Prozess gegen Apple: EU warnt Motorola vor kartellrechtlichen Konsequenzen

Es geht um eine Verfügung des Landgerichts Mannheim von 2011 gegen iPhone 4 und iPad 3G. Nach Auffassung der Kommission sollten Inhaber standardrelevanter Patente grundsätzlich keinen Antrag auf Unterlassungsverfügung stellen dürfen. Das treibt nur die Lizenzgebühren in die Höhe.

Die Kommission der Europäischen Union hat der Google-Tochter Motorola eine formelle Liste mit Beschwerden übermittelt. Es geht um die Art der Prozessführung gegen Apple, mit der der Smartphone-Hersteller nach dem Eindruck der Kommission eine marktbeherrschende Stellung missbraucht.

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In einer Stellungnahme äußert die Kommission, man sei überzeugt, dass dominante Lizenzhalter von standardrelevanten Patenten keine einstweiligen Verfügungen bewilligt bekommen sollten, die oft ein Verkaufsverbot für das gegen das Patent verstoßende Produkt beinhalten, um nicht Lizenzverhandlungen zu stören und die Erhebung ungerechtfertigter Lizenzgebühren zu ermöglichen. Wörtlich heißt es: „Eine Unterlassungsverfügung bedeutet zudem in der Regel, dass das angeblich patentverletzende Produkt nicht verkauft werden darf. Ein solcher Missbrauch könnte letztlich den Verbrauchern schaden.“

Diese allgemeine Forderung bezieht sich auf einen sehr konkreten Anlass, nämlich eine Ende 2011 in Deutschland gegen Apple ergangene Entscheidung. Dem Landgericht Mannheim zufolge darf der Hersteller von iPhone und iPad ein bestimmtes, auf GPRS bezogenes Netzwerkpatent nicht mehr nutzen. Kurzzeitig waren deshalb Anfang 2012 zwei Apple-Produkte – iPhone 4 und iPad 3G – nicht mehr in Deutschland erhältlich.

Apple protestierte in Form einer EU-Beschwerde, es sei durchaus willens, Lizenzgebühren zu bezahlen, aber zu fairen und nicht diskriminierenden Bedingungen (FRAND) – schließlich handle es sich um ein standardrelevantes Patent, das fast die gesamte Branche für Kernfunktionen benötige. Eine Verfügung wie die vom Landgericht Mannheim verhängte diene nur dazu, die Gebühren in die Höhe zu treiben.

Die jetzt von EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia abgegebene Stellungsnahme lässt keinen Zweifel daran, dass er das Vorgehen von Motorola für einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht hält: „Der Schutz der Rechte des geistigen Eigentums ist eine der treibenden Kräfte für Innovation und Wachstum. Wie auch der Wettbewerb. Ich bin der Ansicht, dass die Unternehmen ihre Zeit eher darauf verwenden sollten, Innovationen zu schaffen und Wettbewerb mit den Stärken ihres Produkts zu führen, statt ihre geistigen Eigentumsrechte zu missbrauchen, um Wettbewerber vom Markt fernzuhalten. Dies schadet der Innovation und den Verbrauchern.“

Im Fall eines Schuldspruchs von Motorola könnte die EU dessen Konzernmutter Google zu einer Geldstrafe von bis zu 10 Prozent des weltweiten Umsatzes in den relevanten Jahren verurteilen. Das wäre bis zu eine Milliarde Euro.

[mit Material von Zack Whittaker, ZDNet.com]

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Themenseiten: Apple, EU-Kommission, Motorola, Patente, Smartphone, Telekommunikation

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Neueste Kommentare 

4 Kommentare zu Prozess gegen Apple: EU warnt Motorola vor kartellrechtlichen Konsequenzen

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  • Am 6. Mai 2013 um 21:18 von Yogi Baer

    Auch wenn man mir gleich wieder ein Applebashing unterstellen wird, aber das ist doch typisch Apple und macht Apple in meinen Augen so lächerlich. Apples erstes Ziel bei jeder Streitigkeit ist das „Verkaufsverbot“ von Konkurrenzprodukten, wenn es aber sie selbst betrifft, heulen sie wie die kleinen Kinder und schreien nach der Mama die die bösen Buben hauen soll.
    Es ist diese „nur-WIR-dürfen-sowas-Mentalität“ die einem doch auf den Zeiger geht. Apple fühlt sich dann gern „unfair“ behandelt…. Ja, ne, is klar.

    • Am 7. Mai 2013 um 8:14 von Jupp

      Mag was dran sein, was Du schreibst.
      Hier jedoch geht es um Patente, an denen kein Hersteller vorbei kommt. M.E. dürfen solche Standards nicht patentiert bzw. bestehende Patente gelöscht werden. Und schon hätte das Gezetere ein Ende.

    • Am 7. Mai 2013 um 10:37 von PeerH

      Tja, so ist das eben, wenn man den Unterschied zwischen FRAND und nicht-Frand Patenten nicht versteht, oder verstehen will. So bleibt es nur unsinniges Apple-bashing. Design ist sicher nicht FRaND-relevant. Und darum geht es in den weitaus meisten Verfahren zwischen Apple und Samsung.

      Sollte Apple FRAND relevante Patente einsetzen, so sollte man Apple auch auf die Mütze geben. Realität ist aber, dass eher das Android Lager (Google/Motorola, Samsung, Sony …) und auch Nokia mit unfairen Mitteln spielen.

      Eben dieses Verhalten ist innovationshemmend, und weniger der Schutz des eigenen Designs, das natürlich ebenfalls geistiges Eigentum daratellt und schützenswert ist. Wer das anders sieht, der sollte mal Porsche, Daimler und VW fragen, was sie von Design Kopien aus Fernost halten.

  • Am 6. Mai 2013 um 20:24 von PeerH

    „Das wäre bis zu eine Milliarde Euro.“ Nich‘ jenuch, imma ruff uff de Birne, Google könn’n de Schläje nur jut tun. ;-)

    Ich freue mich bereits jetzt auf die große direkte Konfrontation zwischen Apple und Google. Durch Android ist noch eine Rechnung offen. Und gut, dass sie sich mit Motorola ein Unternehmen ins Haus geholt haben, dass durch FRAND Patente nur wenig geeignet ist Android zu schützen.

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