Bewusste Lizenzverstöße nehmen zu

Der Software-Experte Revenera hat in einem aktuellen Report die weltweiten Hotspots für Softwarepiraterie veröffentlicht. Demnach ist die Zahl der Raubkopien weltweit leicht zurückgegangen. Deutschland landet im Länderranking relativ weit oben.

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Bildquelle: revenera

Nach dem „Software Piracy and Compliance 2025 Outlook“ hat sich an der Spitze der Piraten-Länder in den letzten Jahren wenig geändert: China, Russland, die USA und Indien landen auf den ersten vier Plätzen was die illegale Nutzung von Raubkopien und ihrem Vertrieb angeht. Dahinter folgen alte Bekannte wie Brasilien, Vietnam, Iran und die Ukraine. Neu unter den Top Ten ist lediglich Hong Kong.

Aus Europa schaffte es dieses Jahr nur Frankreich unter die ersten zehn und löste damit Italien ab, das auf Platz 12 zurückfiel. Als einziges osteuropäisches Land neben der Ukraine findet sich Polen am Ende des Rankings. Deutschland, das im Vorjahr auf Platz 13 landete, kletterte in diesem Jahr zwei Positionen nach oben und verpasste mit Platz 11 knapp den Einzug in die unrühmlichen Top Ten.

Die komplette Liste (Stand September 2024):

1. China
2. Russland
3. USA
4. Indien
5. Brasilien
6. Vietnam
7. Iran
8. Ukraine
9. Frankreich
10. Hong Kong
11. Deutschland
12. Italien
13. Türkei
14. Taiwan
15. Indonesien
16. Südkorea
17. Mexiko
18. Großbritannien
19. Japan
20. Polen

Fast ein Drittel des Umsatzes geht verloren

Die Landkarte der 20 Hotspots basiert auf aggregierten Compliance Intelligence-Daten von Revenera. Das Unternehmen hilft Softwareanbietern, die Nutzung ihrer Produkte zu analysieren, Lizenzverletzungen zu erkennen und entsprechende Schritte einzuleiten. Dabei zeigt sich, dass die Compliance-Verstöße keineswegs nur harmlose Kavaliersdelikte, sondern echten wirtschaftlichen Schaden verursachen.

Laut Umfrage sind Softwarepiraterie sowie die Nutzung von Software über die vereinbarten Richtlinien hinaus (Overuse) in 9% der Unternehmen für mehr als 30% der Umsatzeinbußen verantwortlich. Der bewusste Missbrauch von Softwarelizenzen kostet sogar 13% der Unternehmen ein Drittel ihres Umsatzes. Je größer das Unternehmen, desto größer das Compliance-Problem: Unter den Organisationen, die mehr als 100 Millionen US-Dollar generieren, steigt der Anteil so auf 17%.

 Lizenzmissbrauch nimmt zu

Dass die Compliance ein solches massives Minus in die Profitabilität von Anbietern schlägt, liegt nicht allein an illegalen Raubkopien, die am Schwarzmarkt bzw. im Darknet im großen Stil vertrieben werden. Tatsächlich scheint sich die Lage hier etwas zu entspannen.

„Im Inflationsjahr 2023 verzeichneten wir ein Rekordhoch in Sachen Softwarepiraterie. Ganze 40% der Hersteller stuften es als „großes Problem“ ein. Die schwierige Wirtschaftslage und die Preisexplosion am IT-Markt haben hier sicherlich eine Rolle gespielt“, erklärt Nicole Segerer, General Manager bei Revenera. „Mittlerweile bezeichnen nur noch 34% der befragten Anbieter Piraterie als ernstzunehmendes Problem. Dafür steigen an einer anderen Compliance-Front die Zahlen weiter.“  

 Größte Sorge bereitet Anbietern nun der Missbrauch von Software (35%; Vorjahr: 30%). Dabei verfügen Anwender zwar über eine legal erworbene Lizenz, versuchen jedoch gezielt Restriktionen zu umgehen, um beispielsweise Features der Anwendungen oder zusätzliche Userkonten freizuschalten. Die bewusste Manipulation bzw. Konfiguration von integrierten Lizenzierungstechnologien ist damit in diesem Jahr die häufigste Ursache für Verluste.

Mit 33% ebenso im Aufwärtstrend ist das Problem der Übernutzung (2023: 26%). Dabei teilen Anwender beispielsweise ihre Zugangsdaten (und damit Lizenz) mit anderen oder nutzen die Software außerhalb ihrer Unternehmens-Domain. Häufig sind sich die User nicht bewusst, dass sie damit gegen die Compliance verstoßen.

