Physische Mensch-Roboter-Interaktionen werden vermehrt in der Fertigungsindustrie, im Dienstleistungssektor und im Gesundheitswesen benötigt. Das erfordert eine Verbesserung des Komforts und der Kommunikation zwischen Mensch und Maschine. Dafür braucht es flexible Metamaterialien bzw. flächige Metasurface-Antennen mit hochintegrierter Elektronik, um die nahe Umgebung erfassen zu können.
Solche Oberflächen, die einen Roboter wie eine adaptive, intelligente Haut umspannen, entwickelt das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR gemeinsam mit sechs Partnern im EU-Projekt FITNESS. Ausgerüstet mit Metasurface-Antennen sollen Roboter künftig im Nahfeld die Umgebung gezielter abtasten und im Fernfeld besser mit ihrer Basisstation kommunizieren können. Die flexiblen und dehnbaren Metasurface-Antennen, die sich dazu eignen, Oberflächenwellen zu emittieren, sollen die nähere Umgebung deutlich besser abtasten können als herkömmliche Antennen und dadurch die menschliche Sicherheit sowie die Performance der Roboter steigern.
Bei den Metasurface-Antennen handelt es sich um flächige, in folienförmige Substrate integrierte Antennen, die sich der Kontur des Roboters anpassen. Aufgrund ihrer flachen Struktur lassen sich diese Antennen biegen und dehnen und wie eine Haut um den Roboter legen. Alternativ und in Abhängigkeit der Anwendung können sie beispielsweise auch nur am Roboterarm angebracht werden. Sie werden daher auch als »smart skins« oder intelligente Haut bezeichnet.
»Unsere künftige Antennenlösung zeichnet sich dadurch aus, dass sie sowohl die nähere Umgebung abtasten sowie Bewegung detektieren kann und zugleich eine funkbasierte Kommunikation mit der Basisstation in der Industriehalle beherrscht«, sagt Andrej Konforta, Gruppenleiter 3D-Druck HF-Systeme am Fraunhofer FHR. »Eine derartige Lösung bietet der Markt bislang nicht.«
Die neuartige Antennenlösung soll das Beamforming – ein Verfahren zur Positionsbestimmung von Schallquellen in Wellenfeldern – ermöglichen, sodass der verstellbare elektromagnetische Strahl jederzeit zur Basisstation blickt, was ein stärkeres, stabileres Signal garantiert und eine erhöhte Reichweite zur Folge hat. Bisher unterstützen sogenannte Phased Arrays das Beamforming. »Dabei werden viele Antennen in einer Gruppe verschaltet. Die Phase jedes einzelnen Antennenelements ist variabel, wodurch sich die Blickrichtung der Gruppenantenne beeinflussen lässt«, erläutert der Forscher die Technologie, die bislang überwiegend im militärischen Kontext zum Einsatz kommt.
In konventionellen Gruppenantennen sind die Antennenelemente und deren Elektronik eng platziert. Das Resultat: Hohe Kosten, viel Abfuhrwärme und hohe Fehleranfälligkeit. Metasurface-Antennen hingegen könnten mit weitaus weniger Elektronik aufgebaut werden – ohne Verlust der Eigenschaften der konventionellen Aufbauweise. Mit dem neuen Konzept sollen sich Kosten sparen und kleinere, kompaktere Strukturen realisieren lassen. »Mit den Meta-Materialoberflächen verfolgen wir ein neues Konstruktionskonzept, das sehr kleine Geometrien ermöglicht, die einen hohen Freiheitsgrad beim Design der abgestrahlten Felder, aber auch die bestmögliche Extraktion der Gestensignale erlauben«, so der Forscher.
Üblicherweise werden Antennen in starre Mikrowellensubstrate integriert. Alternativ existieren Materialien, welche sich auch dehnen lassen und damit eine hohe Flexibilität aufweisen. Allerdings haben diese flexiblen Substrate zu hohe Verluste, sie erzielen im Hochfrequenzbereich keine optimale Leistung, wie die von den Fraunhofer FHR-Forschenden entwickelte Messtechnik ergab.
Daher eignen sich die herkömmlichen, am Markt verfügbaren Substrate nicht optimal für die Übertragung von Hochfrequenzsignalen. Basierend auf den vom Fraunhofer FHR erzielten Ergebnissen werden beim Projektpartner Technische Universität Hamburg (TUHH) im Rahmen von FITNESS neue Substrate entwickelt – das dortige Institut für Angewandte Polymerphysik (IAPP) synthetisiert dehnbare und potenziell hochfrequenztaugliche Materialien, wobei man auf einen Mix an Polymeren sowie auf Polymere mit keramischen Fremdpartikeln setzt. Diese werden im Projektverlauf vom Fraunhofer FHR getestet.
Auch wird derzeit, basierend auf den ersten Ergebnissen, ein vorhandener Messaufbau optimiert, für andere Frequenzbänder erweitert sowie die Software für den finalen Aufbau entwickelt. Parallel dazu untersuchen die Projektpartner, wie sich die Verformungen der dehnbaren Oberflächen auf die Eigenschaften im Nah- und Fernfeld auswirken. Langfristig geplant sind sich selbstkalibrierende Metasurface-Antennen, die ihre Krümmung und Formung eigenständig erkennen, um einen optimalen Signalempfang zu gewährleisten und Kommunikationsprobleme zu vermeiden.
Neben der Robotik im Produktionsumfeld bieten sich aus Sicht der Projektpartner auch die Medizintechnik und -robotik als Anwendungsfelder an: Hier könnten Metasurface-Antennen als intelligente Haut dazu beitragen, dass Geräte wie etwa Assistenzroboter Gesten besser erkennen und stärker mit Menschen interagieren. Auch in die Schutzausrüstung der Feuerwehr oder in Raumfahrtanzüge sind Einsätze der Technologie denkbar.
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