in das Software-Tool MESHFREE ein. Das Resultat ist ein Simulations-Tool, das laut Fraunhofer ein echtes Alleinstellungsmerkmal für sich beansprucht: Weltweit macht kein anderes Simulationswerkzeug die Generalisierte Finite-Differenzen-Methode (GFDM) industriell nutzbar.
Klassischerweise kommt bei Simulationen die Finite-Elemente-Methode zum Einsatz: Ingenieurinnen und Ingenieure konstruieren dafür ein Gitternetz passend für die jeweilige Geometrie und berechnen darauf aufbauend die Veränderungen in jedem einzelnen Element.
Bereits das Aufsetzen der Gitterstruktur ist sehr zeitaufwändig; auch während der Simulation muss sie immer wieder angepasst werden. Die Software MESHFREE kombiniert dagegen die Generalisierte Finite-Differenzen-Methode zur Lösung der Erhaltungsgleichungen für Masse, Impuls und Energie mit effizienten Algorithmen zur Lösung linearer Gleichungssysteme, die vom Fraunhofer-Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen SCAI mitentwickelt wurden.
Die Forscher sehen darin einen „gewaltigen“ Vorteil, da sich die verwendete numerische Punktewolke flexibel an bewegliche Geometrien anpassen kann. Aufwändige Nachkorrekturen im Rechengitter entfallen.
Fraunhofer zufolge lässt sich die Methodik für eine große Bandbreite von Anwendungen einsetzen. Ein Schwerpunkt liegt aktuell im Automotive-Bereich: Neben der Airbag-Simulation konnten die Forschenden einige Industriepartner bislang unter anderem mit Modellierungen von Wasserdurchfahrten (Bild) oder des Verhaltens von Fahrzeugen auf Sand oder Kies unterstützen. In der Verfahrenstechnik soll MESHFREE Unternehmen dabei geholfen haben, die Prozessparameter bei der Verarbeitung von Glasschmelze sowie der Herstellung von Kunststoffteilen zu optimieren.
Grundsätzlich lässt sich die Methode überall dort nutzen, so Fraunhofer weiter, wo Messungen oder Versuche ersetzt werden sollen oder nur schlecht bis gar nicht funktionieren. Isabel Michel vom ITWM fasst zusammen: »Wir sind nicht fixiert auf die klassischen Anwendungsfälle der numerischen Strömungsmechanik. MESHFREE kann viel mehr: Das Tool ist bewusst generisch gehalten.« Die Software habe damit großes Potenzial, um in Zukunft noch auf vielen weiteren Anwendungsfeldern Kosten, Zeit und Material zu sparen.
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