 Mehr Einblick durch Analyse-Tools

Piraterie, Missbrauch und Overuse stellen statistisch für Unternehmen in etwa gleich große Probleme dar. Der Anstieg sowohl bei bewussten Lizenzverletzungen als auch bei unbeabsichtigter Übernutzung ist interessant.

„Was wir sehen, ist, dass Softwareanbieter das Problem erkannt und daher in den letzten Jahren verstärkt in Monitoring- und Analyse-Lösungen investiert haben,“ erläutert Segerer. „Im letzten Jahr waren sich 21% der Anbieter nicht einmal sicher war, welche Form von Piraterie überhaupt zu den Umsatzeinbußen führte. In der aktuellen Umfrage fiel diese Zahl auf gerade einmal 5%. Die Compliance Intelligence wächst also.“

Luft nach oben besteht allerdings weiterhin. Nur 57% der befragten Unternehmen können nachvollziehen, ob die Softwarenutzung eines Anwenders sinkt oder steigt. Und lediglich 47% wissen, ob ihr Kunde das Softwareprodukt überhaupt im Einsatz hat.

Daten sind die beste Waffe

Klar ist bereits jetzt, dass sich die fehlende Compliance auf Kundenseite zu einer unangenehmen, aber zentralen Herausforderung entwickelt. Prozentual gesehen ziehen die Verstöße auf der Problemliste von Anbietern erstmals gleich mit Kundenabwanderung (30%) und ineffizienten Monetarisierungsmodellen (37%).

In den nächste zwei Jahren wollen 16% der Befragten ihr Monetarisierungsmodell ändern. Als Favoriten gelten Software-Abos, die wiederkehrende Einnahmen garantieren und den Kaufpräferenzen von Kunden entsprechen. Ein weiterer Trend geht zu Token- bzw. Floating-Lizenzen, die hohe Flexibilität für Anwender und mehr Kontrolle für den Hersteller versprechen.

Datengetriebene Ansätze und ein genauer Einblick in die Softwarenutzung sind für beide Ansätze entscheidend. Denn die Compliance- und Nutzungsdaten helfen, die Bedürfnisse von Usern zu verstehen und ein Pricing sicherzustellen, das von beiden Seiten als fair empfunden wird. Im Idealfall lassen sich dadurch Softwarepiraten zu zahlenden Kunden verwandeln.

„Das Thema ist komplex, auch weil viele Compliance-Verstöße nicht böswillig sind. Wer zahlende Kunden wegen Übernutzung vor Gericht bringt, manisch Audits abhält und drakonische Strafen verteilt, gewinnt langfristig nichts”, so Segerer. „Compliance Intelligence bietet hier einen weniger aggressiven Weg. Die Analysetools liefern forensische Beweise in Datenform, die beiden Seiten helfen, das Problem zu verstehen und beispielsweise Verträge neu auszuhandeln.“

Gerade in westliche Länder mit starken IP-Gesetzen kann sich das durchaus auszahlen. Nach einer Berechnung von Revenera basierend auf einer Studie des Branchenverbands Business Software Alliance (BSA) könnten Anbieter auf diese Weise weltweit insgesamt Lizenzeinnahmen in Höhe von 18,7 Milliarden US-Dollar zurückholen.

Der vollständige Report „Revenera Monetization Monitor: Software Piracy and Compliance 2025 Outlook“ ist kostenlos auf der Revenera Webseite verfügbar.

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Über den Report

Der „Software Piracy and Compliance 2025 Outlook“ ist Teil einer Serie an Reports, die vom Softwareware-Experten Revenera jedes Jahr veröffentlicht wird. Der Anbieter für Software-Monetarisierung und Open-Source-Compliance unterstützt Tech-Unternehmen in der ganzen Welt, ihre Softwareprodukte zu optimieren, zu schützen und neue Umsatzmöglichkeiten zu erschließen. Die globale Branchenumfrage unter insgesamt 418 Anbietern und IT-Experten fand im Sommer 2024 statt. Ziel war es, Trends der Softwareindustrie hinsichtlich Geschäftsmodellen, Preisgestaltung, Monetarisierung und Lizenzierung aufzudecken. Produktverantwortliche im Bereich Software, IoT und Smart Devices gewinnen damit Einblick in den tatsächlichen Umfang nicht-lizenzierter Nutzung.

Bildquelle: revenera

Nicole Segerer ist General Manager von Revenera, Anbieter von Lösungen für Softwaremonetarisierung, Compliance und Nutzungsanalyse. Sie ist Experte für Monetarisierungsmodelle für Software, SaaS und IoT-Unternehmen. Mit ihrem Team unterstützt sie Softwareanbieter und IoT-Hersteller bei der Umstellung auf neue Geschäftsmodelle und der Optimierung der Softwaremonetarisierung und Compliance.

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